Strategie & Management

Krisenmanagement

Unternehmenskrisen erfolgreich bewältigen

Es gibt viele Ursachen für eine Krise, und es kann jedes Unternehmen treffen. Häufig jedoch werden potenzielle Krisensituationen unterschätzt oder als solche nicht erkannt. Der Beitrag beschreibt die Elemente einer Krise und die Hauptkomponenten im Krisenmanagement.
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Irgendwo auf der Welt passiert ständig etwas. Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht von einer Krise hören oder lesen, sei es im politischen, sei es im unternehmerischen Umfeld oder ganz privat. Was ist denn überhaupt eine Krise? Wo fängt sie an, wann hört sie auf, und wie kann man sie entschärfen? Das sind Fragen, die sich jeder verantwortlich handelnde Manager oder Verwaltungsrat stellen sollte.

Krise – ein Definitionsversuch

Gemäss Duden, stammt der Begriff «Krise» aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie trennen, scheiden, beurteilen, Kritik und weist stets auf eine schwierige Situation mit ungewisser Entwicklung hin. Krisen in einem Unternehmen können zum Beispiel dann entstehen, wenn die Lieferkette plötzlich unterbrochen wird, wenn Produkte fehlerhaft sind und zurückgerufen werden müssen, wenn Hackangriffe Computersysteme blockieren oder Daten abgezogen werden.

Fehlleistungen von Führungskräften können die Firma destabilisieren, ein Brand kann zu einem Gebäude- oder Produktionsausfall führen und damit eine Krise auslösen. Oder auch ein Lebensmittelhersteller, der verdorbene Lebensmittel verarbeitet. Sicher entsteht eine Krisensituation, wenn einem Unternehmen ein Reputationsverlust droht, weil dieses mit einem Skandal in den Fokus der Medien gerät. Und Krisenpotenzial hat de­finitiv auch ein Todesfall im Betrieb. 

Es gibt viele weitere Beispiele. Und jeder kennt wenigstens eines. Vielleicht weil wir in einer Funktion im Unternehmen schon einmal selbst so etwas erlebt oder bewältigt haben, weil wir schon einmal durch das «Stahlbad einer Krise» mussten, oder ganz einfach, weil wir in den Medien davon gelesen haben.

Es kann jeden treffen

Eine Krise ist die Folge eines in der Regel unerwarteten Ereignisses von grösserer Tragweite, das unser Leben, unsere Existenz oder die eines Unternehmens bedroht. Sie ist also all das, was unser berufliches und privates Leben oder unser Unternehmen aus den Angeln heben kann. Vielfach hat eine Krise Folgen, die zum Zeitpunkt des Ereignisses nur schwer abschätzbar sind. In Krisensituationen ist man auf einen Schlag auf vielen verschiedenen Ebenen gefordert. Wer schon einmal eine Krisensituation erlebt hat, weiss das. Und zu glauben, dass eine Krise das eigene Unternehmen nicht treffen kann, wäre unverantwortlich. 

Es kommt regelmässig vor, dass Führungskräfte Krisensituationen unterschätzen oder Situationen nicht als Krise erkennen. Wer diese nicht erkennt oder wahrhaben will, hat dann im Ernstfall auch keine oder nur theoretische Vorkehrungen getroffen. Und zum Krisenmanager wird man in der Regel nicht, weil man das schon immer werden wollte, sondern man wird dies meist ausserplanmässig, weil das Unternehmen, für das man
mitverantwortlich ist, plötzlich in einer scheinbar ausweglosen Situation steckt und irgendwer den Karren schliesslich aus dem Dreck ziehen muss. Es lohnt sich deshalb für jede Führungskraft und jeden Verwaltungsrat, sich einmal Gedanken darüber zu machen, wie man mit einer potenziellen Krise umgehen würde. 

