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Aussenwirtschaft

Die Regelungen des Freihandelsabkommens mit China

China ist nach der EU und der USA der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz. Deswegen begrüssen die Wirtschaftsverbände das neue Freihandelsabkommen (FHA) mit China. Neben Zollvergünstigungen wurden Regelungen über die Herkunft der Waren und Schutz des geistigen Eigentums vereinbart.
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Abkommen zwischen der Schweiz und China haben schon eine jahrzehntelange Tradition. So wurde 1974 das Handelsabkommen abgeschlossen, 1990 trat das Doppelbesteuerungsabkommen in Kraft, das gegenwärtig revidiert wird, und 2010 das Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen. In den letzten zehn Jahren wurden sogenannte Verständigungsprotokolle über Tourismus und sonstige Zusammenarbeit abgeschlossen. Das neue Abkommen wurde im Juli 2013 unterzeichnet. Über die Ratifizierung wird voraussichtlich im Winter im National- und Ständerat verhandelt.

In der Botschaft des Bundesrates zum Freihandelsabkommen kann man lesen, dass 2012 von der Schweiz nach China für 7,8 Milliarden Franken Waren exportiert wurden (3,7 % aller Schweizer Ausfuhren). Die Importe beliefen sich auf 10,3 Milliarden Franken (5,5 % aller Einfuhren). Die Tendenz sei stark steigend, so der Bundesrat. Economiesuisse bezeichnet in der Broschüre «Dossierpolitik» vom 6. Juli 2013 China als drittwichtigsten Handelspartner der Schweiz. Die Exporte sind ungefähr 20-mal, die Importe 15-mal höher als vor rund 20 Jahren. Allein im letzten Jahr hat sich der bilaterale Handel verdoppelt. Im Jahr 2012 gingen folgende Exporte nach China:

› Präzisionsinstrumente, Uhren und Bijouterie 2948 Millionen Franken

› Maschinen-, Elektro- und Metallprodukte 2342 Millionen Franken

› chemisch-pharmazeutische Industrie 1852 Millionen

› Textilindustrie 104 Millionen

Nach Inkrafttreten des FHA erwartet Economiesuisse Zollreduktionen zwischen 60 und 80 Prozent.

Schutz geistigen Eigentums

Ein wichtiger Punkt in einem FHA ist der Schutz des geistigen Eigentums. Im FHA mit China ist festgelegt, dass die Parteien einen effektiven transparenten und nicht diskriminierenden Schutz geistiger Eigentumsrechte sowie deren Durchsetzung gewährleisten. Ähnlich wie in anderen FHA der Schweiz bestätigen die Parteien ihre Pflichten gemäss verschiedenen internationalen Immaterialgüterrechtsabkommen, in diesem Fall vor allem des TRIPS-Abkommens der WTO (Abkommen über handelsbezogene geistige Eigentumsrechte).

Weitere wichtige Punkte werden im Abkommen folgendermassen geregelt:

› Die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen ist ausdrücklich geregelt. Die diesbezüglichen Ausschlussgründe sind, wie in anderen FHA der Schweiz, gegenüber dem TRIPS-Abkommen entsprechend der Europäischen Patentübereinkunft präzisiert. Die Parteien können bei der Patentanmeldung verlangen, dass genetische Ressourcen und traditionelles Wissen anzugeben sind, wenn diese als Basis für die Erfindung dienten.

› Die zuständigen Behörden müssen die Vertraulichkeit von Testdaten im Marktzulassungsverfahren von pharmazeutischen (auch chemischen und biologischen Produkten) und agrochemischen Produkten schützen und dürfen sie während mindestens sechs Jahren nicht für Zweitzulassungen verwenden.

› Entsprechend dem TRIPS-Abkommen wird ein Designschutz von 10 Jahren festgehalten und entsprechend der Berner Konvention eine Schutzdauer von 25 Jahren für Designs, die als angewandte Kunst betrachtet werden können.

› Die Rechte betreffend Herstellung von Tonträgern werden gemäss Abkommen der WIPO (Weltorganisation für geistiges Eigentum) auf die Herstellung von Tonbildträgern ausgedehnt, was den Schutz gegenüber dem TRIPS-Abkommen verstärkt. Als neue Markenform sind unter dem Abkommen auch akustische Marken zu schützen.

› Das höhere Schutzniveau für geografische Angaben bei Wein und Spirituosen gemäss TRIPS-Abkommen wird auf sämtliche Produkte ausgedehnt.

› Die Parteien sehen in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung einen angemessenen und effektiven Schutz vor irreführenden Herkunftsangaben für Güter und Dienstleistungen vor.

› Ländernamen wie z. B. «Switzerland», «Swiss», Landesflaggen und Wappen der Parteien werden vor irreführender Verwendung und vor Registrierung als Firmen- oder Markennamen geschützt. Zur Durchsetzung dieses Schutzes sind Rechtsmittel zur Verfügung zu stellen.

Die Bestimmungen über die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte sehen administrative Massnahmen an der Grenze sowie im Zivil- und im Strafrecht vor. Die Massnahmen gelten sowohl im Fall der Verletzung von Marken- und Urheberrechten als auch von Patenten und geschützten Designs. Zur Verfolgung von Rechtsverletzungen und Einforderung von Schaden­ersatz müssen zivil- und strafrechtliche Verfahren sowie die Anordnung vorsorglicher und superprovisorischer Massnahmen möglich sein, z. B. die Vernichtung rechtsverletzender Waren.

