Strategie & Management

Automobile Trends und Flottenmanagement V

Umweltfreundliche Fahrzeugtechniken – ein Überblick

Heute werden Elektroautos propagiert und gefördert. Aber ob diese wirklich so umweltfreundlich sind, wie man behauptet, darüber gibt es verschiedene Meinungen. Eine andere interessante Möglichkeit sind synthetische Kraftstoffe, die auf CO2-neutrale Art hergestellt werden. Eine neue Entwicklung sind Modulfahrzeuge, auch diese sollen umweltfreundlich sein.
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Eine Studie des Ifo-Instituts, München, vergleicht aufgrund von offiziellen Messdaten zwei Mittelklasseautos, den Mer­cedes C 220 d und das neue Tesla Mo­del 3, bezüglich ihres Verbrauchs an Diesel, beziehungsweise Strom. Dabei wurde auch eine Metastudie für den Kohlenstoffdioxid-Ausstoss bei der Bat­terie­fertigung berücksichtigt. Es zeigte sich, dass der CO₂-­Ausstoss des Elektromotors im günstigen Fall um etwa ein Zehntel und im ungünstigen Fall um ein gutes Viertel über dem Ausstoss des Diesel­motors liegt. 

Unterschiedliche Bewertung

Besonders umweltfreundlich ist laut Ifo der mit Methan betriebene Verbren­nungs­motor, der um ein knappes Drittel unter dem Dieselmotor liegt. Die Was­serstoff-Methan-Technologie hat folgende Vorteile: Bisher sei sie der einzig funktionierende Weg zur Speicherung der über­schiessenden Stromspitzen des Wind- und Sonnenstroms. Und selbst wenn das Methan aus fossilen Quellen stammt, würde der CO₂-Ausstoss erheblich geringer.

Beim Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) kritisiert man die Ifo-Studie mit folgender Begründung: Im Falle des unterstellten Elektrofahrzeugs wird ein nicht repräsentatives Mittelklassefahrzeug mit sehr hoher Batteriekapazität gewählt. Dass die Treib­hausgasemissionen aus der Stromproduktion in den nächsten Jahren sinken, was man beim Fraunhofer-Institut für sehr wahrscheinlich hält, wird nicht in die Bilanz einbezogen. Anstelle von Realverbräuchen würden Normverbräuche bei Pkw unterstellt. Die Tatsache, dass Ele­ktrofahrzeugnutzer heute zu knapp 50 Prozent eine PV-Anlage besitzen, überproportional häufig kombiniert mit Speichern, und /oder einen Ökostromvertrag abgeschlossen haben, würde nicht berücksichtigt. Nach Fraunhofer-Institut sind neben der Batteriegrösse auch die bei der Herstellung anfallenden Treib­hausgasemissionen pro Batteriekapa­zität (kWh) entscheidend. Dabei sind grosse Unterschiede möglich. 

Die durchschnittliche Batteriegrösse der in Deutschland im Jahre 2018 verkauften Elektrofahrzeuge im Segment Mittelklassefahrzeuge betrug laut Fraunhofer-Institut 30 kWh. Mit dieser Voraussetzung hätten die Elektrofahrzeuge eine bessere Klimabilanz, als die Ifo-Studie ergibt.

Lithium-Schwefel-Batterien

Lithium-Schwefel-Batterien wurden von Wissenschaftlern der Monash University, Melbourne, Australien, entwickelt. Auch Fraunhofer IWS arbeitet seit zehn Jahren an der Entwicklung von Lithium-Schwefel-Zellen und verfügt über ein Patentportfolio zu verschiedenen Schlüsselkom­ponenten und bietet externen Partnern an, neue Material-Entwicklungen zu transferieren und zu bewerten. 

Bei der Lithium-Schwefel-Batterie (Li-­S-Batterien) wird elementarer Schwefel als Aktivmaterial eingesetzt. Bei der Entladung der Batterie wird der Schwefel in Lithiumsulfid umgewandelt. Jedes Schwefelatom bindet dabei zwei Lithium-Ionen und hat damit eine deutlich höhere spezifische Kapazität als alle Materialien, die aus der Lithium-Ionen-Technik bekannt sind. 

Die spezifische Kapazität wird in der Regel auf die Masse bezogen. Eine Ein-Kilogramm-Li-S-Batterie hat eine viermal höhere Kapazität als eine Ein-Kilogramm-Li-Ionen-Batterie. Der Energieinhalt setzt sich zusammen aus Kapazität und Spannung der Batteriezelle (die ist abhängig vom Batterietyp). So ergibt sich, bezogen auf die Masse, ein circa doppelt so hoher Energieinhalt pro Kilogramm für Li-S im Vergleich zur Li-Ionen-Technik.

