Strategie & Management

Business Networking

Wie Beziehungsnetzwerke aufgebaut und entwickelt werden können

Ein möglichst grosses Netzwerk ist noch kein Garant, um als Unternehmer auch langfristig auf dem Markt erfolgreich zu sein. Denn auch hier gilt: Qualität vor Quantität. Ein Beziehungsnetzwerk kann dann den Erfolg positiv beeinflussen, wenn der Aufbau, die Pflege und die Entwicklung seriös angegangen werden.
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Laut Angaben des Bundesamtes für Statistik bilden sie mehr als 99 Prozent der Unternehmen und stellen zwei Drittel der Arbeitsplätze im Land. Einige dieser KMU entwickeln sich im Verlauf der Zeit zu erfolgreichen Unternehmen. Einige überstehen aber die ersten Jahre nicht. Die durchschnittliche Überlebensrate der neu gegründeten Unternehmen in der Schweiz liegt ein Jahr nach der Gründung bei rund 80 Prozent und nach fünf Jahren bei etwas weniger als 50 Prozent.


Ein Beitrag zum Erfolg

Ein wichtiges Element, welches den Erfolg eines Unternehmens in einer frühen Phase positiv beeinflussen kann, ist das Beziehungsnetzwerk des Firmengründers. Dieses Netzwerk steigert nicht nur die Überlebenschancen des Unternehmens signifikant, sondern kann auch im weiteren Verlauf des Unternehmenslebenszyklus einen wichtigen Beitrag zum unternehmerischen Erfolg leisten.

Wie entscheidend ein gutes Netzwerk für den Erfolg eines Unternehmers ist und welch unterschiedliche Wege zum angestrebten Ziel führen, zeigen die Erfolgsfaktoren, welche im Rahmen der Masterarbeit des Autors, Raphael Hummel und Yves Ragnolini der Hochschule Luzern Wirtschaft entwickelt wurden. Um diese Erfolgsfaktoren zu untermauern, werden sie in nachfolgendes fiktives Beispiel übertragen.


Ein Ziel, zwei Wege

Nach knapp 30 Jahren laufen sich Sigi und Ben am Klassentreffen wieder über den Weg. Die beiden Mittvierziger und ehemaligen Nachbarn hatten sich nach ihrer gemeinsamen Schulzeit aus den Augen verloren. Zu unterschiedlich waren ihre Interessen, zu unterschiedlich ihre Charaktere. Auf der einen Seite Ben, der spontane Lebemann, der immer gern im Zentrum stand und immer unterwegs war. Und auf der anderen Seite Sigi, der Ruhige, aber dennoch Zielstrebige. Beim Gespräch wird schnell klar: Trotz der genannten Unterschiede haben die beiden inzwischen interessante Gemeinsamkeiten.

Beide sind selbstständig. Sigi ist Gründer und Inhaber eines Unternehmens im Elementbau. Ben verkauft als Makler Immobilien. Nach den weiteren Standardfragen beim Apéro nach «Na, hast du Frau, Kinder und ein Haus?» interessiert Ben vor allem, ob Sigi mit seinem Unternehmen denn auch erfolgreich unterwegs ist. Es sei ja schliesslich ein umkämpfter Markt. Ein wenig zur Überraschung von Ben entgegnet ihm Sigi, dass er mehr als zufrieden sei und dass er unter anderem auch dank eines guten Netzwerks sehr gut leben könne von seiner Unternehmertätigkeit.

Ihm selbst würde es doch bestimmt auch gut laufen, hakte Sigi dann bei Ben nach. So wie er ihn von früher in Erinnerung habe, hätte er mit seiner Art und der aktuellen Zinssituation ja wohl kaum Probleme, die Häuser und Wohnungen an Herrn und Frau Schweizer zu bringen. Ben nickte zwar, wich aber schnell aus. Denn die Realität sieht ganz anders aus. Wirklich zufriedenstellend liefen die Geschäfte bei Ben trotz seiner Kontakte nicht. Doch wie kann das sein? Einfache Frage, einfache Antwort: Ben und Sigi verfügen beide über ein Netzwerk, aber nicht beide nutzen und pflegen es gleich.


Netzwerken frisst Zeit

Um als Unternehmer nachhaltig erfolgreich zu sein, braucht es nebst vollem Einsatz im und für das Unternehmen auch eine Investition von mehreren Stunden pro Woche in den Aufbau, die Pflege und die Entwicklung des Beziehungsnetzwerks. Um Wirkung in seinem Umfeld zu erzielen, ist es unabdingbar, seine eigene Bekanntheit als Unternehmer zu steigern. Netzwerken ist mit einer grossen persönlichen Investition in Form von zeitlichen Ressourcen verbunden. Regelmäs­sige, persönliche Präsenz an verschiedensten Anlässen ist entscheidend. Ben ist zwar auch oft an Messen oder Apéros anzutreffen. Er sieht darin aber eher das Vergnügen als die Arbeit.

