Strategie & Management

Unternehmensorganisation II

Unternehmerische Potenziale in Supportabteilungen nutzen

Analysen und Prognosen weisen darauf hin, dass Unternehmen mit einer weiteren Abkühlung der Konjunktur rechnen müssen. Eine mögliche Reaktion auf diese Entwicklung ist das Ausloten verborgener Optimierungspotenziale. Vor allem auch Supportabteilungen bieten noch viel Raum für Ergebnisverbesserungen. Der Beitrag zeigt Ansatzpunkte und gibt Denkanstösse.
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Die angespannten Beziehungen der Titanen auf dem Spielfeld der Weltwirtschaft, die verhaltenen Konjunkturprognosen sowie die global erodierenden Zinsen tragen zur Verstärkung des Wettbewerbsdrucks bei. Selbst nicht exportorientierte Unternehmen spüren die wirtschaftliche Abkühlung und müssen sich auf einen künftig eisigeren Wind einstellen. 

Viele Lösungsansätze zielen auf die Optimierung der Effizienz und Effektivität in Unternehmen ab. Aber was, wenn etablierte Methoden zur Senkung der nichtwertschöpfenden Gemeinkosten an ihre Grenzen stossen, wenn sich die Kostenschere zwischen der Leistungserbringung und den Supportkosten weiter öffnet? 

Ungenutztes Potenzial

Studien belegen, dass in Unternehmen im Bereich der Organisationsstruktur, Prozesse und Schnittstellen enormes ungenutztes Optimierungspotenzial schlummert – und weiter, dass je nach Branche bis zu 50 Prozent der Gemeinkosten durch nicht wertschöpfende Funktionen und Organisationseinheiten verursacht werden. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass diese Studien pointiert ausgelegt wurden und die Realität ein günstigeres Bild zeichnet, sprechen wir immer noch von dramatischen Grössen. Erfahrungen zeigen, dass gezielte Optimierungen, allein im Bereich der Supportab­teilungen, in aller Regel zu eklatanten Ergebnisverbesserungen führen. 

Supportabteilungen haben keinen Selbstzweck. Betrachtet man die Situation von Mitarbeitenden in Supportabteilungen innerhalb eines Unternehmens jedoch genauer, wird die Komplexität erst sichtbar. Mitarbeitende in Supportabteilungen sind Arbeitskollegen ihrer Kunden in der Wertschöpfungskette und zugleich ihre internen Dienstleister. Obwohl ihre Leistungen nicht finanziell abgegolten werden, stehen sie in einem klassischen Kunden-Lieferanten-Verhältnis. Interne Dienstleister stehen nicht im Wettbewerb mit anderen Anbietern, die internen Kunden haben keine Auswahl; will heissen, sie müssen auf die zur Verfügung stehenden Leistungen zurückgreifen.

Zudem werden interne Kundenbeziehungen oft durch Probleme, wie unterschiedliche Positionierung in der Hierarchie, erschwert. In der Praxis werden Supportabteilungen in den seltensten Fällen von ihren Kunden als effizient, geschweige denn effektiv und kundenorientiert bezeichnet. Sie werden häufig als verwaltungsorientierte Einheiten mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Weisungs- und Kontrollverständnis wahr­genommen. Ein Gedankenexperiment dazu: Nehmen Sie an, Sie könnten Ihr Unternehmen auf einer grünen Wiese neu konstruieren. Welche Supportabteilungen würden Sie wieder an Bord nehmen, welche nicht mehr? Welche Auf­gaben aus dem Supportbereich würden Sie zurück in die Wertschöpfung integrieren, auslagern oder gar eliminieren?

