Strategie & Management

Führungskräfteentwicklung

Wie Telemetrie die Management-Performance steigern kann

Zwischen einer guten und einer aussergewöhnlich guten Führungskraft liegen keine Welten. Meist sind die Kompetenzunterschiede nur minimal. Diese Feinheiten jedoch führen zum grossen Unterschied. Der Einsatz der Telemetrie im Motorsport und dessen Übertragung auf den Erfolg im Management machen dies deutlich.
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Wie und wann erlebt ein Unternehmer, was es bedeutet, sein Business wirklich erfolgreich zu führen? Wie lernt er das Gefühl kennen, in seinen Entscheidungen richtig zu liegen, seine unternehmerische «Ideal-Linie» gefunden zu haben, nicht nur gut, sondern Profi zu sein?


Kernkompetenzen ausbauen

Es gibt Schulungen für Manager, es gibt Führungskräfte-Seminare, Vorträge und Fachbücher, die sich darum drehen, wie Manager erfolgreicher werden. Doch für ihre Weiterentwicklung bleibt den Führungskräften in der Regel das Meiste zu theoretisch und abstrakt.

Die Führungskraft wird mit Wissen versorgt, vielleicht auch mit Erfahrungen, sie erfährt, was gutes Management im Allgemeinen ausmacht. Sie kann daraus in der Regel auch ungefähr ableiten, was sie falsch macht, wo sie Verbesserungsbedarf hat. Aber sie kann auf diese Art und Weise des Lernens nicht wirklich die Feinheiten ihrer Defizite erkennen: wichtige Kompetenzen, die sie vielleicht nur einen Tick verbessern müsste, um ausgezeichnete Leistung zu erbringen.

Meist sind es nämlich nur kleine Stellschrauben, an denen zu drehen ist, um sich von gut zu exzellent zu steigern und eine herausragende Performance zu erzielen.


Stand der Wissenschaft

Das zeigen auch die Studien zum Thema «Excellent Leadership» der US-amerikanischen Führungsforscher Jack Zenger und Joseph Folkman. Den Untersuchungen der Leadership-Experten zufolge gibt es 16 zentrale Kompetenzen, die exzellentes Führen bedingen. Freilich kann eine Führungskraft nicht über alle diese Kompetenzen verfügen. Das muss sie auch nicht, vielmehr kommt es auf einige wenige Schlüsselkompetenzen an.

Die Fähigkeit, zu inspirieren und zu motivieren, beispielsweise, ist von besonderer Bedeutung. In den USA wird diese Kompetenz als wichtigste Fähigkeit bewertet, die eine Führungskraft haben sollte. Hierzulande zählt sie im Rating der wichtigsten Kompetenzen zu den ersten drei, auch wenn Führungskräfte im deutschsprachigen Bereich hier noch zulegen könnten. Die Frage stellt sich daher, wie sie die Kompetenz entwickeln können. Hier ist ein entscheidender Aspekt von Bedeutung: Es gibt bestimmte Begleitkompetenzen, die die Fähigkeit insgesamt stärken.

Wer beispielsweise akzeptiert, dass er eine Vorbildfunktion hat, Veränderungen aktiv mitgestaltet und häufig die Initiative ergreift, zudem versteht, dass menschliches Verhalten zu einem Grossteil von Gefühlen geprägt ist und bewusst mit Emotionen umgeht, spielt ganz erheblich auf die Schlüsselkompetenz des motivierenden und inspirierenden Handelns ein. Arbeitet die Führungskraft an diesen Begleitkompetenzen, verbessert sie somit ihre Performance insgesamt – und entwickelt sich zum Excellent Leader. Es bedarf also nur der Änderung eines Teilaspekts, um in der Gesamtheit eine grosse Wirkung zu erzielen.

Kleine Sache, grosse Wirkung

Für die Führungskräfteentwicklung gilt es, diese Erkenntnis zu nutzen, hier anzusetzen. Dabei hilft es nur bedingt weiter, die Fakten rein theoretisch zu erläutern. Das Wissen darum, dass eine kleine Sache einen so grossen Effekt erzielen kann, bewirkt keinen wirklichen Aha-Effekt. Vielmehr bedarf es einer Methodik, mit der eine wirkliche Betroffenheit ausgelöst wird. Denn schliesslich lernt der Mensch am besten, wenn eine Erkenntnis tief greift. Etwas selbst zu erfahren, ist dabei wichtig. Aber auch visuelle Elemente helfen dabei, Erkenntnisse besser zu verinnerlichen.

Hier bietet die Telemetrie einen wertvollen Ansatz. Die Technik kommt an vielen Stellen unseres Lebens zum Einsatz – etwa in der Medizin, im Motorsport, bei Wetter-, Tier- und Verkehrsbeobachtungen. Speziell im Motorsport ist die Telemetrie die Basis für den Rennerfolg. Und sie kann auf den Bereich Managementerfolg und Führungskräfteentwicklung übertragen werden: Es lassen sich Parallelen für die Analyse von Erfolgsfaktoren und die Entwicklung von Kompetenzen im Managementbereich im Allgemeinen erkennen.


