Strategie & Management

Aus- und Weiterbildung VI

Rechtliche Aspekte zum Thema Weiterbildung

Für die Weiterbildung gibt es in der Schweiz eine Vielzahl an Möglichkeiten. Höhere Bildung und der Erwerb von Grundkompetenzen werden sogar staatlich gefördert. Wird eine Weiterbildung parallel zur Arbeit absolviert, sind Verträge zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden nötig.
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Nach dem Arbeitsrecht des OR (Obliga­tionenrecht) und dem Arbeitsgesetz besteht gemäss Professor Thomas Geiser von der Universität St. Gallen (HSG) kein Anspruch auf freiwillige Weiterbildung, sondern grundsätzlich nur ein Anspruch auf unbezahlten Urlaub. Hingegen gibt es in verschiedenen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) Regelungen über Weiterbildung. 

Weiterbildung und Arbeitszeit

Angestellte können in ihrer Freizeit immer eine selbst gewählte Weiterbildung absolvieren. Ein Gespräch mit dem zuständigen Vorgesetzten ist aber sehr zu empfehlen. Dabei argumentiert man am besten so, dass der Vorteil für das Unternehmen betont wird. Trotzdem ist es vorteilhaft, eigene Ziele zu nennen und die Karrierechancen innerhalb des Unternehmens abzuklären. Wird die Arbeitszeit reduziert, muss man in einem Vertrag über Weiterbildung den Lohn regeln. Dabei sollte man zumindest von derselben Basis ausgehen wie bei einer Vollzeitstelle. Nach absolvierter Ausbildung ist der Angestellte sicher an einer höheren Position und/oder Lohnerhöhung interessiert, auch darüber kann man Regelungen treffen. 

Bei der Arbeitszeitregelung kommt es darauf an, ob die Weiterbildung vom Arbeitgeber angeordnet wurde oder der Angestellte diese freiwillig absolviert. Wird die Ausbildung von der Firma ver­langt, ist für Angestellte, die dem Arbeitsgesetz (ArG) unterstehen, die Verordnung ArGV 1 zu beachten. Nach Art. 3 gilt das ArG aber nicht für alle Angestellten, ausgenommen sind zum Beispiel Führungskräfte oder Heimarbeitnehmer. Es ist aber gerecht, wenn man im Betrieb für alle Angestellten die gleichen Regeln anwendet. 

Nach ArGV 1 Art. 13 gilt als Arbeitszeit die Zeit, während der sich der Angestellte zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat. Reisezeit bei Aus- und Weiterbildungen, die von den Arbeitgebern angeordnet werden oder gesetzlich für die auszuübende Tätigkeit vorgeschrieben sind, zählen ebenfalls als Arbeitszeit (Art. 13 Abs. 4 ArGV 1). Ist die Weiterbildung freiwillig, ist es sinnvoll den Aufwand für die Ausbildung teilweise als Arbeitszeit anzurechnen. Zu regeln ist, wie viele Tage innerhalb welcher Zeitspanne der betreffende Angestellte zu Ausbildungszwecken bezahlt oder unbezahlt frei nehmen kann. 

Wenn man am Arbeitsplatz lernen will, besorgt man sich am besten vorher die Einwilligung der Vorgesetzten. Der Arbeitgeber sollte klar festlegen, wie lange man während der Arbeitszeit die Lernplattform benützen darf oder muss. 

Was der Arbeitgeber zahlt

Aus dem Weisungsrecht von OR 321d ist abzuleiten, dass ein Arbeitgeber seine Angestellten obligatorisch zur Weiter­bildung verpflichten kann, wenn diese direkt mit der Ausübung des Berufs zu tun hat und vor allem, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist. Nach OR Art. 327a hat der Arbeitgeber den Angestellten alle, durch die Ausführung der Arbeit notwendigen Auslagen zu ersetzen. Bei einer angeordneten Weiterbildung an auswärtigen Orten kommen die für den Unterhalt oder Reisen erforderlichen Aufwendungen dazu, soweit sie für die Ausbildung nötig sind. Dies gilt auch, wenn eine Ausbildung gesetzlich vorgeschrieben ist oder Voraussetzung für eine andere Stelle im Betrieb ist. 

Bei freiwilligen Ausbildungen übernehmen viele Arbeitgeber einen Teil der Kosten und sind dann mit Recht daran interessiert, dass die Weiterbildung eine bestimmte Zeit ihrem Unternehmen zugute kommt. Deswegen ist es legitim, die Bedingung zu stellen, dass der betreffende Angestellte nach Abschluss der Ausbildung eine bestimmte Zeit im Unternehmen bleibt. Darüber ist eine schriftliche Regelung notwendig. Für den Fall, dass der Mitarbeiter die Firma trotzdem verlässt, kann man vereinbaren, dass der Mitarbeitende die Ausbildungskosten teilweise zurückzahlt. Nach Bundesgericht muss die Rückzahlungspflicht in Bezug auf Zeit und Betrag beschränkt sein, zum Beispiel ein bestimmter Anteil bis drei Jahre nach Abschluss der Weiterbildung. 

Die Vereinbarung sollte nicht darauf hinauslaufen, dass der Arbeitgeber jederzeit kündigen kann, der Angestellte aber praktisch an den Vertrag gebunden ist. 

Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auflöst aus Gründen, welche nicht in der Person des Arbeitnehmenden liegen, besteht keine Rückzahlungsverpflichtung. Auch wenn der Angestellte das Arbeitsverhältnis aus einem wichtigen, vom Arbeitgeber zu verantwortenden Grund kündigt, so besteht in der Regel keine Pflicht zur Rückerstattung.

