Ein ERP-Projekt erfordert von allen Beteiligten ein Umdenken. Aber Veränderungen sind nicht jedermanns Sache und die Angst vor einem Kontroll- oder Kompetenzverlust, wenn nicht sogar vor einem Jobverlust, ist bei so grossen Projekten schnell da. Das Verständnis für die Bedürfnisse anderer Unternehmensbereiche ist nicht in allen Abteilungen gleichermassen vorhanden. Das ist für die Einführung eines neuen ERP-Systems hinderlich, denn hierbei ist eine abteilungsübergreifende und prozessorientierte Sicht- und Arbeitsweise gefragt.
Stolperfallen und Massnahmen
Nachfolgend gehen wir auf die wichtigsten Punkte ein, welche eine erfolgreiche Projekteinführung gefährden können. Wichtig zu beachten ist, dass nie nur ein einzelner Grund, sondern immer mehrere Gründe ausschlaggebend für ein Projekt-Aus sind.
«Fürstentümer» im eigenen Unternehmen
Neben den offiziellen Hierarchien und Zuständigkeiten entwickeln sich mit den Jahren in praktisch allen Unternehmen sogenannte «Fürstentümer». Alle Mitarbeitenden definieren Arbeitsflüsse aus eigener Sicht heraus. Sie setzen Prioritäten nach eigenem Gutdünken oder nach denjenigen des «Fürstentums». Abteilungen werden intern wie kleine «Fürstentümer» geführt, die es zu verteidigen gilt. Jede Veränderung führt zu Konflikten – sei es wegen neuer Tätigkeiten und Kompetenzen, die in andere Bereiche verlagert werden, oder wegen neuer Aufgaben, welche die eigene Abteilung übernehmen muss und die so zu einer Mehrbelastung führen.
Ein ERP-Projekt verlangt von allen Beteiligten, dass sie in der Lage sind, über ihre Abteilungsgrenze hinweg prozessorientiert zu denken und zu handeln. Die neu gewonnene Transparenz, wodurch alle Abteilungen Informationen direkt aus dem ERP-System abfragen können, wird nicht überall mit Begeisterung aufgenommen. Deshalb sollten die Spielregeln für alle klar und nachvollziehbar sein. Eine offene Kommunikation, welche die Vorteile des neuen ERP-Systems verständlich aufzeigt, ist das A und O. Anderenfalls werden die Mitarbeitenden ihre «Fürstentümer» mit allen Mitteln gegen die ERP-Einführung verteidigen.
Mögliche Gegenmassnahmen:
- Vorhaben transparent und nachvollziehbar machen
- Vorteile aufzeigen und alle auf ein Ziel fokussieren
- Offene Kommunikation
- Ängste und Misstrauen abbauen
Fehlende Kompetenzen
In der Praxis ist immer wieder zu beobachten, dass die Projektmitgliederauswahl und die Zuteilung der Kompetenzen bei so grossen Projekten zu wenig sorgfältig gemacht wird. Das kann dazu führen, dass es massive Verzögerungen gibt oder das Budget aus dem Ruder läuft, da die Projektteams im Unternehmen nicht akzeptiert sind.
Das Topmanagement muss bei der Wahl der Projektmitglieder viele Faktoren, wie beispielsweise die fachliche und soziale Kompetenz, berücksichtigen. Schliesslich geht es beim ERP um ein Gesamtsystem, das die Arbeitsweise aller Abteilungen im Unternehmen tangiert. Deshalb müssen die Mitarbeitenden frühzeitig involviert werden. Das abteilungsübergreifende Verständnis muss gefördert und das Bewusstsein für ein gemeinsames Ziel – das neue ERP-System – gestärkt werden.
Mögliche Gegenmassnahmen:
- Projektteam bestimmen, entsprechende Kompetenzen geben und kommunizieren
- Klare Aufgabenverteilung und Stellvertretungen festlegen
- Mitarbeitende frühzeitig involvieren
- Verständnis fördern, indem Vorteile aufgezeigt und alle auf ein Ziel fokussiert werden