Der Begriff Telemetrie

Hierzu zunächst eine kurze Erläuterung zum Prinzip dieser Technik: Der Begriff Telemetrie kommt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Fernmessung. Konkret geht es um die Übertragung von Messwerten zu einer räumlich entfernten Stelle. Dies geschieht über Fühler am Messort. Beim Motorsport liefert die Technik mit ihren Daten Rennfahrern quasi permanent einen «Rundumblick». Die schnelle und präzise Analyse unzähliger in Echtzeit gelieferter Daten rund um Fahrzeug und Fahrer zeigt Ingenieuren und Boxencrew innerhalb von Sekunden frühzeitig mögliche Defekte, überträgt zentrale Hinweise für die Fahrweise, hilft Fahrfehler zu erkennen und zu beheben. Der Transfer zum Unternehmensmanagement ist dabei folgender: Analog zum Motorsport gilt für die Firmen, alle relevanten Daten zu erfassen, zu messen, zu analysieren und Optimierungen umzusetzen.

Visualisierung der Unterschiede

Wie bereits erwähnt, kann das Analyse-Prinzip der Telemetrie speziell für die Kompetenzentwicklung sowie für die Performance-Steigerung von Führungskräften herangezogen werden.

Die Grundlage hierfür sind die Auswertungen von Rennen eines guten Rennfahrers und eines Top-Rennfahrers, die zwecks Analyse beziehungsweise eines Vergleichs übereinandergelegt werden. Schauen wir uns hierfür die Abbildung auf dieser Seite an.

Die Visualisierung macht deutlich, dass sich der Top-Rennfahrer (grün) und der gute Rennfahrer (orange) von der Fahrweise und Schnelligkeit her nicht sehr stark voneinander unterscheiden, die Zickzacklinie sieht zu zirka 95 Prozent ähnlich aus. Einzig allein bei Kilometer 2,5 und ungefähr bei Kilometer 3,8 fährt der Top-Rennfahrer eine bessere Linie durch die Kurven und ist somit schneller. Entscheidend aber ist: Würde der gute Rennfahrer nicht den direkten Vergleich zum Top-Rennfahrer haben, wüsste er nicht genau, warum der Profi insgesamt schneller war und wo er bei der nächsten Fahrt nachbessern muss. Die Unterschiede sind einfach zu fein. Genau das ist die Erkenntnis, die auf die Kompetenz­entwicklung von Führungskräften übertragen werden kann. Die feinen Unterschiede in der Technik und Fahrweise des Rennfahrers entsprechen dabei der Perfektion der Kompetenzen des Managers. Auch Führungskräfte brauchen zur Verbesserung ihrer Kompetenzen einen Benchmark. Sie sollten wissen, wie sie im Vergleich zu Top-Führungskräften dastehen. Wenn ihnen dies völlig klar ist, weil es ihnen visuell deutlich gemacht wird, können sie von diesen lernen.  


Stärken perfektionieren

In Vorträgen und Seminaren zur Führungskräfte-Entwicklung und Management-Diagnostik eingesetzt, dient die Analyse-Grafik zunächst als Beweis dafür, dass gute beziehungsweise sehr gute und exzellente Performance nur auf minimale Kompetenzunterschiede zurückzuführen ist. Durchweg zeigt sich dabei, dass die Visualisierung eine starke Wirkung auf die Teilnehmer hat. Sie macht die Unterschiede greifbar, spornt enorm zur Weiterentwicklung an.
Das rührt in der Regel aus einer grossen Identifizierung und Betroffenheit, denn der Transfer «guter Rennfahrer – Top-Rennfahrer» zu «guter Führungskraft – Top-Führungskraft» wird als sehr einleuchtend beschrieben. Die Erkenntnis, dass es zur Top-Führungskraft gar nicht so weit ist, motiviert letztlich auch die, die immer dachten, dass sie nie in der Top-Liga mitspielen könnten.


Motivation durch Betroffenheit

Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen Unternehmen zudem einen anderen Blick auf «das Ganze». Viel zu oft herrscht die Ansicht vor, dass man insgesamt besser werden muss. Doch die entscheidende Frage ist: Welche Stärken machen den Unterschied? An genau denen gilt es, zu arbeiten. Stärken perfektionieren, statt in der Breite zu feilen lautet das Motto. Damit ist es nicht getan: Wichtig ist, dies ständig weiterzubeobachten: Wie sieht es aus, wenn die Erkenntnisse umgesetzt werden? Was zeigt die Analyse? Muss nachjustiert werden? Wer eine permanente Verbesserung in Gang setzt, bleibt dran und ist somit im Vorteil.

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