Strategie & Management

Leadership

Was Führungskräfte von Captain Kirk und Co. lernen können

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Lichtjahre von der Erde entfernt dringt das Raumschiff Enterprise in Galaxien vor, die nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Wir schreiben zwar noch nicht das Jahr 2200, aber auch im 21. Jahrhundert sind aussergewöhnliche Leadership-Qualitäten gefragt. Der Beitrag zeigt, was Captain Kirk, Mr. Spock und Co. als Führungskräfte lehren können.
PDF Kaufen

Als am 8. September 1966 die erste Staffel von Raumschiff Enterprise (Originaltitel: Star Trek) im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, war ihrem ­Erfinder, Gene Roddenberry, vermutlich nicht bewusst, um viel sie ihrer Zeit voraus war.

Aufbruch in ein neues Zeitalter

Nicht nur arbeiteten auf der Brücke der USS Enterprise NCC-1701 ein Ameri­kaner (Captain Kirk), ein Asiate (Steuermann Sulu), ein Russe (Navigator Chekow), ein Schotte (Chef-Ingenieur Scotty) und ein Vulkanier (!) (Commander Spock) zusammen. Nachrichtenoffizierin Uhura war die erste Afroamerikanerin in einer Führungsposition und der Kuss zwischen ihr und Captain Kirk war der erste gemischtrassige Kuss, der jemals im Fern­sehen zu sehen war. 

Die Enterprise war auch viele Lichtjahre von der Erde entfernt unterwegs, um friedlich neue Welten und neue Zivilisationen zu erforschen – zum Wohle aller (von uns Menschen und anderer Zivi­lisationen). Und last, but not least war Captain Kirk ein Mann, der als Füh­rungskraft daran glaubte, durch sein Tun einen Beitrag leisten zu können, um die Welt und andere Galaxien zum Bes­seren zu verändern.

Das ist alles sehr fortschrittlich, wenn man bedenkt, dass sich die Welt Mitte der 1960er- Jahre nicht nur am (ersten) Höhepunkt des Kalten Krieges befand, sondern auch Rassentrennung auf der Tagesordnung stand und in den Unternehmen noch der paternalistisch-hierarchische Führungsstil (wer fleissig und loyal war, der wurde belohnt beziehungsweise behalten, Oben forderte – Unten lieferte, Oben fragte – Unten antwortete) State of the Art war.

Leadership à la Star Trek

Aber abseits dieser aussergewöhnlichen Errungenschaften war die Führungsmannschaft der Enterprise auch beim Thema Leadership ihrer Zeit voraus. 

Die Autorin hat sich daher genauer an­gesehen, welche besonderen Eigenschaften Kirk, Spock und Co. auszeichnen und was sich heutige Führungskräfte von ­ihnen abschauen können:

Captain James Tiberius Kirk («Jim»)

Möchten wir nicht alle einen Chef oder eine Chefin wie Captain James T. Kirk ­haben?

Kirk verkörpert die geborene Führungskraft, die mit gutem Beispiel vorangeht: Er ist effektiv in seinem Tun, dabei intelligent und charismatisch, hat eine geradezu magnetische Persönlichkeit. Kirk versteht es exzellent, sein Team zu motivieren, die gemeinsamen Ziele zu verfolgen und bei Bedarf in eine andere Richtung zu lenken. In heiklen Momenten ist er stets 100-prozentig fokussiert und scheut nicht davor zurück, auch mitunter schwierige und unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Dabei vergisst er allerdings nie, dass er bei allem Risiko die Verantwortung für seine 400 Mann und Frau starke Besatzung und das Schiff hat. 

Als Kapitän der Enterprise kann er aus­serdem fast alles selbst (er steuert die Enterprise auch allein, wenn es notwendig ist), vertraut aber stets auf die Ex­pertise seines Führungsteams: So fliessen die Meinungen und Empfehlungen von Spock, Pille, Scotty, Sulu, Chekov und Uhura in der Regel in seine Entscheidungen mit ein. Kirk fordert seine Mannschaft aber auch heraus – vor allem Scotty, dessen Proteste gegen die Umleitung der Energie auf die Schutzschilde und ­andere wichtige Funktionen des Schiffes normalerweise ignoriert werden.

