Strategie & Management

Human Resource Management

Returnships als eine Antwort auf den Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel, unter anderem verursacht durch den demografischen Wandel, stellt Schweizer KMU vor wachsende Herausforderungen. Ein Arbeitskraftpotenzial, das hier eine Lücke schliessen könnte, ist das der «Returnees», Rückkehrer also, die aus familiären Gründen eine Karrierepause eingelegt haben.
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KMU wie auch Grossunternehmen stehen aktuell vor grossen Herausforderungen bezüglich fähigen Arbeitskräften. Die geburtenstarken Jahrgänge kommen langsam ins Pensionsalter und die Lebenserwartung steigt. Gleichzeitig erfolgt der Eintritt ins Erwerbsleben später. Dadurch werden die Generationenrandgruppen, welche nicht arbeiten, immer grösser re­lativ zur Gruppe der 20- bis 65-Jährigen.
Zudem akzentuiert die Regulierung der Zuwan­derung die kontinuierlich steigen­de Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Fachkräftemangel und demografischer Wandel sind längst nicht mehr nur Schlagworte. Gemäss einer breit angelegten Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ fühlt sich eine überwiegende Mehrheit der KMU in der Schweiz vom demografischen Wandel und Fachkräftemangel betroffen.


Die «Wiedereinsteiger»


Handlungsbedarf ist angezeigt. Insbesondere für KMU – die Basis der Schweizer Wirtschaft, denn 99 Prozent der Unternehmen in der Schweiz sind KMU und sie beschäftigen damit mehr als zwei Drittel aller Arbeitnehmenden. Es gibt verschiedene Wege, wie Arbeit­geber diesen Herausforderungen begegnen können. Eine Möglichkeit ist die vermehrte Einbindung von ausländischen Arbeitskräften. Dieser Weg ist politisch zunehmend schwierig. Eine andere Möglichkeit ist die verbesserte Nutzung und Aktivierung von inländischem, hochwertigem Arbeitskraftpotenzial. Ein Arbeitskraft­potenzial, welches in der Schweiz noch wenig erschlossen ist, ist das der «Returnees». «Returnees», auf Deutsch Rück­kehrer, sind Frauen und Männer, die aus familiären Gründen eine Karrierepause eingelegt haben. Dies kann aufgrund der Kinderbetreuung sein oder auch wegen der Pflege von älteren An­gehörigen – ein Thema, das künftig mit der zunehmenden Alterung an Wichtigkeit gewinnen wird.

Die daraus entstehende Lücke im Lebenslauf erschwert oft die Rückkehr in den Arbeitsmarkt. Solche Lebensläufe scheitern meist bereits an gängigen Selektionsalgorithmen. Arbeitgeber sind sich überdies noch wenig bewusst, welche At­trak­tivität diese Personen mitbringen können: Meist sind sie gut ausgebildet, weisen langjährige Praxiserfahrung aus, sind dem Arbeitgeber gegenüber äusserst loyal und auch bereit, zu für den Arbeitgeber attraktiven Lohnbedingungen ihre Erfahrung einzubringen und ihre Fähigkeiten aufzufrischen. Arbeitgeber erhalten also Zugang zu neuen und qualifizierten Arbeitskräften.


Returnship-Programme


Das Potenzial von Rückkehrern ist ge­waltig. Gemäss Bundesamt für Statistik sind rund 84 000 Mütter bereit, bei einer interessanten Gelegenheit wieder zu arbeiten. Dabei sind rund 25 000 Mütter per sofort auf Abruf bereit und nochmals so viele innerhalb von drei Monaten. In dieser Zahl nicht berücksichtigt sind Väter sowie Männer und Frauen, die aufgrund von Pflege von Angehörigen eine Auszeit genommen haben und nun bereit sind, ihre Karriere neu zu lancieren.

Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass Returnship-Programme bei Schweizer Arbeitgebern noch kaum verbreitet sind. Bisher setzen vor allem Unternehmen im anglo-sächsischen Raum solche Programme ein. Ihre Erfahrungen damit sind äusserst positiv. Es braucht aber eine professionelle Unterstützung, um als Arbeitgeber solche Programme erfolgreich umzusetzen. Hierzu hat die Hochschule Luzern mit Unterstützung vom Bund (EBG) Anfang dieses Jahres ein Projekt lanciert.

Ziel des Projekts ist es, Returnship-Programme in der Schweiz bei KMU und Grossunternehmen zu verbreiten und Ar­beitgeber bei der Einführung und Implementierung solcher Programme bestmöglich zu unterstützen. Denn: Mittels Return­­ship-Programmen können Unternehmen professionellen Zugang zu diesem vielfältigen Pool an Humankapital erhalten. Das Projekt ist erfolgreich gestartet und mehrere Pilotfirmen aus der Zentralschweiz sind bereits an der Um­setzung. Sie haben Programme lanciert, Returnships aus­geschrieben und sind sehr zufrieden mit ihren neu gefundenen Arbeitskräften.


Toolbox für die Umsetzung


Das Projektteam der Hochschule Luzern bietet vielfältiges Know-how aus dem In- und Ausland an, wie solche Programme möglichst einfach und zielorientiert aufgesetzt werden können. So wurde eine Toolbox mit Bausteinen entwickelt, die aufzeigt, wie eine Umsetzung einfach gelingen kann, ohne grossen Ressourcenaufwand seitens des Arbeitgebers. An der ersten Konferenz für Arbeitgeber zur Thematik (siehe Box) werden Erfolgsbeispiele aus dem In- und Ausland aufgezeigt, aber auch Hands-on und interaktiv mit Teilnehmenden Hürden, Probleme und Lösungen diskutiert. Es soll ein ehrlicher Dialog über die allfälligen Stolpersteine und Vorbehalte stattfinden, aber auch darüber, wie KMU diese Potenzial an Arbeitskräften bestmöglich nutzen können.

Klar ist, dass für Klein- und Mittelunternehmen die Lösungsansätze ganz anders aussehen als für Grossun­ternehmen – aufgrund der kleineren personellen und finanziellen Ressourcen. Beispiele aus dem Ausland zeigen, dass es Lösungs­ansätze für eine einfache Implementierung für KMU gibt. Für ein erfolgreiches Gelingen ist zentral, dass die Führung des KMU hinter der Idee der Erschliessung dieses Arbeitskraftpotenzials steht.


Studie: Was «Returnees» bieten


Eine wichtige Frage seitens der Arbeitgeber ist, durch welche Eigenschaften und Fähigkeiten sich die Rückkehrer auszeichnen und was ihre Erwartungen an die Arbeitgeber sind. Hierzu wird im Rahmen des Projekts erstmals für die Schweiz eine Studie durchgeführt. Die Resultate werden an oben erwähnter Konferenz vorgestellt werden. Ziel ist auch, hierbei eine offene Diskussion mit den Arbeitgebern zu führen, inwiefern dies in ihrem Sinne ist und wie dieser vielfältige Pool von Arbeitnehmenden bestmöglich genutzt werden kann.

Vorab: Vergangenen Frühling wurde ein Workshop mit 50 Returnees zu ihren Erwartungen und Skills durchgeführt. Eine grosse Mehrheit dieser Rückkehrer ist hoch motiviert und bringt eine grosse Vielfalt an Erfahrungen und Kenntnissen mit – oft auch Fähigkeiten, die gerade aufgrund des Fachkräftemangels gesucht sind. Sie offerieren meist gute Lebensläufe mit erklärbarer Lücke aufgrund der familiären Karrierepause. Allerdings konnte ein Mangel an Selbstvertrauen festgestellt werden. Dies erklärt sich dadurch, dass sie längere Zeit nicht im institutionellen Arbeitsmarkt tätig waren. Im Rahmen eines Returnship-Programms kann genau dieses Selbstvertrauen wieder aufgebaut werden und die Arbeitgeber profitieren von der hohen Loyalität, die die Rückkehrer auszeichnet.

Porträt