Anders Sigi. Trotz langer Arbeitstage ist er bereit, nebenbei auch Zeit in den Aufbau, die Pflege und die Entwicklung des Netzwerks zu investieren. Für ihn steht der unternehmerische Gedanke im Vordergrund. Sobald zum Netzwerken auf der persönlichen Ebene auch Networking auf Social-Media-Plattformen dazukommt, steigt der zeitliche Aufwand massiv. Sigi nutzt dabei im Vergleich zu Ben diese Kanäle vor allem geschäftlich. Im Weiteren haben ausserberufliche Engagements – beispielsweise in Form von Mandaten, Präsidien, Parteiarbeiten oder öffentlichen Auftritten – eine besondere Wirkung. Sigi ist deshalb nicht von ungefähr seit ein paar Jahren Präsident des kantonalen Gewerbeverbands. Auch hierfür ist er bereit, seine kostbare Zeit zu investieren.

Oftmals wird bei diesen Engagements die persönliche Ressource Wissen beziehungsweise Können zur Verfügung gestellt. Finanzielle Interessen sowie Geschäftsabsichten stehen bei solchen Engagements in keiner Art und Weise im Vordergrund, sondern es ist das Ziel, die eigene Bekanntheit zu steigern und durch seine Arbeit die positive Wahrnehmung der eigenen Person (Reputation) zu er­höhen. Diese Plattformen haben in den meisten Fällen die Wirkung, dass in kürzester Zeit mehr Kontakte zu neuen Leuten entstehen können, ganz im Gegensatz zu Branchenanlässen oder dergleichen.

Beziehungen nutzen

Ben hatte im Vergleich zu Sigi schon immer einen grossen Kreis an Freunden und Bekannten. Er knüpfte immer sehr schnell neue Beziehungen, meist jedoch nur oberflächliche und kurzlebige. Für Sigi hingegen war stets klar, dass Qualität über Quantität geht. Über ein grosses Netzwerk zu verfügen, reicht alleine nicht aus, um unternehmerischen Erfolg zu haben. Entscheidend ist die Fähigkeit, in einer ersten Phase starke Beziehungen zu aktivieren und in einer zweiten Phase für ein persönliches Vorhaben nutzbar zu machen. Zuerst sollte ermittelt werden, ob es sich beim Netzwerkpartner um einen Entscheidungsträger handelt oder nicht. Nicht jeder Kontakt von Ben ist streng genommen ein starker Kontakt.

Ein entscheidendes Kriterium bei einem Beziehungsnetzwerk ist, dass man nicht nur über viele starke beziehungsweise intensivierte Kontakte verfügt, sondern dass es gelingt, diese im Bedarfsfall auch zu aktivieren und konkret nutzbar zu machen. Dies kann sein, um an einem Anlass über einen starken Kontakt zu einem neuen, wichtigen Kontakt zu kommen. Oder einen Kontakt zu nutzen, um eine Kundenbeziehung, welche an einem kritischen Punkt angelangt ist, zu stabilisieren. Dabei bieten auch Personen aus dem eigenen Netzwerk, welche die Arbeitsstelle wechseln, interessantes Potenzial. Durch die Aktivierung dieser Personen wird es möglich, sich Zugang zu deren Beziehungsnetzwerk zu verschaffen, welches neu entsteht, und so an neue Aufträge zu gelangen, welche bisher unter Umständen unerreichbar waren.

 

Die Win-win-Mentalität

Für den Erhalt und die Entwicklung eines Beziehungsnetzwerks im KMU-Umfeld sind zwei Punkte entscheidend: die Qualität der erbrachten Leistung und die Gegenseitigkeit. Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, ist der Netzwerkpartner bereit – teilweise sogar aktiv – Empfehlungen auszusprechen. Wären die Kunden mit den Produkten von Sigi nicht zufrieden, würden sie diese auch nicht mehr bestellen.  Der zweite Punkt ist ebenso wichtig, wird oftmals aber vergessen oder ist den Beteiligten noch gar nicht bekannt oder bewusst. Es sollten, wenn möglich jeweils stets beide Parteien profitieren können. Um miteinander einen Erfolg zu erzielen, können beispielsweise Geschäfte oder Projekte gemeinsam realisiert oder vorangetrieben werden. Sigi arbeitet im Elementbau denn auch mit einem Produzenten für Dachfenster zusammen, der nicht nur hochstehende Produkte liefert, sondern auch von der Unternehmensgrösse und -mentalität bestens zu Sigi passt. So entsteht eine «Win-win-Situation».


Networking – nichts Neues

Networking  ist kein Phänomen der Neuzeit. Ganz im Gegenteil, wie ein Beispiel ausserhalb der Schweiz zeigt: die Hanse. Dies ist  die Bezeichnung von Kaufleuten, deren Ziel zwischen Mitte des 12. Jahrhunderts und Mitte des 17. Jahrhunderts die Sicherheit der Überfahrt und die Vertretung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen besonders im Ausland war. Die Hanse war nicht nur auf wirtschaftlichem, sondern auch auf politischem und kulturellem Gebiet ein wichtiger Faktor. Durch den Freihandel, welcher dank der starken Beziehungen zustande kam, gelangten viele Hansestädte wie Hamburg zu grossem Reichtum, der bis heute anhält. Ebenso wie ein gut funktionierendes Beziehungsnetzwerk als Erfolgsfaktor unbestritten bleibt. Es lohnt sich also, in Beziehungen zu investieren. Ein altes Sprichwort bekommt so eine neue Bedeutung: «Beziehungen schaden nur dem, der keine hat».

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