Was heutige Führungskräfte von Kirk lernen können: Jim hat sein Team so zusammengestellt, dass es aus möglichst verschiedenen Persönlichkeiten besteht. Aktuelle Studien zeigen, dass ein hoher Grad an Diversität ein grosser Erfolgsfaktor ist. Damit sind nicht nur unterschiedliche Herkunft, unterschiedliches Alter oder Geschlecht gemeint, auch unterschiedliche, sich ergänzende Kompetenzen tragen zur Diversität bei. Führungskräfte sind daher gut beraten, ein Team zusammenzustellen, das sich in Talenten, Stärken, Schwächen und sozialen Rollen stark unterscheidet. Zudem ist Kirk sehr fokussiert. 

Viel zu oft sind wir heute gefangen im ­Mikromanagement und übersehen das, was eigentlich wichtig ist: Nämlich mutig die richtigen Dinge zu tun und damit ­effektiv zu sein. Guideline dafür können wir im Sinn und im Unternehmenszweck ­finden, die die Ausrichtung unserer Vorhaben bestimmen sollten. Nicht immer sind neue Situationen im Vorfeld abschätzbar, oft ist der Ausgang nicht absehbar, Fokus, Ziel und Purpose geben uns aber die notwendigen Koordinaten. Bei all der Komplexität dürfen Führungskräfte aber niemals ihr Team vergessen: Kirk weiss, dass Wertschätzung, Anerkennung und das Vertrauen in die Fähig­keiten des anderen die Basis für Erfolg sind: Denn, nur gemeinsam kann man in fremden Galaxien bestehen. 

Commander Spock («Mr. Spock»)

Charakteristisch für Mr. Spock ist sein ­legendärer Ausspruch «Faszinierend!», mit dem er auf Phänomene reagiert, die anderen unglaublich, aber auch bedrohlich erscheinen. Damit unterstreicht er seine wissenschaftliche und zugleich neutrale Sicht der Dinge, die dazu beiträgt, dass er knifflige und komplexe ­Situationen eher als Herausforderungen, denn als Gefahren interpretiert. Spocks weit überdurchschnittliche Fähigkeiten im Umgang mit Computern und modernen Technologien retten in mehreren Episoden seine Kollegen und die Enterprise vor dem Untergang. Sein Führungsstil ist sehr sachlich und praxisorientiert, er erklärt seinem Team nicht, was Sache ist, sondern geht mit gutem Beispiel voran.

Was heutige Führungskräfte von Spock lernen können: Obwohl Spock Situationen stets datenbasiert analysiert, verkörpert er als Halbvulkanier (seine Mutter stammt von der Erde) eine wunderbare Mischung aus Rationalität, Logik, aber auch menschlicher Intuition. Dies zeigt sich vor allem in manchen (Extrem-)Situationen, in denen seine menschliche Seite herausbricht, er emotional reagiert und so Herausforderungen meistert, bei denen er mit seiner ­vulkanischen, reservierten Art auf Grenzen stossen würde. Umgelegt auf den Führungsalltag be­deutet das: Es ist gut, wie Spock einen kühlen Kopf zu ­bewahren und seine Entscheidungen daten- und faktenbasiert zu treffen, dennoch empfiehlt es sich, bisweilen das sprich­wörtliche Bauchgefühl in die Überlegungen miteinzubeziehen. Denn, das eine schliesst das andere keinesfalls aus, sondern führt vielmehr dazu, dass man für eine Entscheidung auf vielfältige ­Ressourcen zurückgreifen kann statt «nur» auf Zahlen, Daten und Fakten. 

Dr. Leonard «Pille» McCoy

Leonard «Pille» McCoy war der erste medizinische Offizier und ein guter Freund von Captain Kirk und Mr. Spock. Kirk sucht oft Rat bei McCoy und vertraut sich diesem – gerade in schwierigen Situa­tionen – an. McCoy wiederum scheut sich nicht, gegenüber seinem Captain die Meinung zu sagen, wenn er glaubt, dass Kirk falsch liegt. Zwar hat er nicht das Charisma und den Drive von Kirk oder die logische Denkweise und Ernsthaftigkeit von Spock, ist aber für beide ein wert­voller Gesprächspartner – vor allem, aber nicht nur ausserhalb seines Fachgebiets, der medizinischen Versorgung der Crew der Enterprise. 

