Wenn sich eine Gruppe von fünf bis neun Personen unterschiedlicher Herkunft alle zwei Monate für ein paar Stunden Sitzung trifft und dabei die strategische Gesamtverantwortung für ein Unternehmen mit bis zu hunderten von Arbeitsplätzen trägt, dann sind die Anforderungen an die einzelnen Menschen und die Qualität ihrer Vorbereitung und Zusammenarbeit hoch. Das Gesetz sieht vor, dass der Verwaltungsrat die Strategie vorgibt und die Geschäftsleitung sie umsetzt.
Der «swiss code of best practice for corporate governance» gibt bewährte Anleitungen, wie ein Verwaltungsrat gut funktioniert. Professionalität, Unabhängigkeit und Vielfalt haben in den letzten Jahren im Verwaltungsrat enorm an Bedeutung gewonnen.
Grosse Unterschiede
In einer zunehmend komplexen, volatilen und von Unsicherheiten geprägten Welt verlangt Strategiearbeit zudem ein steigendes Mass an Agilität. Verwaltungsräte müssen schritthalten können mit den Erkenntnisgewinnen in den operativen Gremien der Firmen. Oft sind die operativen Kräfte dem strategischen Gremium jedoch spürbar voraus – besonders, wenns um digitale Transformation geht. In einer Geschäftswelt, die von den Möglichkeiten der Digitalisierung angetrieben wird, ist das Verständnis der Grammatik von Informationstechnologie eine Grundvoraussetzung für zukunftstaugliche Entscheide und Handlungsimpulse. Wirtschaft und Gesellschaft sind mitten im Umbruch vom funktionalen Maschinenzeitalter zum digitalen Informationszeitalter. Dabei verändern sich die Grundannahmen. Im Maschinenparadigma war «Effizienz» das Leitziel – im beginnenden Informationszeitalter sind Tempo sowie Geschicklichkeit der Anpassung zentral, «Agilität» eben. Dabei steigt die Komplexität enorm.
Jene Menschen, die bereits in dieses Zeitalter hineingeboren wurden, nennt man «Digital Natives». Sie haben oft ein anderes – ein aktuelleres und zukunftsfähigeres – Betriebssystem im Kopf. Sie sind ein wenig anders gestrickt als die Generation davor: schneller und anpassungsfähiger. Das ist nicht immer kompatibel mit den erfahreneren Kräften, die auf Effizienz getrimmt sind. Darum gilt es, wachsam zu sein, denn Erfahrung kann in Zeiten des Umbruchs durchaus behindernd wirken. Und wie immer in den Phasen grosser Veränderungen lösen fundamentale Unterschiede gegenseitige Abwehr aus.
Silos abbauen
Es ist einfach, mit gleichgesinnten Menschen zusammenzuarbeiten, denn man ist sich oft einig. Das ist angenehm, aber gefährlich, denn man hat dieselben blinden Flecke. Aus unterschiedlichen Perspektiven und Prioritäten entstehen Konflikte sowie Missverständnisse. Das mag unangenehm sein, doch Weiterentwicklung und Innovation brauchen intensive Auseinandersetzung und bewusste Vielfalt der Betrachtung. Doch das geht nicht reibungslos: Verschiedenheit verursacht Stress. Darum ist es von entscheidender Bedeutung, die Unterschiedlichkeiten in Teams erkennen, verstehen und sie konstruktiv nutzen zu können. Das verlangt von allen Beteiligten ein breites Repertoire an zwischenmenschlichen Fähigkeiten, denn es liegt auf der Hand, dass es nicht reicht, wenn der Verwaltungsratspräsident oder der CEO als Einziger den Durchblick hat und die Teams vereinzelt wirken lassen.
Moderne Führungskräfte versuchen, Silos in Unternehmen abzubauen und die Kollaboration zwischen den verschiedenen Geschäftsbereichen zu fördern. Mit Recht. Wirkungsvolle Teamarbeit braucht die Integration von unterschiedlichen Perspektiven, selbst wenn man sie als Einzelner nicht alle umfassend versteht. Es bleibt also nichts anderes übrig, als gelegentlich und gezielt einfach zu vertrauen. Das geht umso leichter, wenn man weiss, dass die richtigen Leuten, an Bord sind.