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Best Practice: Strategische Erfolgspositionen

Den Fokus auf die tragenden Stärken legen

Die Winterthurer Unternehmung Dr. Deuring und Oehninger AG hat sich auf wenige Tätigkeitsbereiche des Bauingenieurwesens spezialisiert. CEO Dr. Martin Deuring erläutert seine Geschäftsphilosophie und sagt, wie auch bei höchstem Qualitätsbewusstsein noch Optimierungen möglich sind.
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Herr Dr. Deuring, wie riskant ist eigentlich Ingenieurarbeit?

Aus der Sicht der Statik betrachtet, muss ein Tragwerk den Regeln der Baukunde entsprechen. Die Risiken müssen wir mit unserer Qualitätssicherung im Griff haben. Ingenieurarbeit hat per se ein erhebliches Schadenpotenzial. Das erkennen wir überall dort, wo wir als Experten beigezogen werden. Die Folgen eines Einsturzes können verheerend sein. Ingenieure stellen sicher, dass Berechnungen verlässlich und die Projekte sicher sind. Ein gutes Qualitätsdenken unterstützt hier wesentlich.

Ihr Unternehmen beschränkt sich, wie Sie sagen, nur auf wenige Tätigkeitsbereiche des Bauingenieurwesens. Was sind denn Ihre Spezialitäten?

Tragwerke sind im Hochbau und im Brückenbau zu finden. Unser Büro in Winterthur erfüllt vornehmlich komplexe Aufgaben im Hoch- und Brückenbau, je etwa hälftig in den Bereichen Neubauten und Sanierungen. Gerade unsere jungen Ingenieure können in interdisziplinären Teams an komplexen Aufgaben wachsen und dort Bestleistungen erbringen.

Wo liegen in diesem Zusammenhang die Unterschiede zwischen Neubauten und Sanierungen?

Speziell bei Sanierungen ist, dass man nicht wie im Neubaubereich ein weites Feld von Gestaltungsmöglichkeiten vorfindet. Bei Sanierungen kommt eine wichtige Randbedingung hinzu – der Bestand. Dieser Bestand soll ganz im Sinne der Nachhaltigkeit bestmöglich integriert werden. Das «Begreifen» des Bestandes ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Umbauprojekte von historischen Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen, sind äusserst spannend für alle Beteiligten, denn dort sind die Rahmenbedingungen in der Regel sehr einschneidend. Solche Projekte liegen uns. Der Umbau des Schlosses Kyburg ist ein Beispiel.

Zurück zu Ihren Spezialitäten …

Zu unseren Spezialitäten im Zusammenhang mit Bauaufgaben gehören auch Baugruben, die wir – auch in komplexen Fällen – selber erarbeiten. Ein besonderes Highlight im Brückenbau war sicher die 350 m lange Schrägkabel-Brücke über den Grimselsee nach dem exzellenten Entwurf von Christian Menn, einem der grössten Brückenbauer der Welt. Noch ist sie nicht gebaut. Das Projekt war sehr fordernd, denn auf dieser Meereshöhe bei zunächst mehrheitlich unbekannten klimatischen Auswirkungen wird das die am weitesten gespannte Brücke sein. Höchste ästhetische Anforderungen wurden auch bezüglich Einbettung der Brücke in die Landschaft gestellt. Neben klassischen Ingenieurarbeiten werden uns auch Gesamtleitungen übertragen, zum Beispiel seit 2002 am Flughafen Zürich die Sanierung aller älteren Parkhäuser und auch die Erweiterung des Parkhauses 6. Mit dessen Umsetzung verfügt der Flughafen Zürich mit 7500 Parkplätzen über eines der grössten Parkhäuser Europas. Als Gesamtleiter haben wir alle Planer, Architekten, Subunternehmer in unserem Generalplaner-Team, und wir können Akzente setzen. Ausschliesslich in unserer Kernkompetenz sind wir für Versicherungen und Gerichte im Sektor Expertisen engagiert.

Qualität kann Risiken minimieren. Wie halten Sie das Qualitätsbewusstsein hoch?