Seine berühmten Aussprüche wie etwa «Verdammt Mann, ich bin Arzt, kein ­Physiker!» oder «Was bin ich, ein Arzt oder ein Mondfähren-Schaffner?» verdeutlichen, in welch vielschichtigen Themenbereichen er Kirk zur Seite ste­hen musste. Gerne hält McCoy von sich selbst das Image des «einfachen Land­arztes» aufrecht. Auf der anderen Seite stellt er jedoch seinen scharfen Verstand ebenso oft unter Beweis wie seine mit­fühlende Empathie. 

Was heutige Führungskräfte von «Pille» lernen können: Pille könnte man auch als den Coach oder Mentor in der Organisation bezeichnen. Was ihn ­besonders auszeichnet, sind seine Em­pathie und seine Fähigkeit, sich in Menschen hineinzufühlen. Zu wissen, in ­welchen Situationen es klare Vorgaben und in welchen ein einfühlsames Einzelgespräch braucht, ist eine Schlüsselkompetenz: Empathische Führungskräfte geniessen ein höheres Vertrauen bei ihrem Team, ihre Mitarbeiter reagieren ­offener, sind motivierter und weniger oft von Burnout betroffen. 

Zum anderen ist Pille auch oft in der Rolle des Mentors, der ebenso zuhören wie ­kritisch hinterfragen kann. Pille scheut sich nicht, seinem Chef zu widersprechen. Führungskräfte, die das als Kompetenz erkennen, aktiv fördern und selbst leben, wirken authentischer und werden im Job erfolgreicher sein, weil sie immer ein Team haben, das hinter ihnen steht. 

Legendär waren auch die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Mr. Spock. Auch wenn sie grundverschieden waren, ihr Gegenüber oft nicht verstanden und Missverständnisse nicht immer ausgeräumt werden konnten, war ihre Beziehung von Respekt und Wertschätzung – und in letzter Konsequenz auch Freundschaft – geprägt. Eine ganz aus­sergewöhnliche Professionalität, die sich viele Führungskräfte abschauen sollten, denn in der Auseinandersetzung mit ihren Mitarbeitern, Kollegen und Chefs ­erleichtert sie das berufliche Miteinander enorm und eröffnet völlig neue Möglichkeiten.

Lt. Commander Montgomery «Scotty» Scott

Führungskräfte mit ausgeprägtem Fachwissen sind ein integraler Bestandteil ­jedes Teams, sie bilden sozusagen das Rückgrat der Organisation. Scotty ist geradezu ein Paradebeispiel dafür: Er steht nicht gerne im Rampenlicht, zieht aber im Hintergrund gekonnt die Fäden. Nicht nur ist er selbst in der Lage, in stressigen Situationen und unter extremem Druck Höchstleitungen zu erbringen, er legt mit seiner professionellen Arbeit auch 
die ­Basis dafür, dass Kirk, Spock und Co. ihre Arbeit reibungslos erledigen können und zu den eigentlichen Helden (der Geschichte) werden. 

Versagt unerwartet und aus unklarem Grund der Antrieb, tastet sich Scotty mit seinem Team an die Problemlösung heran, dabei reagiert er schnell und verzahnt sein Handeln mit gut überlegten Entscheidungen. Er setzt auf seine Intuition, die ihn mit neuen Lösungsimpulsen versorgt. Jeder Lösungsversuch wird zu einer neuen Lernerfahrung, die seinen erfahrungsbasierten Wissensschatz vergrössert. Und er macht das ­so lange, bis sich Erfolg einstellt ...

Was heutige Führungskräfte von «Scotty» lernen können: Scotty hat eine besondere Rolle im Topmanagement der Enterprise: Aus Sicht der so­zialen Rollen betrachtet ist er der Helfer, der die Dinge anpackt, sich für nichts zu schade ist und immer dann zur Stelle ist, wenn Not am Mann ist. Führungskräfte müssen um diese Fähigkeiten Bescheid wissen und sie auch im eigenen Team entsprechend personell besetzen. 

«Scottys» sind wertvolle Schlüsselfiguren, die auch keine Angst haben zu scheitern, sondern mutig Neues ausprobieren, schnell lernen und sehr anpassungsfähig sind. Sie sind die Troubleshooter, die – wenn es notwendig wird – komplexe Zusammenhänge verständlich auflösen und Probleme aller Art lösen können. Dabei wissen diese Personen sehr gut um die ­eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten Bescheid, sollten aber regelmässig herausgefordert werden, um ihren klaren Verstand und ihre Lösungskompetenz zu fördern und so weiterzuentwickeln.

Porträt