Bisherige Lithium-Schwefel-Zellen haben aber einen entscheidenden Nachteil: die geringe Lebensdauer von lediglich wenigen 100 Zyklen. Am Fraunhofer IWS entwickelt man Lösungen für die genannten Herausforderungen im Zusammenspiel von Kathodenmaterialien, Elektrolyten und Anodenmaterialien. Für die Weiterverarbeitung dieser Ma­terialien wurde ein eigenes, lösungs­mittelfreies Elektroden-Herstellungs­ver­fahren entwickelt – bei der Produktion herkömmlicher Li-Ionen-Zellen werden giftige Lösungsmittel angewendet. Noch ist nicht klar, wie man das Element Lithium recyceln kann. 

Ob die Li-S-Batterie im Elektrofahrzeug Vorteile hat, hängt stark vom verfüg­baren Bauraum ab. Besonders attraktiv ist die Li-S-Technologie für die Luftfahrt, zum Beispiel Pseudosatelliten und Drohnen, wo besonders das geringe Gewicht der Zellen nützlich ist. Weitere Vorteile sind eine hohe Verfügbarkeit und die geringen Kosten von Schwefel, der ein Abfallprodukt der Ölindustrie ist. Nickel und Kobalt, deren Kosten vom Markt abhängen, werden für diese Batterietechnik nicht gebraucht. In den nächsten fünf Jahren sind Demonstrationsprojekte, zum Beispiel für Flug-Anwendungen in Pseudosatelliten und Drohnen, zu er­­warten. Aktuelle Untersuchungen an einzelnen Zellen zeigen zusätzlich deut­liche Sicherheitsvorteile bei den Lit­hium-Schwefel-Zellen.

Die graue Energie

Sehr zu empfehlen ist das Buch von Winfried Wolf «Mit dem Elektroauto in die Sackgasse». Darin stellt er Folgen­des fest: «Beim E-Pkw ist der Energiebedarf für die Produktion des Fahrzeuges enorm.» Er erwähnt eine Studie, die von Mia Romar und Lisbeth Dahllöf im Auftrag des schwedischen Umweltministeriums erstellt wurde. Nach dieser müsste ein Elektroauto von der Grösse eines Tesla Models S acht Jahre lang fahren, bis es sich ökologisch lohnt. Bei der Herstellung werden pro Kilowattstunde Speicherkapazität rund 150 bis 300 Kilo CO₂-Äquivalente freigesetzt. Der Autor kommt zum Schluss: «Im Fall des Tesla Model S mit 85 kWh wären das bis zu 17 Tonnen CO₂. Zum Vergleich: Der jährliche Pro-Kopf-Ausstoss an CO₂ in Deutschland beträgt 8,9 Tonnen.» 

Die graue Energie ist generell nicht zu unterschätzen, auch nicht die für den Transport. Ein Containerschiff braucht gut und gern 10 000 Liter Schweröl pro Stunde oder, und leider immer noch, Ölschlamm, das billigste Abfallprodukt­ der Ölindustrie. Angenommen, das Schiff ist mit 5000 Autos beladen, macht pro Auto und Stunde zwei Liter Schweröl, für einen Tag also 48 Liter. Wenn ein Schiff zum Beispiel von Japan bis Hamburg 20 Tage unterwegs ist, verbraucht es 960 Liter Schweröl pro Auto. Mit dieser Menge könnte das Auto mehr als 13 000 Kilo­meter fahren.

Bei Elektrofahrzeugen stellt sich na­türlich auch die Frage, woher der Strom denn kommen soll. Wenn man wie in Deutschland die Kohlekraftwerke abschaltet und Kernenergie ablehnt, dürfte es fast nicht möglich sein, Millionen von Elektrofahrzeugen zu versorgen. Ob in der Schweiz die Energieproduktion ohne Atomkraftwerke ausreicht, müsste man berechnen.

Umweltfreundliche Kraftstoffe

Professor Urs A. Weidmann ist Gründer und Leiter mehrerer Unternehmen. Das Zukunftsprojekt sind die Minikraftwerke Econimo. Diese werden mit dem umweltfreundlichen Kraftstoff Methanol betrieben, der sich auch für Autos einsetzen lässt. Methanol lässt sich aus Strom, CO₂ und Wasser in einem einfachen, einstufigen Syntheseverfahren erzeugen. Dieses Verfahren kann zentral in Grossanlagen oder dezentral in Kleinanlagen erfolgen und zwar dort, wo zeitweise Überschussstrom produziert wird, zum Beispiel bei Solaranlagen und Kernkraftwerken, die man aus ökonomischen und technischen Gründen dauerhaft betreiben muss. So wird Methanol zu einem flüssigen Stromspeicher. 

