Ein fortlaufendes Projekt
Deshalb gilt die alte Parole heute mehr denn je: Wissensmanagement ist ein fortlaufendes Projekt (beziehungsweise ein fortlaufender Prozess). Wissensmanagement hat zwar einen Anfang jedoch kein Ende. Dies haben in den letzten Jahren viele Unternehmen erkannt.
Deshalb überdenken sie ihr tradiertes Wissensmanagement und versuchen, dieses zunehmend den Rahmenbedingungen und Anforderungen im digitalen Zeitalter anzupassen. Dieser Prozess verläuft in der Regel wie folgt: In einem ersten Schritt wird zunächst, wie bei fast allen Projekten, die Ist- beziehungsweise Ausgangssituation analysiert. Fragen werden gestellt wie:
- Wie erfolgt unser Wissensmanagement heute?
- Entspricht dies noch den Erfordernissen im digitalen Zeitalter?
- Lassen sich unsere Unternehmensziele, wie zum Beispiel schneller und flexibler auf Marktveränderungen zu reagieren, so noch erreichen?
- Wo besteht ein Änderungs- beziehungsweise Changebedarf?
Hierauf aufbauend stellen sich dann Fragen, die mit der Auftragsklärung zusammenhängen, wie:
- Welches Wissen brauchen wir (künftig) aufgrund seiner Erfolgsrelevanz und sollten es deshalb kontinuierlich ausbauen?
- Handelt es sich hierbei um explizites und/oder implizites Wissen?
- Wer sind die relevanten Wissensträger?
Sind diese Fragen vorläufig geklärt, stellen sich Fragen wie:
- Welche Ressourcen (unter anderem Zeit, Geld, Technologien, Verfahren) stehen uns zur Wissensidentifikation, Wissensdokumentation und -verteilung sowie Wissensweiterentwicklung zur Verfügung beziehungsweise welche Ressourcen brauchen wir? Welche Rahmenbedingungen struktureller, kultureller sowie motivationaler Art brauchen wir, damit in unserer Organisation keine bürokratische Wissensverwaltung, sondern ein zielorientierter wie auch hierarchie-, bereichsübergreifender und funktionsübergreifender Wissensmarkt entsteht?
Agilität bewahren
Sind diese Fragen wiederum vorläufig geklärt, können erste Versuchsballons gestartet werden, um das Wissensmanagement allmählich den Erfordernissen im digitalen Zeitalter anzupassen.
Wichtig ist, dass dies in einem iterativen Prozess geschieht, in den immer wieder Reflexionsschleifen eingebaut sind «Befinden wir uns noch auf dem richtigen Weg?», da die Unternehmen beziehungsweise Projektteams hierbei Neuland betreten.
Dies nicht nur weil ihnen die moderne Informations- und Kommunikationstechnologie neue Möglichkeiten der Wissensidentifikation, -speicherung und dokumentation sowie Wissensverbreitung zur Verfügung stellt. Mindestens ebenso relevant ist es auch, im Prozess- beziehungsweise während des Projektverlaufs regelmässig zu überprüfen:
- Erheben wir bei dem von uns eingeschlagenen Weg überhaupt das erfolgsrelevante Wissen, das unsere Organisation (künftig) braucht?
- Haben wir die relevanten Wissensträger als Mitstreiter beim Versuch, einen fluiden Wissensmarkt in der Organisation zu schaffen, gewonnen?
- Gelangt das erhobene Wissen auch zu den Mitarbeitern, die es für ihre Arbeit brauchen, und wird es von ihnen effektiv genutzt?
Diese Fragen gilt es sich im Projektverlauf immer wieder zu stellen, damit das übergeordnete Ziel erreicht werden kann. Dieses lautet: das Unternehmen fit für die Zukunft machen.
Starke Promotoren nötig
Erschwert wird dies aktuell oft dadurch, dass ein damit verbundenes Ziel häufig lautet: Das Unternehmen soll schneller und agiler auf neue Herausforderungen reagieren können. Deshalb schaffen viele Unternehmen zurzeit – insbesondere in den Bereichen, in denen die Kernleistungen der Organisation erbracht werden – gerade Strukturen, die den einzelnen Arbeitsteams ein autonomeres und selbstbestimmteres Arbeiten ermöglichen sollen. Dies birgt jedoch stets die Gefahr, dass in der Organisation erneut Wissensinseln entstehen. Deshalb stehen die Wissensmanager bei ihrer praktischen Arbeit eigentlich stets vor der Herausforderung,
- einerseits die Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die für ein modernes, zukunftsorientiertes Wissensmanagement nötig sind, was auch ein gewisses Alignment – also ein Sich-verständigen auf gemeinsame Ziele und ein verbindliches Vorgehen und Verhalten – erfordert, und
- andererseits keinen bürokratischen Moloch zu schaffen, der ein agiles Arbeiten gerade wiederum erschwert.
Hier die erforderliche Balance zu finden, ist nicht nur eine komplexe Management-, sondern auch Leadership-Aufgabe, denn dies setzt voraus, bei allen Beteiligten
- ein Bewusstsein zu schaffen, warum ein modernes, zukunftsorientiertes Wissensmanagement für den Erfolg des Unternehmens nötig ist, sowie
- den Mindset zu fördern, der erforderlich ist, damit ein fluider Wissensmarkt in der Organisation entsteht.
Ohne Promotoren auf allen Management- und Führungsebenen gelingt dies nicht.