Wir beleuchten dieses Thema immer wieder, auch bei unseren Audits mit der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS). Bei jedem Projekt folgen wir dem Prinzip mit drei Kontrollstufen – Selbstkontrolle, Vieraugen-Prinzip und Korreferat. Jeder unserer Ingenieure weiss, die Selbstkontrolle ist der wichtigste Teil. Die Eigenverantwortung jedes Einzelnen ist hoch. Das bedeutet: Zu jeder noch so komplexen Berechnung gehört eine simple Handberechnung, die Sicherheit in der Abschätzung der Plausibilität vermittelt. Im Vieraugen-Prinzip steht einem ein erfahrener Teamkollege zur Gegenprüfung zur Verfügung. In jedem Projekt besteht überdies die Institution des Korreferats. Hier erfolgt die Überprüfung auf konzeptioneller Stufe. Es geht nicht nur um Qualitätssicherung, sondern auch um Aspekte der Methodik oder des Nutzens von Know-how aus andern Projekten. Bei schwierigen Aufgaben finden auf der zeitlichen Projektschiene bis zu zehn, bei einfacheren Aufgaben etwa zwei Korreferate statt. Diese drei Kontrollstufen sind in unsere offene Umgangskultur voll integriert. Die SQS unterstützt und fördert uns diesbezüglich regelmässig.

Audits zielen auf kontinuierliche Verbesserungen. Wo kann man in Ihrem hochexakten Bauingenieurwesen da noch ansetzen?

Vor 20 Jahren haben wir uns entschlossen, ein SQS-Zertifikat nach ISO 9001 zu erlangen. Wir wollten ein Qualitätsmanagement-System, das uns zu dauernder Verbesserung anhält. Das System soll allen Mitarbeitenden nützen und uns vorwärtsbringen, dabei aber nicht unnötig beschäftigen. Die SQS-Audits bringen uns Optimierungen in den Abläufen. Wir machen nicht Qualität wegen des Zertifikats, sondern wegen des eigenen Anspruchs, uns dauernd verbessern zu wollen. Das Engagement des SQS-Auditors geht weit über das reine Prüfen hinaus. Die erhaltenen Inputs spornen zu Überlegungen an, wie die Qualitätssicherung in den Geschäftsprozessen noch besser gestaltet werden kann. In den Projekten bearbeiten wir in der Tat eine sehr komplexe Materie. Auch hier bringt sich der SQS-Auditor als Querdenker sehr gut ein. Er hinterfragt dabei Dinge unbelastet. Wir arbeiten im Planungsteam immer interdisziplinär. Der Auditor prüft deshalb beispielsweise, ob wir zeitnah arbeiten und effizient unterwegs sind und stets auf aktuellen Dokumenten aufbauen. Das alles wird an einzelnen Projekten geprüft und gleichzeitig mit den involvierten Teams besprochen. Die Audits mit fünf bis sieben Teilnehmenden sind wie Lehrgespräche aufgebaut. Besonders wichtig ist eine gute Dokumentation, welche bei der Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung in bereits abgeschlossenen Phasen unterstützt. Auch in dieser Hinsicht haben wir wesentliche Fortschritte realisiert. Wir dokumentieren heute sehr systematisch. Kurz: Die externen und die internen Audits bringen uns grossen Mehrwert.

Gemäss Ihrem Leitbild übernehmen Sie «Verantwortung für die Unterstützung und Förderung der Mitarbeitenden». Inwiefern zum Beispiel?

Indem wir ihnen spannende Aufgaben übertragen, an denen sie Freude haben. Wir akquirieren Aufträge, welche diese Qualitäten auslösen. Spannende Aufträge in spannenden Teams für kompetente Bauherrschaften – das ist uns wichtig. Dann aber pflegen wir auch eine Umgangskultur, in der sich die Mitarbeitenden wohl und sicher fühlen in der Aufgabenerfüllung und der Austausch zu jedem Thema immer offen geführt werden kann. Auch das hat ja viel mit Qualitätsförderung zu tun. Wir unternehmen überdies viel in der Weiterbildung.

Ihr Unternehmen ist Mitglied des Ingenieurverbundes «Drei K». Was ist der Zweck dieses Bundes?

Alle Mitglieder dieses Verbundes sind autarke Firmen. «Drei K» bedeutet Kompetenz, Kapazität, Kreativität. Wir können da im Verbund unsere eigenen Stärken noch besser zum Tragen bringen. Geht es beispielsweise darum, ein sehr grosses und komplexes Vorhaben abzuwickeln, so gelingt es hier auf unkomplizierte Art und Weise, die Kapazität und das Wissen der eingebundenen Firmen zu nutzen. Dadurch können wir übergreifend aus einem Guss arbeiten, ohne den Vorteil der Flexibilität einer kleineren Firma einzubüssen. Im Verbund werden gewisse Lasten gemeinsam getragen, zum Beispiel die Ausbildung. Auch das Qualitätssicherungs-System ist gemeinsames Gut, alle sind SQS-zertifiziert.

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