Methanol lässt sich mit einem gewöhn­lichen Öltanker, der einmal gereinigt wurde, transportieren, weil dazu im Vergleich zu LNG (Flüssigerdgas) weder Überdruck noch Kühlung nötig ist. Der Schiffstransport über Wasser erzeugt die geringsten Reibungsverluste. Das Methanol lässt sich natürlich auch zum Betreiben des Schiffes selbst einsetzen, was um einiges umweltfreundlicher ist als Schweröl, mit dem die meisten der Schiffe heute fahren. 

Methanol wird in der Natur sofort abgebaut, darum kommt es in der Natur fast gar nicht vor. Holt man das CO₂ zur Herstellung direkt aus der Atmosphäre, produziert man einen CO₂-neutralen Brenn- oder Treibstoff. Durch Verbrennen von Methanol entstehen kein Russ und keine giftigen Abgase. Methanol kann man Jahrhunderte lang aufbewahren, im Gegensatz zu gewöhnlichem Heizöl. 

Methanol kann traditionell aus Holz (Holzverzuckerung), Erdgas oder Kohle produziert werden. Aber der ungarische Professor Georg A. Olah hat Verfahren für die Methanolwirtschaft entwickelt, mit dem sich Methanol aus Bestandteilen der Luft erzeugen lässt, zum Beispiel aus Industrieabgasen oder aus der At­mosphäre. Ohla hat für die Entwicklung des von ihm vorgeschlagenen Kataly­sators 2005 den Nobelpreis erhalten. 

Die Econimo-Drive AG entwickelt eine Wandlungseinheit, mit welcher M99-Methanol in Strom umgewandelt werden kann. Dieser thermophotovoltaische Wandler ermöglicht eine Anwendung in verschiedenen, mobilen Einsatzbereichen. Die Econimo-Wandler liefern den Strom für alle Arten von Elektroantrieben und sorgen für eine umweltfreundliche, CO₂-neutrale Fortbewegung. Neben Autos, Notstromgeneratoren, Elektrorasenmähern oder E-Bikes können auch Schiffe, Baumaschinen oder Flugzeuge mit dem Econimo-Wandler angetrieben werden. So sind keine Batterien nötig, bei denen Aufladen lange dauert.

Brennstoffzellen-Technologie

Bosch hat mit Ceres Power, die Festoxid-Brennstoffzellen-Technologie (SOFC) entwickelt, 2018 eine strategische Ver­einbarung geschlossen. Im Januar 2020 hat Bosch seinen Anteil an Ceres Power von 3,9 Prozent auf rund 18 Prozent erhöht. Gemeinsam entwickeln die Unternehmen Brennstoffzellen-Säulen für stationäre Anwendungen. Im Herbst 2019 begann Bosch in Deutschland mit einer Kleinserienfertigung dieser Brennstoffzellen-Systeme. Die Technik soll unter anderem bei kleinen dezentralen Kraftwerken und beim Betreiben von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen. Es geht darum, Verbrennungsmotoren, die mit CO₂-neutralen synthetischen Kraftstoffen, auch E-Fuels genannt, zu betreiben. Dafür benötigt man keine Pflanzen, die besser als Nahrungsmittel dienen, das ist ein grosser Vorteil. Zur Herstellung dient zum Beispiel das Fischer-Tropsch-Verfahren. Dieses wurde von Franz Fischer und seinem Mitarbeiter Hans Tropsch in Mülheim an der Ruhr 1925 entwickelt und dient zur Umwandlung von Synthesegas (CO/H₂) in flüssige Kohlenwasserstoffe. Grosstechnisch wurde das Verfahren ab 1934 von der Ruhrchemie AG angewandt. 

E-Fuels können mit herkömmlichen Kraftstoffen gemischt werden und damit den CO₂-Ausstoss senken. Mit dem Aufbau grösserer Produktionskapazitäten sowie sinkenden Kosten für die Erzeugung erneuerbaren Stroms werden synthetische Kraftstoffe günstig, bis 2030 sollen reine Kraftstoffkosten von 1,20 bis 1,40 Euro pro Liter realisierbar sein. 

