Strategie & Management

Fallbeispiel Corporate Culture

Unternehmenskultur als Schlüssel zu einer erfolgreichen Fusion

Nach Fusionen oder Übernahmen stehen Unternehmen vor vielen Herausforderungen. Neben der Umstrukturierung der Prozesse besteht eine grosse Aufgabe darin, eine gemeinsame Unternehmenskultur für die gesamte Belegschaft zu definieren und umzusetzen.

Die Zusammenführung von zwei oder mehr Firmen zu einem einzigen, einheitlichen Unternehmen erfordert ein Fundament gemeinsamer Werte. Unternehmen, die auf dem globalen Markt aktiv sind, brauchen klar definierte Werte und Ziele, die innerhalb und ausserhalb des Unternehmens geteilt und verstanden werden. In einer Zeit des Wandels ist dies wichtiger denn je – es gilt bestehende Mitarbeiter, Partner und Kunden zu behalten und weiterhin die besten Talente zu rekrutieren.

Die Markenzusammenführung

Als der britische Softwarehersteller Aveva mit dem in Frankreich ansässigen Industrie-Software-Geschäft von Schneider Electric fusionierte, stand Aveva vor der Herausforderung, seine Aktivitäten in mehr als 42 Ländern in der EMEA-Region, im asiatisch-pazifischen Raum und auf dem amerikanischen Kontinent zusammenzuführen und eine globale Belegschaft von mehr als 4 600 Mitarbeitern zu vereinen.

Übernahmen und Fusionen sind weder für Aveva noch für Schneider Electric etwas Unbekanntes. Beide Unternehmen konnten bereits eine Reihe von starken Marken zusammenführen. Die Fusion der beiden Unternehmen brachte nun erneut unterschiedliche Unternehmenskulturen verschiedener Standorte zusammen. Der rote Faden bestand darin, dass beide Unternehmen auf einem gemeinsamen Fundament von Industriesoftware stehen und den Wunsch haben, herausragende Lösungen für ihre Kunden zu entwickeln und zu liefern. Die erste Aufgabe bestand darin, Gemeinsamkeiten der beiden Unternehmen zu schaffen, mit denen sich alle Mitarbeiter identifizieren konnten.

Die Schlüsselerkenntnisse

Das Führungsteam von Aveva wollte diese neuen Werte nicht von oben herab durchsetzen. Dies entsprach nicht der Einstellung des Führungsteams. Stattdessen wollte es eine Belegschaft mit gemeinsamen Werten schaffen, damit MitarbeiterInnen und Führungskräfte die neue Unternehmenskultur verstehen und tragen würden. Der gemeinsame kulturelle Rahmen sollte auf organisatorischer und individueller Ebene konsistent sein. Dies ist ein echter Vorteil, denn es hilft den Menschen, die Unternehmenskultur zu verstehen und zu erkennen, was verändert werden muss. Grundsätzlich muss also ein Umfeld geschaffen werden, das die Mitarbeiter motiviert und sie in die Lage versetzt jeden Tag ihre beste Arbeit zu leisten. Mit diesen fünf Key Learning gelingt der Übergang zu einer gemeinsamen Unternehmenskultur:

Gemeinsame Werte von unten nach oben schaffen

Mitarbeiter setzen Kultur und Werte wahrscheinlich nicht um, wenn sie vom Management auferlegt werden. Eine Alternative waren die «Kultur-Cafés», um direkt mit Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. Dort können sie gemeinsam diskutieren, etwa dazu, was ihnen am alten Unternehmen gefiel, welche Werte sie beibehalten und was sie in Zukunft verbessern wollen. Am Ende der Workshop-Phase wird der Input aufgenommen, werden die Ideen verdichtet und gemeinsame Werte geschaffen: Im Falle von Aveva wurden so die Aveva Life-Werte bestimmt: Limitless Possibilities, Integrity Always, Flexibility Together, Excellence Every Day. Das Ganze wurde als echte Mitarbeiterinitiative entwickelt.

Diese Werte beeinflussen, wie Entscheidungen getroffen werden. Es hilft dabei die Unternehmenskultur zu verstehen – die Sammlung von Geschäftspraktiken, Prozessen und Interaktionen, die das Arbeitsumfeld ausmachen. So können Unternehmen zusammengebracht werden. Mithilfe einer Umfrage können individuelle Analysen aller Mitarbeiter durchgeführt werden.

