Strategie & Management

Kolumne

Vertrieb: Gib dem Kunden Sicherheit

Ein wesentlicher Hebel, Erfolgspartner für den Kunden zu sein, ist, dessen Sicherheit zu erhöhen. Was ist damit konkret gemeint und wie ist dieser Hebel zu bewegen?
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Wer diese Rubrik regelmässig liest, weiss inzwischen, dass eine der grundlegenden Annahmen darin besteht, dass der Erfolg des Vertriebes sich insbesondere daran entscheidet, ob es gelingt, sich intelligent und konsequent an den Kundenbedürfnissen zu orientieren. Dies gilt auch für ein grundlegendes Bedürfnis, die Sicherheit. Wirtschaftliches Handeln, das auf gesundes, profitables Wachstum ausgerichtet ist, ist grundsätzlich mit Risiken verbunden. Wer wachsen will, muss Risiken eingehen. Die Entwicklung von Märkten, die Akzeptanz von Produkten, Leistungen, Vorgehensweisen, menschliche Handlungen, all dies ist mit Unsicherheit verbunden. Unternehmenseigentümer, -lenker, Führungskräfte und Mitarbeiter, jeder davon trifft Entscheidungen unter Unsicherheit, deren Auswirkungen darüber entscheiden, ob das Unternehmen wächst oder nicht. 

«Sicherheitsberater» für den Kunden

Die Verantwortung eines guten Vertriebes besteht auch darin, dem Kunden ein Erfolgspartner zu sein, also ein Partner, der dabei unterstützt, erfolgreicher zu sein, als man ohne ihn wäre. Ein wesentlicher Hebel hierzu ist es, Sicherheit zu erhöhen. Es geht darum, als Experte, über eine breitere und tiefere Expertise zu verfügen – im speziellen Leistungsfeld – als der Kunde. So gelingt es, fundiertere Ableitungen, Bewertungen und Empfehlungen zu treffen, als es dem Kunden alleine möglich ist. Besucht man einen Arzt, einen Trainer, Steuerberater oder Rechtsanwalt, so erwartet man ebenfalls eine kompetentere Beratung, Empfehlung und Behandlung/Trainingseinheit/Fallbehandlung, basierend auf der jeweiligen Expertise, als wenn lediglich die Kundenanweisungen umgesetzt würden. Die positiven Er­gebnisse, wenn es gelingt, dem Kunden Sicherheit zu geben, sind vielschichtig und reichen vom originären Vertragsabschluss über vertieftes Vertrauen, eine gestärkte Beziehung bis hin zu Empfehlungen und einer erhöhten Erfolgswahrscheinlichkeit für Folgegeschäfte.

Drei Phasen der Vertriebsarbeit

Nachfolgend werden drei Phasen der Vertriebsarbeit unter dem Blickpunkt beleuchtet, welche Hebel zur Verfügung stehen, die Sicherheit des Kunden zu erhöhen. Ausserdem werden drei Säulen beleuchtet, auf denen die Fähigkeit basiert, Sicherheit zu geben:

  • Phase I «Anbahnung»: Um einen Kunden so zu beraten und Leistungen so zu schnüren, dass sie möglichst präzise den Nutzen stiften, den der Kunde wirklich braucht, gilt es zunächst, ihn zu verstehen. Durch eine intelligente Gesprächsführung, echtes Interesse, gute Fragen und Zuhören schafft man ein gesundes Fundament. Wenn die Gesprächsanteile circa 70 Prozent zu 30 Prozent zugunsten des Kunden verteilt sind, ist man auf einem guten Weg. Um die Sicherheit des Kunden wirklich zu erhöhen, ist es gut zu hören, was der Kunde für Ziele hat und was er ausdrückt zu wollen. Eine echte Verbesserung der Situation des Kunden tritt aber erst dann ein, wenn man diese Zielklarheit und die artikulierten Wünsche mit dem eigenen Expertenwissen kombiniert und daraus ableitet, was dieser braucht. Dies im Gespräch gemeinsam herauszuarbeiten, das Wissen des Kunden anzureichern und ein konsistentes Angebot daraus zu schmieden, erhöht die Gelingsicherheit des Unterfangens deutlich. Der Vertrieb schafft dann besonders viel Wert, wenn er dabei hilft auszuwählen, welche Risiken man eingeht und wie man diese möglichst gering hält.
  • Phase II «Angebot und Abschluss»: In der Phase der Angebotsstellung und der Erörterungen rings um ein Angebot lässt sich das Erfolgsmuster «zuhören und verstehen» fortsetzen. Immer wieder wird nicht dem ersten Angebot zugestimmt, sondern es gilt Bedenken aufzunehmen und auszuräumen. Gut fährt man mit dem Grundsatz, dass hinter jedem Einwand ein konkretes Bedürfnis steht, das es gilt, zu entdecken und zu beantworten. Wenn der Einwand lautet, dass ein Angebot «zu teuer» ist, steckt häufig das Bedürfnis dahinter, einen adäquaten Wert sicherzustellen. Also sollte der Wert noch einmal herausgearbeitet werden. Wenn angeführt wird, dass man keine Zeit für ein bestimmtes Projekt hat, kann ebenfalls der Wert noch nicht richtig erkannt sein oder das Bedürfnis nach einer sinnvollen Vereinbarkeit von Projekt und Tagesgeschäft steckt dahinter. Auch dies lässt sich gemeinsam erörtern und eventuelle Fehlannahmen lassen sich ausräumen. All dies erhöht die Sicherheit, derer es bedarf, ein «Ja» zum Angebot zu bekommen.
  • Phase III «Nach Vertragsabschluss»: Die Sicherheit, eine richtige Entscheidung mit dem «Ja» zum Angebot getroffen zu haben, ist häufig unmittelbar nach der Zustimmung verringert. Also lohnt es sich seitens des Vertriebes zu prüfen, welche Hebel zur Verfügung stehen, um möglichst bald nach Vertragsabschluss positive Erlebnisse zu schaffen. Eine Willkommensmappe, ein persönliches Briefing, ein Starttreffen, all dies sind Möglichkeiten, die Beziehung und die Sicherheit gleich nach dem Abschluss wieder zu erhöhen oder weiter zu stärken. Sicherheit bleibt in der gesamten Phase der Zusammenarbeit ein relevantes, wachstumsentscheidendes Thema. Daher empfiehlt es sich, stets eine persönliche Betreuung, einen «direkten Draht», aktive Hinweis auf Veränderungen und regelmässige Kommunikation seitens des Vertriebes sicherzustellen. Der erste Verkauf ist nur der Beginn des Vertriebserfolgs. Folgekäufe, Referenzen und Empfehlungen geschehen häufig nicht von alleine. Aktive Vertriebs­arbeit ist hier der Schlüssel. 