Modulfahrzeuge

Das autonome, fahrerlose, elektrische Fahrzeugkonzept U-Shift ermöglicht durch die Trennung von Fahrmodul und Transportkapsel eine neue Art der Mo­dularität, neue Produkte und Geschäfts­modelle. Das Fahrmodul lässt sich in Kom­bination mit verschiedenen Kapseltypen zum Transport von Personen oder von Gütern einsetzen. Dabei arbeiten verschiedene Projektpartner zusammen:

  • Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Fahrzeugkonzepte (FK). Dieses erforscht, entwickelt und bewertet neue Fahrzeugkonzepte und -technologien für Strassen- und Schienenverkehr aus den Blickwinkeln Technik, Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. 
  • Universität Ulm, Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik (MRM)
  • Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS)

Das autonome Antriebsmodul integriert alle für den Fahrbetrieb notwendigen Komponenten und Systeme, elektrische Antriebs-, Batterie- und Automatisierungskomponenten sowie ein integriertes Hubsystem für den einfachen und schnellen Austausch verschiedener Kapselarten. Die Kapseln werden während des Betriebs gewechselt, um neue Verkehrs- und Mobilitätsdienste zu ermöglichen.

Mit mehreren Partnern soll bis Mitte 2020 ein reales Modell des Fahrzeugs gebaut werden, inklusive Funktionselementen wie dem Hubsystem. Das Projekt «U-Shift I» wird vom «Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg» gefördert. In einem Feldtest wird ein erstes U-Shift-Fahrzeug eingesetzt, um seine Funktionalität unter realen Bedingungen zu demonstrieren. Vorgesehen ist der Einsatz im Hub2Hub-Güterverkehr sowie Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Gleichzeitig wird eine Studie («U-Shift Control») für einen neuen Ansatz zur infrastrukturbasierten Automatisierung und Verkehrssteuerung erarbeitet. 

Serienproduktion bei Rinspeed

Auch Rinspeed setzt auf modulare Fahrzeuge. Laut Frank M. Rinderknecht ist bei diesem Unternehmen der entscheidende Schritt Richtung Serie schon getan. Rinspeed demonstrierte mit dem «Snap» und dem «Microsnap» in den vergangenen beiden Jahren auf der CES in Las Vegas Fahrzeuge, bei denen Fahrwerk und Aufbauten eigene Wege gehen. Durch die Trennung der beiden Fahrzeugkomponenten lassen sich Probleme lösen, die sich durch die immer stärker divergierenden Lebenszyklen von Hardware und Software ergeben. Das dient auch der Nachhaltigkeit. Durch die flexible Nutzung verschiedener Aufbauten reduzieren diese Fahrzeuge nicht nur die Anzahl der sündhaft teuren und systembedingt kurzlebigen automatisierten Fahrzeuge, sondern sie bedienen – je nach Tageszeit und aktuellen Bedürfnissen – die unterschiedlichen Transportanforderungen für Personen und Waren.

Modularen Mobilitätssystemen gehört die Zukunft. Das zeigt die Zahl der Nachahmer in der Industrie, die Rinspeeds Idee aufgegriffen haben. Allerdings müssen die Systeme auch wirtschaftlich rentieren, um sich auf breiter Ebene durchzusetzen. Deswegen präsentiert Rinspeed jetzt den «Metrosnap», ein einfaches, schnelles, sicheres und preisgünstiges Wechselsystem für die Aufbauten, für welches das Schweizer Unternehmen Patentschutz beantragt hat. Angewendet wird eine von der Luftfahrt inspirierte und dort weltweit und unter allen Wetterbedingungen erprobte Wechselsys­tematik. Der gewünschte Service nun schnell und einfach zum Kunden, unabhängig davon, wo dieser sich gerade befindet. Dank der Verteilung der Batterien auf den «Pod» (Aufbau) und das «Skateboard» (Chassis) muss man das Fahrzeug nicht mehr zum Laden par­kieren. Der Ladevorgang findet elegant und zeiteff­i­zient beim Reinigen oder Beladen des «Pods» statt, die Aufbauten samt Batterien lassen sich innerhalb von Sekunden tauschen. Die Weltpremiere des «Metro­snap» fand am 7. Januar 2020 auf der CES in Las Vegas statt. 

Fazit: Ein Vergleich zwischen den beiden Modulsystemen Metrosnap von Rinspeed und dem U-Shift-Modulfahrzeug zeigt sofort einen gravierenden Unterschied: Beim Rinspeed-System braucht es eine Wechsel- und Parkplattform, weil die Module von der Seite eingeschoben werden. Bei der U-Shift-Technik fährt das Fahrzeugmodul über die Transportkapsel. Und wie immer hat alles seine Vor- und Nachteile. In der U-Shift-Kapsel ist dadurch weniger Platz für Waren oder Personen.

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