Die Zukunft des Verwaltungsrates in Aktiengesellschaften wird komplexer und anspruchsvoller. Die Verantwortung steigt. Wir sind in der Übergangsphase vom Industriezeitalter in das Informationszeitalter. Die Herausforderungen dieser sich ändernden Rahmenbedingungen wurden bereits im ersten Teil dieses Artikels («KMU-Magazin», Ausgabe 3/2018) ausführlich beleuchtet. Heutige Führungsgremien befinden sich im Spannungsfeld von Effizienz, dem prägenden Paradigma des ausgehenden Industriezeitalters und der Agilität. Letzteres ist ein entscheidendes Erfolgskriterium im anbrechenden Informationszeitalter. Die entsprechenden Kulturen könnten nicht unterschiedlicher sein.
Das Gelingen dieser kulturellen Transformation für ein neues Zeitalter wird darüber entscheiden, ob eine Firma zukunftsfähig ist. Operativ befinden sich zahlreiche Unternehmen längst im Wandel. In den Verwaltungsräten ist er jedoch weitverbreitet noch nicht angekommen. In diesem zweiten Teil des Artikels zu Smart Boards geht es vor allem darum, konkrete Vorgehensweisen aufzuzeigen, wie sich diese Aspekte durch ganz gezielt gewählte Vielfalt im Verwaltungsrat in eine erfolgreiche Praxis transferieren lassen.
Der VR im Nachfolgeprozess
Die Schweiz verfügt über einen sehr hohen Anteil mittelständischer Unternehmen im internationalen Vergleich. Über 8000 Schweizer Aktiengesellschaften haben mehr als 50 Mitarbeitende. Zusammen mit den Kleinunternehmen sichern sie zwei Drittel aller Arbeitsplätze. Diese mittleren Unternehmen befinden sich überwiegend in privater Hand und sind eigentümergeführt.
Der Verwaltungsrat einer solchen Unternehmung wird noch oft als Formalie verstanden und setzt sich zum Beispiel aus dem Eigentümer-Ehepaar oder den Firmenpartnern sowie dem befreundeten Firmenanwalt oder dem Treuhänder zusammen. Das hat über Jahrzehnte sehr gut funktioniert – Erfahrung und Eigentum machen Strategie. Doch das Prinzip hat Schwächen. Mehr als Tausend solcher Firmen sind aktuell im Nachfolgeprozess. Immer weniger Firmen gelingt eine fa-
milieninterne Nachfolgelösung oder die Übernahme durch die eigenen Führungskräfte. Die Dynamik und Anforderungen eines erfolgreichen Generationenwechsels verändern sich dadurch sehr. Dem Verwaltungsrat eines Unternehmens in der Nachfolge kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Idealerweise ist es das Gremium, das gleichermassen Kontinuität und kritische Distanz in Zeiten grosser Veränderungen und damit einhergehender Verunsicherungen gewährleistet. Und es ist das Team, das die Brücke zwischen den Generationen schlägt und ausgleichend beziehungsweise stabilisierend wirkt in Konflikten, die es unweigerlich gibt.
Unabhängigkeit
Die Unabhängigkeit der Mitglieder im Verwaltungsrat und die Vielfalt der Profile sind in unruhigen Zeiten ausserordentlich wichtig. Warum? Unabhängige Menschen können pragmatischer mit Konflikten umgehen als solche, die familiär oder operativ darin verstrickt sind. Ein Nachfolgeprozess fängt daher beim Verwaltungsrat an, bevor die operative und Eigentums-Ebene in die Veränderung geht. Der Generationenwechsel wird am Schluss mit der Zusammensetzung eines neuen Verwaltungsrates konsolidiert, der für das nachfolgende Führungsteam und deren angestrebte Strategie das richtige Gremium darstellt.