Prägende Elemente in der Krise

Ist sie dann da, die Krise, so stehen die Unternehmensverantwortlichen vor betriebswirtschaftlichen und zukunftsweisenden Entscheidungen, die den Betrieb im Fortbestand beeinflussen. Gleichzeitig lastet eine enorme emotionale Belastung auf ihnen. Dabei spielen in der Krise vier prägende Elemente eine Rolle: Chaos, Zeitdruck, ungewohnte Fragestellungen und der Faktor Emotionen. 

Chaos

Zu Beginn einer Krise durchleben Betroffene eine Chaosphase, egal ob es sich um eine Profiorganisation handelt wie Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Armee oder um ein Unternehmen. Das Chaos entsteht dadurch, dass die Verantwortlichen mit einer Flut von Informationen konfrontiert werden. Sehr oft weiss man nicht, ob diese bestätigt oder unbestätigt sind, wahr oder unwahr.

Nicht selten ist es so, dass die Medien anfangs mehr wissen als die von der Krise im Unternehmen Betroffenen selbst. Nicht verwunderlich in einer Zeit, in der jeder ein Smartphone hat und die Medien für gute Bilder und Hinweise auf Krisen und Katastrophen Geld bezahlen. Augenzeugen, Betroffene oder Mitarbeiter geben Journalisten bereitwillig oder unter Schock stehend Auskunft und schicken Bilder. Bei all diesen Informationen aus unterschiedlichen Quellen stehen häufig Schnelligkeit und Emotionalität vor Qualität und überprüfter oder bestätigter Quelle. 

Zudem kommt in der Erstphase einer Krise oft erschwerend dazu, die richtigen Personen an einen Tisch zu bringen, also all jene, die im Unternehmen über Entscheidungskompetenz verfügen. Wie oft kommt es im normalen Führungsalltag vor, dass Schlüsselpersonen aufgrund von Ferienabwesenheit, Teilnahme an Meetings oder Auslandsterminen nicht abkömmlich sind. Diese Problematik der personellen Ressourcen trifft man mehr oder weniger in jeder Krisensituation an.

Zeitdruck

Von Beginn an stehen die Verantwortlichen unter grossem Zeitdruck. Es geht schliesslich um die Existenzsicherung des Unternehmens, und die Fülle an Problemen auf die in der Krise handelnden Akteure ist kaum überschaubar. Es müssen schnellstmöglich Entscheidungen getroffen und Massnahmen eingeleitet werden. Bestenfalls können Unternehmensverantwortliche auf einen vordefinierten und vorbereiteten Krisenstab zurückgreifen, sonst müssen sie die Probleme in einer ad hoc gebildeten Taskforce lösen. In diesen Krisensituationen haben Verantwortliche einerseits viel weniger Zeit zur Verfügung, als in ihrem normalen Führungsalltag üblich ist, andererseits fehlen oftmals wichtige Informationen, um schnell entscheiden zu können. Hinzu kommt, dass von allen Seiten erwartet wird, dass irgendwer das havarierte Schiff vor dem drohenden Untergang rettet. Der Druck, der auf dem Einzelnen lastet, ist immens. 

Ungewohnte Fragestellungen

Krisensituationen sind stets Extremsituationen, die Verantwortlichen werden bei der Bewältigung mit ungewohnten Fragestellungen konfrontiert, solchen, die sie so aus ihrem normalen Führungsalltag nicht kennen. Die persönliche emotionale Betroffenheit kann einen CEO zu hochemotionalen und zeitweise unüberlegten Entscheidungen, ja Schnellschüssen treiben. Dann wird der Ge­mütszustand des Entscheidungs­trägers schlussendlich zu einem ernst zu nehmenden Reputationsrisiko. 

Faktor Emotionen

Von einer Minute auf die nächste ist das Management nicht nur unternehmerisch gefordert, sondern auch emotional. Und gerade diese emotionale Kompo­-nen­te wird in einer Krise oft unterchätzt. Menschliche Urängste, Konflikte und Vorurteile kommen ans Tageslicht und haben schon die hartgesottensten Manager um­gehauen. Denn eine Krisensituation zwingt uns immer aus der Komfortzone, ist ein Schritt ins Unbekannte und das wird stets von grossen Gefühlen begleitet. 