Die Basis für den erfolgreichen Umgang mit Risiken

Um dazu in der Lage zu sein, die Sicherheit des Kunden in Bezug darauf zu erhöhen, auszuwählen, welche Risiken sich lohnen und wie sich diese Risiken darüber hinaus reduzieren lassen, lohnt es sich, die folgenden drei Säulen zu berücksichtigen und zu stärken.

  • Expertentum: Eigene Expertise den Erwägungen des Kunden hinzuzufügen und aus dem Gesamtbild Ableitungen zu treffen, darauf fusst der Beitrag des Vertriebes zur Sicherheit des Kunden. Entsprechend gilt es, eine starke Expertise aufzubauen. Die Grundlagen können vielfältig sein, sie können aus Expertenwissen über einen Markt bestehen, darin über Trends und Entwicklungen in einem bestimmten Bereich genau informiert zu sein, ein Leistungsfeld genau zu kennen oder der Vertrieb kennt die Spezifika des Kunden besonders genau. All dies – und eine Kombination aus verschiedenen Faktoren – kommt in Betracht. Bei aller Expertise bleibt die Klarheit wichtig, dass man nicht alles weiss, man also nicht eine Standard-Lösung für jedes Problem aus dem Schrank ziehen sollte, sondern dass die Würdigung jeder individuellen Kundensituation und echte Bemühungen zu verstehen am Anfang stehen. 
  • Fragekompetenz: Was brauche ich, um ein präzises Angebot zu stellen, ein wirkungsvolles Leistungsangebot zu schnüren und dem Kunden bestmöglich zu helfen? Diese Fragen können am Anfang der Erarbeitung eines eigenen Portfolios an Fragen stehen, die der Vertrieb in der Anbahnung verwendet. Wenn der Vertrieb 30 Prozent der Zeit spricht, durch Fragen führt und der Kunde 70 Prozent der Zeit mit eigenen Beiträgen füllt, dann lohnt sich sicher der Blick darauf, welche Fragen gestellt werden. Es empfiehlt sich, das Fragenportfolio im Vertriebsteam zu erarbeiten und abzustimmen.
  • Vorbereitung: Mit einer guten Vorbereitung steht und fällt der Erfolg der Gespräche zwischen Kunde und Vertrieb. Drei Bestandteile sollte jede Vorbereitung umfassen. 1. Eine Antwort auf die zusammenhängenden Fragen: Warum sollte der Kunde mit uns arbeiten? Welche Ziele hat mein Gespräch mit ihm? 2. Ein gelungenes Frage­konzept, um herauszufinden, was der Kunde will und braucht. 3. Einen Gesprächsleitfaden, der neben den Fragen, die es zu stellen gilt, auch Informationen enthält, die der Kunde erhalten sollte. Abgerundet wird ein  solches Konzept idealerweise mit Antworten auf absehbare Einwände.

«Vertrieb: Gib dem Kunden Sicherheit», so lautet die Aufforderung im Titel die­-ses Artikels. Sicherheit ist ein wertvolles und knappes Gut – gesundes, profitables Wachstum fusst darauf.