Dies hilft dabei, die kulturellen Profile und persönlichen Stile der Mitarbeiter zu verstehen. Anschliessend werden diese Erkenntnisse mit dem Führungsteam zu einer Zielkultur ausgearbeitet. Durch Kultur-Workshops werden die Mitarbeiter mitgenommen, damit alle verstehen, was auf regionaler und organisatorischer Ebene aufgehört, anfangen und fortgesetzt werden sollte. Dies gibt der Organisation wertvolles Feedback und trägt dazu bei, eine einheitliche Kultur zu schaffen.

Die Mitarbeiter sollen die Unternehmenswerte leben

Nutzen Sie die vereinbarten Werte, um die Entscheidungsfindung zu untermauern. Bitten Sie Ihre Mitarbeiter ausdrücklich darum, regelmässig einzuschätzen, ob ihre getroffenen Entscheidungen mit den gemeinsamen Werten übereinstimmen. Sie sollen ausserdem beurteilen, wann das Verhalten ihrer Kollegen mit der Kultur übereinstimmt, und gegebenenfalls darauf hinweisen, wenn dies nicht der Fall ist. Eine der wichtigsten Triebfedern ist die Förderung des agilen Lernens, bei dem die Mitarbeiter voneinander, von Partnern und Kunden lernen.

Die Unterstützung des Führungsteams gewinnen

Früher war die Unternehmenskultur ein HR-Problem. Nun sind zwar alle Mitarbeiter dafür verantwortlich, es ist aber auch wichtig, dass jede Führungskraft im Unternehmen engagiert ist. Hierfür muss das Führungsteam frühzeitig in Entscheidungen zur Unternehmenskultur einbezogen werden. Das Führungsteam soll ein Vorbild für die gesamte Belegschaft sein. Deshalb sollten auch kulturelle Aspekte in das Programm zur Entwicklung von Führungskräften und in das jeweilige Beurteilungssystem integriert werden.

Die interne und externe Kommunikation mit den Werten in Einklang bringen

Die Personalabteilung muss mit den Marketing-Experten zusammenarbeiten, damit diese die abgesprochenen Werte intern und extern kommunizieren können. Es muss sichergestellt sein, dass die externe Markenkommunikation auch mit den internen Werten und der Kultur übereinstimmt.

Erfolg messen und Erfolge feiern

Um die Wirkungen der Workshops zu messen, müssen Unternehmen verschiedene Parameter vergleichen: die Fluktuationsraten vor und nach den Veranstaltungen, das Engagement der Belegschaft und das Feedback zur Leistungsbeurteilung. In dieser werden alle Mitarbeitenden an den Unternehmenswerten gemessen. Wenn Mitarbeiter einen Workshop beenden, sollte man sie fragen, was sie beenden, beginnen oder fortsetzen möchten, um sich besser an die Unternehmenskultur anzupassen. Dies kann zu einem späteren Zeitpunkt erneut gemessen werden, um Veränderungen auf individueller, Abteilungs- oder Länderebene festzustellen. Erfolg zeigt sich, wenn die Mitarbeiter selbst artikulieren können, was die Unternehmenskultur ist und wenn die Entscheidungen von Führungskräften diese Kultur reflektieren.

In vielen Firmen war Unternehmenskultur bisher ein Wohlfühlthema – jetzt ist es ein strategisches Geschäftsziel. Jede Führungskraft ist dafür verantwortlich, dass alle Mitarbeiter die Unternehmenskultur verstehen. Gemeinsame Werte und eine gemeinsame Kultur fördern das Zugehörigkeitsgefühl und binden Mitarbeiter in Zeiten des Wandels an das Unternehmen. Gemeinsame Werte und eine Unternehmenskultur unterstützen ebenso Unternehmensziele zu Diversität und Inklusion durchzusetzen.

Führungskräfte aller Geschäftsbereiche erkennen zunehmend, dass eine Unternehmenskultur und gemeinsame Werte essenziell für den Erfolg einer Fusion oder einer Übernahme sind. Unternehmen, die hierbei erfolgreich sind, werden auch auf dem globalen Markt Erfolg haben.