Risikomanagement als Pflicht

Es gibt die unterschiedlichsten Standpunkte und Überzeugungen, was Krisenbewältigung oder Krisenvorsorge angeht. Das reicht von «Bei uns gibt es keine Risiken» über «Wenn dann die Krise da ist, ist es noch früh genug zu reagieren» bis zu «Wissen Sie, mit Krisen setzen wir uns bewusst nicht auseinander, wir sind keine Schwarzmaler». Durch diese Sichtweise kann aus Blauäugigkeit schnell ein blaues Auge entstehen. Welches Unternehmen hat denn schon keine Risiken? Welches Unternehmen ist gänzlich vor einer Krise geschützt? Oder anders gefragt: Wer fährt Auto und wagt sich ohne Fahrzeugversicherung auf die Strasse?

Jedem Krisenszenario gehen Risiken voraus. Als Unternehmer ist man vielfältigen Gefahren ausgesetzt, die in der vernetzten Wirtschaft den Erfolg oder vielleicht sogar die Existenz des Unternehmens gefährden können, egal wel-
cher Grösse und Branche. Es lohnt sich, sich mit Risiken auseinanderzusetzen. Schliesslich ist Risikomanagement eine unternehmerische Pflicht.

Die Vorbereitung

Die Kunst in Krisen ist, mögliche Probleme zu erkennen, richtig zu bewerten, Prioritäten zu setzen und nicht zuletzt den Mut aufzubringen, diese zu benennen und Entscheidungen zu treffen. Eine Krisenvorbereitung lohnt sich im Unternehmen und ist letztlich gar nicht so schwer. Denn mit einer gewissen Vorbereitung ist man im Krisenfall kein Spielball der Ereignisse, sondern behält selbst das Zepter in der Hand. Für ein wirksames Krisenmanagement braucht es:

  • Organisation: Definieren, welche Personen aus dem Unternehmen geeignet sind, im Ernstfall einen Krisenstab (Krisenmanagementteam) zu bilden. Wer verfügt über Entscheidungskompetenz, geniesst Akzeptanz im Unternehmen und ist dazu auch mental in der Lage? Dazu Telefonnummern der Krisenstabsmitglieder sowie von anderen wichtigen Stellen bereithalten, damit diese Personen im Notfall auch umgehend erreicht werden können. 
  • Infrastruktur: Damit der Krisenstab im Notfall auch funktionieren kann, braucht es eine zweckmässige und rasch verfügbare Führungsinfrastruktur. Idealerweise bestimmt man dazu ein Sitzungszimmer in den Firmenräumlichkeiten, das mit einfachen Handgriffen in einen Führungsraum umgewandelt werden kann. 
  • Prozesse: Der Krisenstab muss das Ereignis strukturiert bearbeiten können und dazu braucht es Kenntnisse über die Abläufe und die Arbeitsweise in einem Krisenstab. Dazu gibt es bewährte Prozesse, die das Chaos in einer Krise in eine geordnete Führung überführen können. Als Vorbild dienen hier bewährte Reglements und Richtlinien von Blaulichtorganisationen und Armee, denn in diesen Organisationen gehört das Notfall- und Krisenmanagement zum Kerngeschäft. 

Gefahr und Chance

In unseren Breitengraden hat der Begriff «Krise» einen fast ausschliesslich negativen Beigeschmack. Das ist zum Beispiel in China anders. Das chinesische Wort dafür besteht aus zwei Schriftzeichen. Das eine bedeutet «Gefahr» – das andere «Chance». Das trifft es genau. Eine Krise ist nicht per se der Untergang, es kommt immer darauf an, wie eine Krise bewältigt wird. So unangenehm Krisen sein mögen, oft haben sie auf lange Sicht gesehen etwas Gutes. Sie wecken Kraftreserven und fördern die persönliche Entwicklung. Man setzt sich mit Verbesserungen und Fortschritten auseinander und muss zusammenstehen, wenn man erfolgreich sein will. Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch hat einmal gesagt: «Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.

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