Strategie & Management

Geschäftsreisen

Ausland­saufenthalte – der Sorgfaltspflicht nachkommen

In Sachen Entsendungsreglement haben viele Arbeitgeber erst während der Corona-Krise festgestellt, dass sie nicht krisenresistent aufgestellt sind. Auslandsreisen oder längere Auslandseinsätze bedürfen noch sorgfältigerer Vorbereitungen als bisher. Mit einem soliden Risikokonzept können sich Arbeitgeber optimal auf alle Eventualitäten vorbereiten.
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Jeder Auslandseinsatz erfordert seitens Arbeitgeber eine gute Vorbereitung, die einige zentrale Überlegungen beinhaltet – ganz unabhängig davon, ob eine Krisensituation vorliegt oder nicht. Allem voran steht die Frage nach der Sinnhaftigkeit und dem Zweck der bevorstehenden Geschäftsreise beziehungsweise des Auslandseinsatzes. Ist es unabdingbar, vor Ort zu sein, oder liesse sich die geplante Tätigkeit im Ausland dank digitaler Kommu­nikations- und Arbeitsweisen auch von der Schweiz aus ausführen? Kommt man zum Schluss, dass dies nicht der Fall ist, so steht die Sicherheit des Mitarbeitenden an oberster Stelle. 

Informationspflicht

Arbeitgeber sind verpflichtet, über bestehende Gefahren und Risiken im Gastland informiert zu sein. Das betrifft beispielsweise politische Unruhen, Gefahren von Terroranschlägen und Naturkatastrophen, die Kriminalitätsrate oder gesundheitliche Gefahren. Arbeitgeber sollten zudem gewährleisten, dass die Geschäftsreise oder Entsendung kein gesundheitliches Risiko für ihre Mitarbeitenden darstellt. Dies umfasst selbsterklärend auch, die Entsendeten über Schutzmassnahmen und Sicherheitsvorschriften ennet der Grenzen zu informieren.

Bei jedem Auslandseinsatz – und sei er nur von kurzer Dauer – sind die erforderlichen Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen sowie die Entsendebescheinigung (A1/CoC) einzuholen und, ganz wichtig, Meldepflichten einzuhalten. Zudem müssen alle Fragen rund um steuerliche Auswirkungen und Sozialversicherungsunterstellung geklärt werden, bevor Mitarbeitende guten Gewissens auf die Reise geschickt werden können. Arbeitgeber sollten über Compliance-Themen wie Bewilligungen, Steuern, Sozialversicherungsfragen und das Arbeitsgesetz des Gastlandes informiert sein und diese ernst nehmen, um Kosten einzusparen und hohe Strafen aufgrund einer Nichteinhaltung der dort geltenden Rechtsvorschriften zu verhindern.

Einflussfaktor Corona

Ganz neu sind die Fragen nicht, die sich Arbeitgeber im Kontext von Geschäfts­reisen und Auslandseinsätzen stellen müssen. Die durch Covid-19 ausgelösten reisebedingten Einschränkungen konfrontieren sie aber mit bisher unbekannten Situationen und machen das Eintreffen von Worst-Case-Szenarien wahrscheinlicher, als es früher der Fall war. Die aktuelle Lage führt uns klar vor Augen, dass es unmöglich ist, am persönlichen Wunschdatum in ein Flugzeug zu steigen und eine Reise ohne Vorbereitung und Klarheit über die Risiken, Schutzmassnahmen oder Ein-/Ausreisebestimmungen des Gastlandes anzutreten. 

Die Situation wird Arbeitgeber voraussichtlich noch längere Zeit vor Heraus­forderungen stellen. Deshalb lohnt es sich, ein Risikokonzept beziehungsweise einen Pandemieplan auszuarbeiten und Mitarbeitende vor einem Auslandsein­satz entsprechend über das gewünschte Verhalten und die Schutzmassnahmen bei «Geschäftsreisen während Covid-19» zu schulen. Eine gute Vorbereitung unter Einbezug der Familienangehörigen und eine professionelle Betreuung der Entsandten bei längeren Auslandsaufent­halten sollten selbstverständlich sein. 

Zudem ist es unabdingbar, ein Entsendungs-/Geschäftsreisereglement zu entwickeln oder es zu überarbeiten und die Entsendungsverträge anzupassen sowie Prozesse, die das Vorgehen bei Geschäftsreisen und Auslandseinsätzen betreffen, klar zu definieren. Dabei stehen der Schutz der Mitarbeitenden und Rückkehrmöglichkeit im Zentrum. Um der Sorgfaltspflicht vollumfänglich nachzukommen, empfiehlt es sich ausserdem, ein Tool einzuführen, das über Risiken (Einreise, Aufenthalt, Steuern et cetera) und den Aufenthaltsort des Mitarbei­tenden informiert. 

Gute Vorbereitung

Die folgenden vier Schritte skizzieren einen Denkprozess, der die Einhaltung der Sorgfaltspflicht als Arbeitgeber und die optimale Vorbereitung der Mitarbeitenden, die ins Ausland reisen, sicherstellt.