Die Positionierung

Im Zentrum der Zielsetzung von Supportabteilungen steht die effiziente und ef­fektive Leistungserbringung. Im Kern der Sache geht es darum, die internen Kunden in aller Konsequenz in ihrem Erfolg proaktiv zu unterstützen. Das bedeutet konkret, sich als Dienstleister auf den internen Markt auszurichten. Um sich als Supportabteilungen zu positionieren, helfen folgende Fragestellungen:

  • Wie verändert sich das Umfeld in unserer Branche und damit die Bedürfnisse unserer Kunden?
  • Welche Dienst- und Serviceleistungen bieten wir in Zukunft an?
  • Welches sind unsere Wettbewerbsvorteile und wie unterstützen wir unsere Kunden in ihrem Erfolg?
  • Wie lautet unser Leistungsversprechen und wie können wir unsere Fortschritte messen?
  • Wie zufrieden sind unsere Kunden mit unseren Leistungen?
  • Wie lautet unser Beitrag zum Unternehmenserfolg?

Die Positionierung von Supportabteilungen ist keine Kosmetik, sondern die Basis für die Ausrichtung auf die Zukunft. Wer heute noch glaubt, dass interne Leistungserbringer nicht im Wettbewerb stehen, nimmt seinen Irrtum spätestens im Rahmen einer Restrukturierung wahr.

Die Orientierung am Ideal 

Was zeichnet einen exzellenten internen Leistungserbringer aus? Um das Thema auf einem ganzheitlichen Hintergrund zu betrachten, empfiehlt sich die Orientierung am EFQM-Excellence-Modell (European Foundation for Quality Management). Unternehmensentwicklung nach dem EFQM-Modell ist zwar kein Garant für Erfolg, aber die heute meistverbreitete Methode, die nachweisbar zur systematischen und nachhaltigen Verbesserung der Wettbewerbsstärke führt. EFQM ist eine Führungsphilosophie und ein Denkmodell, das den künftigen An­forderungen Rechnung trägt. Es stellt Instrumente wie beispielsweise ein Assessment zur Verfügung, mit dem Unternehmen und Organisationseinheiten, auf der Basis ihrer Strategie beziehungsweise übergeordneter Ziele, ihre Leistungsfähigkeit am Ideal reflektieren können.

Im Kontext mit Supportabteilungen kön­nen folgende Schwerpunkte zur Leistungsoptimierung zugrunde gelegt werden: Supportabteilungen exzellenter Organisationen …

  • kennen ihre Kunden und sehen die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen voraus.
  • gestalten und pflegen einen Dialog mit ihren Kunden.
  • binden ihre Kunden in die Entwicklung ihrer Leistungsfähigkeit ein.
  • überwachen und überprüfen die Erwartungen und Wahrnehmungen ihrer Kunden.
  • entwickeln aussagekräftige Messgrös­sen zur Überprüfung ihrer Effizienz und Effektivität.

Das Vorgehen führt zu Verbesserungspotenzialen, Zielen und konkreten Massnahmen, um Supportabteilungen zu optimieren.

Potenziale identifizieren

Wie erwähnt bilden die mittels Assessments eruierten Verbesserungspoten­ziale von Supportabteilungen die Basis für die Entwicklung der «Wettbewerbsstärke». Erfahrungsgemäss sind es einige wenige Verbesserungspotenziale, die sich in nahezu jeder Supporteinheit wiederfinden.

  • Das Kerngeschäft des Unternehmens wird nicht oder zu wenig verstanden.
  • Mitarbeitende in Supportabteilungen sehen sich nicht in der Rolle des internen Dienstleisters. Sie kennen ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg nicht, sind zu weit weg von der Wertschöpfung und nehmen die internen Kunden nicht als solche wahr.
  • Die Bedürfnisse, Ziele und die Herausforderungen der internen Kunden sind nicht bekannt.
  • Die Reaktions- und Durchlaufzeiten sowie die Entscheidungswege sind zu lang.
  • Supportabteilungen messen sich nicht an der Zufriedenheit interner Kunden.
  • Es werden Prozesse implementiert und Instrumente eingesetzt, die aus Sicht der Wertschöpfung wenig effizient und wirkungsvoll sind.
  • Die Führungskräfte von Supporteinheiten nehmen ihre Vorbildfunktion nicht wahr.

