Wirksame Führungskommunikation nutzt viele Formate, darunter auch Storytelling. Storytelling ist allerdings kein Werkzeug, das auf alle Führungssituationen des Unternehmers passt. Gute Kommunikation ist an die Situation angepasst und spricht Gefühl und Verstand an. Es kommt auf den passenden Einsatz jeder Kommunikationsmassnahme an. Der Beitrag behandelt den strategischen Einsatz des Storytelling.
Hochkunjunktur für Storytelling
Storytelling hat vor allem in schwierigen Zeiten Hochkonjunktur. Denn dann gibt es viele Geschichten zu erzählen, die bewegen. Die Gründe dafür:
- Viele Unternehmer, Kunden und Mitarbeiter sind gezwungen, zu «Helden» zu werden. Das ist eine der Zutaten zu einer guten Geschichte.
- Viele Unternehmer und Mitarbeiter kämpfen ums Überleben des Betriebs. Somit steht schon die zweite Zutat.
- Viele Unternehmen haben gerade jetzt eine Botschaft an Mitarbeiter und Kunden zu verkünden. Botschaften wie: Wir sind kreativ. Wir finden Lösungen. Wir geben nicht auf. Wir brauchen Unterstützung. Damit ist eine weitere Zutat für eine gute Geschichte vorhanden.
Gerade weil es jetzt so viele mögliche Inhalte für Geschichten gibt, sind diese zu sammeln und in einer Storydatenbank abzulegen. Diese Storys werden dann strategisch bei Bedarf an der passenden Stelle erzählt.
Der strategische Ansatz
Erstens: Der Unternehmer erzählt sich selbst neue Storys, um in einen kraftvollen Zustand zu kommen. Zweitens: Er erzählt seinen Mitarbeitern Storys, um sie bei der Stange zu halten oder eine Kulturänderung herbeizuführen. Drittens: Er erzählt seinen Kunden Geschichten, um diese immer wieder zu begeistern und um neue Kunden zu finden.
Warum sollte der Unternehmer zuerst sich selbst aufbauende Storys erzählen? Die derzeitige Krise stellt den Unternehmer in der Regel vor echte und bisher ungeahnte Probleme. Besonders wichtig in solchen Zeiten ist, die Angestellten bei der Stange zu halten. Mitarbeiter, die vor Angst um ihren Job und die Zukunft gelähmt sind, sind nicht in der Lage, dem Unternehmen aus der Krise herauszuhelfen.
Geschichten, die sich Unternehmer selbst erzählen können: Zum Beispiel die Geschichte, als vor vier Jahren einer der Kunden unerträglich war und als vor zwei Jahren ein Kunde die Rechnung nicht bezahlte oder letztes Jahr, als ein Kunde immer noch mehr Leistung für noch weniger Geld wollte. Leider sind diese Geschichten emotional stark negativ besetzt. Zudem hat der Unternehmer sich diese schon sehr oft erzählt. Das versetzt ihn nicht in die Lage, schwierige Probleme zu bewältigen.
Seit dem Shutdown der Wirtschaft geht es allerdings für viele Unternehmen nur noch ums Überleben und Durchstehen der Krise. Der Umsatz bricht ein, die Lieferkette ist unterbrochen. Manche Unternehmen müssen Insolvenz anmelden. Die Gedanken kreisen um diese Themen. Das macht es besonders schwierig, sich selbst aufbauende Storys zu erzählen. Unternehmer sollten daher bisher überwundene Hindernisse und Probleme einer vertrauten Person erzählen. Ist dies nicht möglich, könnte ein Coach hinzugezogen werden.
Storys für Mitarbeiter
Alle guten Geschichten sind nach einem ähnlichen Muster aufgebaut, das der Forscher Joseph Cambell als Heldenreise bezeichnet hat. Das komplette Modell kann in diesem Beitrag nicht umfänglich beschrieben werden, daher folgt ein vereinfachter Leitfaden nach Unternehmercoach Stefan Merath. Folgende sieben Fragen hat der Unternehmer demnach zu beantworten.
- Wer ist der Held? Zum Beispiel B. Ueli, einer der Mitarbeiter.
- Wann beginnt die Geschichte? Zum Beispiel am 12. Oktober 2019, als er ein Projekt übernommen hat.
- Wann endet die Geschichte? Zum Beispiel am 20. März 2020, als er das Projekt abgeschlossen hat.
- Was will der Held? Ein starkes Projekt abliefern, das den Kunden vom Hocker haut.
- Was ist das Problem? Anfangs gibt der Kunde dem Projekt einen viel zu niedrigen Stellenwert. Ab Januar 2020 wird die Arbeit immer schwieriger, weil sich durch den Grippe-Virus immer mehr Mitarbeiter Gedanken machen. Einige fragen sich, wie lange sie ihren Job noch behalten werden. Der Marketingleiter sperrt sich gegen das Projekt, weil er das Projekt gerne von einer anderen Softwarefirma bearbeitet hätte. Zufälligerweise gehört diese Firma einem guten Kollegen von ihm. Mit weiteren Problemen wird das Projektteam von Ueli verwirrter und demotiviert.
- Was ist die Lösung? Ueli überwindet seinen wachsenden Ärger gegenüber den Mitarbeitern des Kunden und dem Marketingleiter. Ein Coach hilft ihm, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Mitarbeiter, die um ihren Job fürchteten, verstehen nun, was sie vom Projekt haben. Der Marketingleiter gibt seine Attacken auf. Alle Beteiligten vereinbaren eine enge und intensive Zusammenarbeit. Das Team von Ueli soll in der meisten Zeit in den Räumen des Kunden arbeiten. Sie werden gerade noch rechtzeitig fertig, bevor sie nur noch über Videokonferenz arbeiten dürfen. Zugleich führt Ueli das agile Projektmanagementsystem Scrum ein. Das verbessert die Kommunikation untereinander und mit dem Kunden nochmals.
- Was ist die Bedeutung? In unserer Firma bewältigen wir Ärger und lösen unsere Probleme schnell, kreativ und kooperativ mit unseren Kunden.