Schritt 1: Mehrwert der Geschäftsreise abwägen 

Wägen Sie zuerst ab, ob die geplante Geschäftsreise zum jetzigen Zeitpunkt zwingend notwendig ist. Die folgenden Fragen helfen bei der Entscheidung:

  • Welche Auswirkungen hätte es, wenn diese Geschäftsreise nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden würde? 
  • Welche Risiken sind mit dieser Geschäftsreise verbunden? Können alle Massnahmen ergriffen und eingehalten werden, um mit gutem Gewissen sagen zu können, dass diese stattfinden kann?
  • Sind Schutzmassnahmen vorhanden und sind dem Mitarbeitenden die Sicherheitsvorschriften bekannt, sodass Sie als Arbeitgeber Ihre Sorgfaltspflicht zu 100 Prozent erfüllen können? 

Schritt 2: Einreisevoraussetzungen, Pandemiestatus und Schutzmassnahmen im Ausland prüfen

Ist die Geschäftsreise oder der Auslands­einsatz des Mitarbeitenden unabding­-bar, machen Sie sich mit den Einreise­bestimmungen des Gastlandes und mit der dort aktuellen Situation rund um Covid-19 vertraut. Auch die Folgen einer Rückkehr aus einem Risikoland in die Schweiz gilt es in Erfahrung zu bringen. Auf folgende Fragen muss vor jeder Reise eine Antwort vorliegen: 

  • Ist eine Einreise grundsätzlich möglich und benötigt der Mitarbeitende ein Visum oder eine Arbeitsbewilligung für dieses Land? 
  • Wird im Gastland bei der Einreise eine Quarantänezeit angeordnet? Wie muss diese umgesetzt werden und welche Konsequenzen gehen damit einher?
  • Gibt es weitere Zulassungsvoraussetzungen (zum Beispiel Erbringung eines negativen Covid-19-Tests)?
  • Kennen Sie die Schutzmassnahmen im Ausland und können Sie Ihre Sorgfaltspflicht als Arbeitgeber einhalten? 
  • Kennen Sie das Gesundheitssystem im Gastland und wissen Sie, wie an Covid-19 Erkrankte in diesem Land behandelt und bei einem allfälligen Spitalaufenthalt untergebracht werden?
  • Welche Konsequenzen hätte eine Quarantänepflicht Ihres Mitarbeitenden bei der Rückkehr in die Schweiz, wenn er nicht von zu Hause arbeiten kann?

Schritt 3: Worst-Case-Szenarien durchdenken

Es ist nicht auszuschliessen, dass der Mitarbeitende nicht in die Schweiz zurückkehren kann. Scheuen Sie sich keinesfalls vor einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit den damit verbundenen Fragestellungen: 

  • Kann der Mitarbeitende, der im Ausland festsitzt und nicht in die Schweiz zurückreisen kann, seine geschäftlichen Tätigkeiten im Ausland verrichten? Wie handhaben Sie es, wenn dies nicht der Fall ist?
  • Ist es ihm erlaubt, im Ausland zu arbeiten, oder darf er sich nur für eine begrenzte Zeit dort aufhalten, beispielsweise für Meetings oder Vertragsunterzeichnungen (Arbeitsbewilligung)? 
  • Je nachdem, in welchem Land und wie lange sich der Mitarbeitende dort aufhält: Können in diesem Land Steuern fällig werden?

Bedenken Sie, dass das Eintreten eines dieser Risiken zu hohen Kosten für das Unternehmen führen kann.

Schritt 4: Massnahmen einleiten

  • Analysieren Sie die aktuelle Situation Ihres Unternehmens und erstellen Sie für jedes Land eine Risikoanalyse.
  • Überprüfen Sie Ihr Schutzkonzept sowie Ihre Sicherheitsvorschriften und stellen Sie sicher, dass Sie für Rück­holaktionen Ihres Mitarbeitenden und dessen Familienangehörige gewappnet sind.
  • Entwickeln und implementieren Sie ein Risikokonzept für Ihre Geschäftsreisen und längere Auslandseinsätze. 
  • Entwickeln oder überarbeiten Sie Ihr Entsendungs-/Geschäftsreisereglement und passen Sie die Entsendungsverträge an (Schutz der Mitarbeitenden und Rückkehrmöglichkeit). 
  • Stellen Sie den Mitarbeitenden ein Tool (App-basiert) zur Verfügung, das ihnen rund um die Uhr zur Verfügung steht und sie über die Risiken des jeweiligen Landes informiert. Ihnen als Arbeitgeber sollte dieses Tool gleichzeitig dazu dienen, jederzeit Kenntnis darüber zu haben, wo sich Ihre Mitarbeitenden im Ausland befinden und wie sie kontaktiert werden können.
  • Führen Sie mit Ihren Mitarbeitenden Schulungen zur Einhaltung von Schutz- und Sicherheitsvorschriften durch. 
  • Schliessen Sie Geschäftsreiseversicherungen für Ihre Mitarbeitenden ab, die Ihnen auch kurzfristige Stornierungen von gebuchten Flügen und Hotels ermöglichen.
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