Eine interessante und juristisch ungeklärte Frage ist: Was passiert, wenn der Angestellte keinen Erfolg beim Abschluss der Weiterbildung hat oder diese abbricht. Eine nicht bestandene Prüfung lässt sich allenfalls wiederholen. Bei Abbruch oder völligem Misserfolg kann der Angestellte allenfalls an der alten Position verbleiben. Finanziert der Arbeit­geber die Kosten, dann sollte man für solche Fälle eine Vereinbarung treffen, nor­malerweise auf Rückzahlung der vom Arbeitgeber übernommenen Kosten. 

Verträge über Weiterbildung

Ein Vertrag über Weiterbildung gilt laut Bundesgericht als gemischter Vertrag, auf welchen hauptsächlich die Regeln des Auftragsrechts (OR Art. 394 ff.) anzuwenden ist. Preise beziehen sich häufig auf bestimmte Kurseinheiten und Folgekurse werden extra berechnet. Preisvergleiche lohnen sich, wobei auch allfällige Reisekosten zu berücksichtigen sind. Sind mehrere Kurse geplant, bezahlt man am besten jedes Modul einzeln und nicht den ganzen Kurs im Voraus. 

Weiter muss man sich absichern, dass die Honorare sich nicht im Laufe der Ausbildung erhöhen. Zu überprüfen ist, ob das Kursmaterial im Honorar inbegriffen ist, beziehungsweise extra kostet. 

Nach OR Art. 404 können beide Par­tei­­en einen Auftrag jederzeit widerrufen, beziehungsweise kündigen; dieses Recht kann auch auf Vertragsebene nicht eingeschränkt werden. Wenn ein Teilnehmer die Ausbildung vorzeitig abbricht, muss er mindestens die bezogenen Leistungen vergüten. Nun gibt es aber auch die Bestimmung in OR Art. 404, nach der man einen Vertrag nach Auftragsrecht nicht zur Unzeit auflösen sollte, sonst wird man schadenersatzpflichtig. Bei einer Weiterbildung gilt laut Bundesgericht die Auflösung des Auftragsverhältnisses durch den Teilnehmer mitten im Semester grundsätzlich als unzeitig, wenn der Veranstalter keinen Anlass zum Abbruch gegeben hat. Das bezahlte Schulgeld könne man in diesem Fall als wirksame Konventionalstrafe betrachten.

Der Beauftragte, also der Weiterbildungsanbieter, haftet für die gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis (OR Art. 398), also für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes. Immer wieder schliessen Anbieter die Haftung aus für eventuelle Fehler in den Informationen sowie für daraus resultierende Schäden und Mangelfolgeschäden. Solche Klauseln sind kritisch zu betrachten, denn schliesslich kann man von den Seminarleitern Fachkompetenz erwarten. Völlig unseriös ist es, wenn die Haftung für Vorsatz und Grobfahrlässigkeit abgelehnt wird. Das ist nichtig nach OR Art. 100. 

Finanzielle Unterstützung

Seit 2018 werden Absolvierende von Kursen, die auf eine eidgenössische Prüfung vorbereiten, finanziell unterstützt. Diese Finanzierung wird über ein Onlineportal abgewickelt. Auf diesem können Personen, die sich mit einem oder mehreren Kursen auf eine eidgenössische Prüfung vorbereiten, Bundesbeiträge für die angefallenen Kurskosten beantragen. Kursanbieter können im Portal ihre Kurse melden und ihr Angebot verwalten. 

Der Bund leistet Beiträge an die Kursgebühren, die den Absolvierenden in Rechnung gestellt und von ihnen an die Kursanbieter bezahlt wurden, es werden 50 Prozent der anrechenbaren Kursgebühren zurückerstattet. Bundesbeiträge können für alle vorbereitenden Kurse be­antragt werden, die auf der Liste der vorbereitenden Kurse (Meldeliste) stehen und für alle Kursanbieter, die im Onlineportal zu finden sind. 

Erwerb von Grundkompetenzen

In der Schweiz verfügen rund 800 000 Erwachsene über ungenügende Lese- und Schreibfähigkeiten. 8,6 Prozent der schweizerischen Wohnbevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren, also mehr als 400 000 Personen, haben grosse Schwierigkeiten, einfache Rechenaufgaben zu lösen. Der Bundesrat hat im November 2017 einen Förderschwerpunkt für die Weiterbildung von Arbeitnehmenden im Bereich Grundkompetenzen beschlossen. Das Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) sieht dafür die Ausrichtung von Finanzhilfen an die Kantone vor (Art. 16 WeBiG). Für die Förderperiode 2017 bis 2020 stehen knapp 15 Millionen Franken zur Verfügung (Art. 16 WeBiG).

Das «GO»-Modell zur arbeitsplatzbezo­genen Weiterbildung hat sich in unterschiedlichen Branchen bereits erfolgreich bewährt. Das Projekt «GO Next» wurde in den Jahren 2009 bis 2017 durchgeführt. Mit Blick auf die Periode der Jahre 2021 bis 2024 sind Massnahmen in Bezug auf kantonale Zusammenarbeitsformen, Angebotsstrukturen, Teilnehmendengewinnung, Qualitäts­sicherung sowie Finanzierung vorgesehen. 

18 Kantone haben eine Leistungsvereinbarung mit dem Bund zur Förderung der Grund­kompetenzen Erwachsener unterzeichnet. Die Vereinbarung sieht vor, die Bildungsmassnahmen so zu koordi­nieren, dass der Anschluss an eine for­-male Bildung oder eine Weiterbildung möglich ist.

Porträt