Grösser, schneller, besser und immer noch mehr sind nach wie vor die Aktionsschwerpunkte vieler Organisationen und bilden eine Aura der unkontrollierten Überheblichkeit. Der Blick auf die eigenen Schwächen ist daher oft so lange getrübt, bis eine ausserordentliche Situation aufzeigt, wie unvorbereitet und verletzlich die Organisation dasteht.
Organisationen sind verletzlich
Cybersecurity, IT-Ausfälle, schwere Unwetterschäden, Pandemien, Rohstoffengpässe, politische Wendungen, gesellschaftlicher Wandel und soziale Umschichtung oder unerwarteter Grosserfolg waren jüngst bereits Ursachen solcher Situationen. Die Häufung zeigt, dass die Vorfälle immer wahrscheinlicher werden und schädigender wirken, weil die Resilienz dazu fehlt. Die Resilienz, das Widerstandsvermögen einer Organisation, besteht aus zwei voneinander abhängigen und sich beeinflussenden Dispositionen.
- Die Kulturdisposition, als Fundament und Dach jeder Organisation, bestehend aus dem Sinn und Zweck und der daraus resultierenden Unternehmenskultur mit ihren tragenden Kulturfaktoren.
- Die Wertschöpfungsdisposition mit den Leistungserbringungsprozessen und den Führungs- und Unterstützungsprozessen, welche das Produkt, oder die Dienstleistung, als Wertschöpfung garantieren.
Widerstandsvermögen
Die Fragestellung der Verletzlichkeit von Organisationen kann nicht mehr ignoriert werden. Das Gegenmittel findet sich im Begriff Resilienz, also Widerstandsvermögen.
Forscher definieren drei Hauptpfeiler dafür: «Führung und Kultur», «Anpassungsbereitschaft» und «Netzwerknutzung». Darin finden sich rund 15 Unteraspekte wie zum Beispiel:
- Mitarbeiterengagement
- Situationsbewusstsein
- Stresspläne
- «Silos brechen»
- Wissen nutzen
- etc.
Ein unverzichtbarer Aspekt wird in den meisten Fällen das Mitarbeitermanagement sein. Dieses beinhaltet die Kenntnis der eigenen Unternehmenskulturfaktoren. Kulturfaktoren liefern aussagekräftige Grundlagen für den Umgang mit Risiko, Reputation und Qualität. Davon stehen sieben Kulturfaktoren für die Erlangung eines wirksamen Widerstandsvermögens im Zentrum. Diese sind:
- Selbstverantwortung
- Rituale
- Authentische Anreize
- Kompetenzen
- Verbindlichkeit
- Mut zur Konsequenz
- Gemeinsames Werteverständnis
Notwendige Fähigkeiten
Resilienz, das Widerstandsvermögen, beschreibt die Fähigkeit eines Systems, einer Organisation oder einer Gesellschaft, intern oder extern verursachten Störungen zu widerstehen und die Funktionsfähigkeit möglichst zu erhalten respektive wiederzuerlangen. Sie setzt sich aus vier Bestandteilen zusammen:
- Robustheit der Systeme an sich
- Verfügbarkeit von Redundanzen
- Fähigkeit, wirksame Hilfsmassnahmen zu mobilisieren
- Schnelligkeit und Effizienz der Hilfsmassnahmen
Eine wirkungsvolle Widerstandsfähigkeit verlangt eine Gefahrenanalyse für die Organisation. Sie beginnt bei der Offenlegung der eigenen Schwächen, bevor externe Einflüsse beurteilt werden können. Grund dafür ist, dass eine vernetzte Beurteilungsqualität möglichst aktuell und realitätsnah nachweisbar sein sollte. Resilienz beginnt nicht erst in der Krise, sondern bereits vorher. Das Gegenteil von Resilienz/Widerstandsvermögen ist Vulnerabilität/Verwundbarkeit. Das bedeutet, in der Lage zu sein, Angstsituationen zu erkennen und zu mindern, um begründete Gelassenheit zu erreichen und somit auf Unsicherheiten vorbereitet zu sein.
Mögliche Analysefehler
Die Gefahrenanalyse wird oft mit der SWOT-Analyse (englisches Akronym für Strengths [Stärken], Weaknesses [Schwächen], Opportunities [Chancen] und Threats [Risiken]) bei der Erarbeitung der Strategie verwechselt. Folgende Fehler können in SWOT-Analysen häufig beobachtet werden:
- Externe Chancen werden mit internen Stärken verwechselt. Sie sollten jedoch streng auseinandergehalten werden.
- SWOT-Analysen werden mit möglichen Strategien verwechselt. Sie beschreiben Zustände, Strategien hingegen Aktionen.
- Bei der SWOT-Analyse wird keine Priorisierung vorgenommen. Auch lassen sich keine konkreten Massnahmen ableiten. Massnahmen werden also weder beschlossen noch umgesetzt.
- Wie die meisten Management-Modelle basieren SWOT-Analysen auf einer rationalen Sicht der Welt, in welcher Stärken, Schwächen, Gelegenheiten und Bedrohungen identifiziert und daraus rationale Strategien entwickelt werden. Für die Unternehmen ist der Anschein von Rationalität wichtig, um ihren Zugang zu Ressourcen aufrechtzuerhalten und das Vertrauen der Stakeholder zu erhalten, indem sie den Anschein von «gutem Management» erwecken.
Fazit: Jede Strategieausrichtung oder Strategieüberprüfung kann erst getätigt werden, respektive wirkt dann glaubwürdig, wenn die Widerstandsfähigkeit der Organisation ausgearbeitet wurde.