Controlling statt Kontrolle

Um dem ramponierten Bild von Supportabteilungen entgegenzuwirken, macht es Sinn, Kontrollfunktionen zurück in die Wertschöpfung zu delegieren. Dazu kommt, dass Qualitätskontrolle durch Dritte im Kontext der Excellence reine Blindleistung ist – sie gehört in den Prozessschritt, in welchem die Leistung erbracht wird. Damit verändert sich die Rolle der Supportabteilung von der vorgebenden, anweisenden, kontrollierenden Instanz zur Kompetenz-, Koordinations-, Support- und Beratungseinheit mit herausragender Service- und Kundenorientierung. 

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad gehen heute so weit, dass sie für die internen Kunden in der Wertschöpfung einen Markt schaffen, um so einen Wettbewerb in den nicht wertschöpfenden Abteilungen zu schaffen. Der Wettbewerb mit externen Dienstleistern erhöht die Qualität der internen Dienstleister.

Best-Practice-Beispiele 

Eine der effizientesten Methoden, die eigene Organisation zu entwickeln, ist die Orientierung an den Besten im Sinne von Best beziehungsweise Good Practice. Marktleader haben in aller Regel innovative und wegweisende Verhalten, Methoden und Instrumente implementiert, die zu besseren Ergebnissen beitragen. Campus Sursee, der Esprix-Award-Winner 2019, hat auf seinem Weg zu Excellence viele Erfolgsrezepte entwickelt und implementiert. So werden zum Beispiel mittels Impuls-Workshops zum Thema «Internes Kunden-Lieferanten-Verhältnis» die Mitarbeitenden mit ihren internen Kunden in den Dialog gebracht, diskutieren über gegenseitige Erwartungen und Potenziale im Bereich der Effizienz und Effektivität. 

«Interne Kundenorientierung ist die ultimative Voraussetzung für externe Kundenorientierung», sagt Thomas Stocker, Geschäftsführer Bildungszentrum Bau. «Wir erachten es als zentralen Erfolgs­faktor, wenn unsere Mitarbeitenden aus den Supportabteilungen an die Front gehen, um das Kerngeschäft unserer Mitarbeitenden im Service, in der Küche sowie im Unterricht kennen und verstehen zu lernen.» Auch kreative Methoden wie die «Tandem-Fahrten» unterstützen im Campus Sursee das abteilungsübergreifende Denken und Handeln, das gegenseitige Verständnis und das unterneh­mens­interne Know-how aufzubauen. Beim Tandemfahren müssen die beteiligten Mitarbeitenden aus Supportabteilungen und aus der Wertschöpfung zusammenarbeiten, um ihr Ziel zu er­reichen. Sie erreichen es nur, wenn sie sich einig sind, wie sie vorgehen, wie die Aufgaben verteilt werden und wie sie sich laufend abstimmen. 

Die ZFV-Unternehmungen, eine tradi­tionsreiche Schweizer Genossenschaft, die in den Bereichen Hotellerie, Gastronomie und Bäckerei-Konditorei mit rund 2800 Mitarbeitenden erfolgreich mitwirkt, führen regelmässig interne Kun­­-
den­zufriedenheitsbefragungen durch. Die relevanten Servicequalitäten, die bei internen Kundenzufriedenheitsbefragungen abgeholt werden, sind Re­aktionsfähigkeit, Leistungskom­petenz Zuverlässigkeit, Kommunikation, Serviceorientierung, Hilfsbereitschaft und Einfühlungsvermögen. Die Ergebnisse aus den Befragungen tragen dazu bei, dass die Mitarbeitenden im Umgang mit ihren internen Kunden sensibilisiert werden, sich mit deren Bedürfnissen beschäftigen und sich durch Benchmarking unter den Supporteinheiten systematisch verbessern.

