Bei schönem Wetter gibt es viele gute Kapitäne. Führungskompetenz zeigt sich aber vor allem in Krisensituationen, dort wo es den guten Unternehmen gelingt, die schlechten weit hinter sich zu lassen. Mit der richtigen Crew und den Segeln richtig gesetzt, ist starker Wind ein Segen.
Führung als Funktion
Unternehmensführung ist mehr als die Aneinanderreihung von betriebswirtschaftlichen Disziplinen. Unternehmensführung sollte sich an den Lenkungsprinzipien der Natur orientieren, um nachhaltig – im ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Sinne – zu sein. Verantwortungsvolle Führung orientiert sich entsprechend nicht primär an den Betriebswirtschaften, sondern an der Kybernetik, Systemik, Bionik und der Verhaltensökonomie.
Unternehmensführung bezweckt die Transformation von Wissen in Nutzen und findet dabei immer wieder aufs Neue Antworten auf die Frage, was heute zu tun ist, um auch morgen noch erfolgreich zu sein. Hierzu braucht es eine integrierte Sicht auf Führung von Unternehmen und Menschen. So verstandene Führung ist die bewegende Kraft, welche Menschen gemeinsam Grosses erreichen lässt.
Diese bewegende Führungskraft ist nicht personifiziert zu verstehen, sondern als eine Kraft, welche im Unternehmen verteilt ist als Funktion respektive Kompetenz. Basis von kollektiver Führungskompetenz sind ein gemeinsam geteiltes Führungsverständnis sowie partizipative Führungsprozesse, wobei das eine das andere beeinflusst und verstärkt.
Reflexion und Aktion
Verantwortungsvolle Führung bedeutet, sowohl die relevanten – und vielleicht auch unangenehmen – Fragen zu stellen als auch diese Fragen situationspassend und aktionsorientiert zu beantworten. Leider wird in der unternehmerischen Praxis noch zu oft ein kopf- beziehungsweise konzeptloses Handeln oder ein langes Denken und Reden ohne wirksame Umsetzung beobachtet. «Walk the talk» bedeutet aber genau die wirksame Kombination von Reflexion und Aktion, weshalb ich als Synonym von «verANTWORTungsvoller» Führung auch gerne Reflactive Leadership verwende, als Wortspiel von «REFLection» und «ACTion».
Reflactive Leadership (Reflactship) ist dabei nicht auf das Individuum beschränkt, sondern steht insbesondere auch für kollektive Reflexions- und Aktionsprozesse, welche letztlich zur erwähnten breit abgestützten Führungskompetenz in Unternehmen führen. Leadership kann dabei verstanden werden als Management (Führungshandwerk) + Umsicht (Sozialkompetenz) + Weitsicht (Zukunftskompetenz).
Reflactive Leadership ist immer wieder aufs Neue die Abfolge der Phasen
- Verstehen (der Problemsituation)
- Vorwegdenken (von Szenarien/Optionen)
- Vorweggestalten (mittels Prototypen/Massnahmen)
- Verändern (zur Wirkungsabsicherung)
Dieses 4-V-Modell bezeichne ich gerne auch als Solution Cycle, da damit in allen Lebenslagen Lösungen gefunden und nachhaltige Entwicklungen verfolgt werden können. Der Solution Cycle ist ein zirkuläres Konzept für das Komplexitätszeitalter. Es ersetzt die nicht mehr tauglichen Instrumente des letzten Jahrtausends wie vollständige Planbarkeit und Kontrollierbarkeit.
Denken und Handeln
Sämtliche Modelle und Theorien sind jedoch wenig wert ohne die Einbindung des Menschen. Alles beginnt beim Individuum und dessen eigener Führung, der Lebens- und Selbstführung. Nur wer sich selbst führen kann, kann auch andere führen. Für einen herausragenden Teamerfolg ist es wichtig, dass ein möglichst deckungsgleiches Verständnis der wesentlichen Führungsaufgaben vorhanden ist und dass sich dabei alle je nach Situation als Leader und Follo-wer verstehen. Wirksame Teamführung nutzt die Diversität an Erfahrungen, Kompetenzen, Geschlechtern, et cetera bestmöglich.
Bei der Unternehmensführung geht es darum, eine Strategie in konkreten Kundenutzen zu transformieren. Häufig sind einzelne Unternehmen in einer Gruppe oder auch in einem firmenübergreifenden Netzwerk zusammengeschlossen. Individuum, Team, Unternehmen und Netzwerk – auf jeder dieser vier Führungs- respektive Steuerungsebenen ist die Verzahnung von Denken und Handeln die Basis für kontinuierliche Entwicklungen und nachhaltigen Erfolg.