Die Parteien verpflichten sich zudem, im Rah­men ihrer innerstaatlichen Wettbewerbsgesetzgebung Massnahmen gegen un­lauteren Wettbewerb zu ergreifen. Betreffend Antidumping bekräftigen die Parteien ihre Rechte und Pflichten unter der WTO. Antidumpingmassnahmen dürfen nicht willkürlich oder protektionistisch sein. Bevor eine Partei eine solche prüft, gibt sie dies der anderen Partei bekannt.

Falls aufgrund einer Zollsenkung gemäss dem FHA ein Produkt in derart erhöhten Mengen eingeführt wird, dass dadurch einem direkt konkurrenzierten Wirtschaftszweig ein ernsthafter Schaden entsteht oder zu entstehen droht, kann während zwei Jahren eine bilaterale Schutzmassnahme in Form einer vorübergehenden Aussetzung von Zollzugeständnissen angewendet werden. Die Wettbewerbsbestimmungen sehen allerdings keine direkten Verpflichtungen für Unternehmen vor und schränken die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörden bei der Umsetzung des nationalen Wettbewerbsrechts nicht ein. Falls eine wettbewerbswidrige, den Handel beeinträchtigende Verhaltensweise besteht, haben die Parteien die Möglichkeit, Konsulta­tionen im Rahmen des Gemischten Ausschusses des FHA zu verlangen.

Das Abkommen bezweckt weiter den Abbau technischer Handelshemmnisse. Nationale Vorschriften sind auf die Normen von internationalen Normungsorganisationen abzustützen. Diese Bestimmung füllt eine für den Abbau von technischen Handelshemmnissen bedeutsame Lücke des WTO-TBT-Abkommens.

Vorgesehen sind Informations- und Erfahrungsaustausch sowie gemeinsame Projekte und technische und administrative Zusammenarbeit. Diese ist mit der Tätigkeit in internationalen Organisa­tionen und bestehenden bilateralen Projekten zu koordinieren. Bereiche der Zusammenarbeit sind die nachhaltige Entwicklung, Industrie, Dienstleistungen, Landwirtschaft, Qualitätskontrollen, Innovation und der Schutz des geistigen Eigentums.

Die Schweiz und China werden Investitionen für Umweltschutz und die Verbreitung von umweltfreundlichen Waren, Dienstleistungen und Technologien fördern. Sie werden ihre Zusammenarbeit in Umweltfragen in internationalen Foren und auf bilateraler Ebene intensivieren. Weiter haben die Schweiz und China parallel zum FHA ein Abkommen über die Zusammenarbeit in Arbeits- und Beschäftigungsfragen ausgehandelt.

Um die Verwaltung und die Anwendung des FHA sicherzustellen, wird ein gemischter Ausschuss (GA) eingesetzt. Dieser setzt sich aus Vertretern beider Parteien zusammen und legt seine Verfahrensregeln selbst fest. Streitigkeiten können durch ein Schiedsgericht entschieden werden.

Laut Swissmem ist das Abkommen mit China ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Der erleichterte Zugang zum chinesischen Markt stärke die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exportindustrie und verschaffe insbesondere gegenüber den Konkurrenten aus der EU einen Vorteil, da diese noch nicht über ein vergleichbares Abkommen mit China verfügen. economiesuisse betrachtet das Abkommen als «signifikante Verbesserung gegenüber der heutigen Situation».

Auch der Schweizerische Gewerbeverband begrüsst das Abkommen: «Mit dem FHA wird einerseits eine politische Botschaft gesendet: Die Schweiz setzt auf die Diversifizierung ihrer Aussenbeziehungen.» Man erhofft sich spezifische Chancen für Schweizer KMU in Bereichen wie

Informationstechnik, Spezialmaschinen, Umwelttechnik und Biotech. Einige Unternehmen dieser Branchen sind bereits in China erfolgreich tätig. Der Gewerbeverband erwartet nun, dass weitere Freihandelsabkommen ausgehandelt werden, vor allem mit den aufstrebenden Ländern in Asien.

Für die schweizerische Textil- und Bekleidungsindustrie gehört China zu den zehn wichtigsten Handelspartnern. «Alleine in China werden 56 Prozent aller synthetischen Fasern und 36 Prozent der Baumwollfasern produziert und gewonnen. Durch das Freihandelsabkommen versprechen wir uns eine bessere und gesicherte Beschaffung dieser Vormaterialien», erklärt Peter Flückiger, Direktor des Textilverbands Schweiz. Durch die niedrigeren Zollabgaben können die Schweizer Textilunternehmen in China Fuss fassen.

Zwar unterstützt der Schweizerische Bauernverband (SBV) das Abkommen mit China, fordert allerdings vom Bundesrat Folgendes:

› Strenge Kontrolle der Importe sowie die Verfolgung von Missbrauch.

› Zügige Konkretisierung der Qualitätsstrategie, der Rückverfolgbarkeit, eines griffigen Markenschutzes und einer glaubwürdigen Swissness. Hier sei die schnelle Ausarbeitung von klaren, einfachen und verständlichen Verordnungen gefragt, schreibt der Schweizerische Bauernverband.

› Exportförderung und Unterstützung beim Markteintritt für Schweizer Produkte mit hoher Wertschöpfung zugunsten der Urproduzenten.

› Berücksichtigung der zentralen For­derungen der Landwirtschaft auch in kommenden Verhandlungen.

Kritische Töne kommen vonseiten des Hilfswerks Solidar Suisse. Man fordert die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen wie Gewerkschaftsfreiheit; Verbot von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung als arbeitsrechtliche Mindeststandards.«

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