Verbindliche Leistungen 

Leistungsvereinbarungs-Workshops stellen eine weitere erprobte Best-Practice-Methode dar, mit der Schnittstellen zwischen Supportabteilungen und internen Kunden im Sinne der Optimierung des Mehrwerts vom Leistungserbringer verbessert werden können. Leistungsver­­einbarungen werden in einem kollabo­rativen Workshop entwickelt, abgestimmt und umgesetzt. Sie verschmelzen unterschiedlichste Vorgehensweisen aus verschiedenen Organisationseinheiten zu praxisorientierten Lösungen. Leistungsvereinbarungen sensibilisieren Mitarbeitende in Supportabteilungen für ihre Rolle als interne Dienstleister und dienen zeitgleich als Standortbestimmung. 

Was den internen Kunden als Leistungsversprechen in Form von Standards kommuniziert wird, kann unmittelbat als  KPI (Key Performance Indicator) zur Überwachung der Fortschritte in einem Cockpit abgebildet werden. «Durch die Leistungsvereinbarung konnten wir die Zusammenarbeit mit den Führungskräften in unseren Betrieben und die Prozesse in den Schnittstellen messbar verbessern», so Angela Tauro, Chief Human Resources Officer (CHRO) der ZFV-Unternehmungen.

Kosten optimieren

Natürlich ist es nicht zielführend, für sämtliche Kunden die maximale Leistung zu erbringen. Dies würde zu Überqualität und Ineffizienz führen. Optimale Qualität ist das, was der individuelle Kunde als Vorteil empfindet. Hier findet man den Weg über folgende Fragen:

  • Welchen Servicegrad erwartet ein Kunde?
  • Liegen die Service-Anforderungen der internen Kunden im Rahmen der übergeordneten Unternehmensziele?
  • Ist der Kunde bereit, die geforderten Service-Leistungen zu bezahlen?

Im Umgang mit externen Kunden sind solche und ähnliche Fragestellungen Teil des Geschäfts. Will heissen, Kundenorientierung für Supportabteilungen ist die konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Leistungsbezüger zum bestmöglichen Preis-Leistungs-Verhältnis.

Rahmenbedingungen schaffen

Unternehmen sind gut beraten, wenn sie die Thematik ganzheitlich angehen, neue Arbeitsformen und Kommunikationstech­nologien einsetzen und die Mitarbeitenden in die unternehmerischen Prozesse einbeziehen. 

Um die Schnittstellen zwischen Supportabteilungen und Wertschöpfung optimal zu gestalten, kommt man nicht um nachfolgende Fragestellungen herum:

  • Unterstützen die aktuellen Arbeitsformen unsere Ziele? 
  • Stehen effiziente und wirkungsvolle Kommunikationstechnologien (UCC – Unified Communication and Collaboration) zur Verfügung?
  • Gelangen geeignete Technologien zum Einsatz, die ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen, damit Supportabteilungen näher bei der Wertschöpfung sind? 
  • Haben Mitarbeitende aus Support­abteilungen von anderen Standorten aus Zugriff auf die benötigten Daten?
  • Gibt es Kontaktpunkte, wo sich Mit­arbeitende organisationsübergreifend austauschen und zusammenarbeiten können? 
  • Sind die Mitarbeitenden mit Methoden der teamübergreifenden Zusammen­arbeit vertraut? 
  • Werden die notwendigen Kompetenzen laufend trainiert und weiterent­wickelt?

Supportabteilungen nachhaltig auf eine hohe Kunden-, Leistungs- und Ergebnisorientierung auszurichten, ist eine unternehmerische Aufgabe mit hohem Nutzen für alle Beteiligten. In einem Umfeld, wo die Margen in nahezu allen Branchen erodieren, kann damit ein nicht unerheblicher Beitrag an den Erfolg und damit die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens geleistet werden.

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