Strategie & Management

Aus- und Weiterbildung 4

Neue Schlüsselfähigkeit im Umweltmarkt gesucht

Das Interesse an Umweltthemen wächst stetig. Die Diskussionen rund um die zahlreichen Facetten der nachhaltigen Entwicklung sind in der Gesellschaft heutzutage omnipräsent und werden auch für Unternehmen zu einer Schlüsselthematik. Dies muss auch Einfluss haben auf die Gestaltung von Aus- und Weiterbildung.
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Betriebe werden immer stärker dazu angehalten, ihr Umweltmanagement zu optimieren. Und auch die Politik befürwortet solche Bemühungen, wird dadurch doch nicht nur ein grosser Schritt auf dem Weg zur Erreichung der Klimaschutzziele vorwärtsgemacht, sondern auch vermehrt Arbeitsstellen geschaffen. Die Nachfrage nach Personen, die entsprechende Massnahmen in Unternehmen zu konzipieren, planen und umzusetzen wissen, steigt.

«green skills» benötigt

Um den umweltpolitischen Beschlüssen und Gesetzen, die neu erarbeitet oder angepasst werden, überhaupt gerecht werden zu können, sind Aus- und Weiterbildungen notwendig. Die Anbieter müssen den aktuellen Entwicklungen Rechnung tragen, zukünftige Trends möglichst antizipieren und ihre Angebote entsprechend anpassen. Denn die Umweltziele zu erreichen, ist nur möglich, wenn genügend Fachkräfte mit dem benötigten Wissen und den interdisziplinären Kenntnissen ausgebildet wurden.

Auf die Dringlichkeit solcher Aus- und Weiterbildungen und den Engpass entsprechender Studienabgänger verwies auch das Bundesamt für Umwelt bereits 2016 in ihrem Magazin «Umwelt», (Ausgabe 4/2016). Zwar würden sich viele Jugendliche gerne für Umweltanliegen engagieren, es bestünden jedoch zu wenige umweltspezifische Ausbildungsplätze. Der damalige Präsident der Organisationen der Arbeitswelt (Oda) Umwelt, Ueli Bernhard, betonte zudem, dass die sogenannten «green skills» in der ganzen Wirtschaft vermehrt benötigt würden, und plädierte deshalb für einen integrativen Ansatz.

Ein Wandel zum umfassenden betrieblichen Umweltmanagement wird nicht ohne eine neue Generation von Führungskräften und Fachpersonen stattfinden. Es braucht Leute, die bereit und auch in der Lage sind, den Status quo zu verändern – sogenannte «Change Agents», die Ansprechperson und aktiver Ausschlaggeber in einer Person zusammenbringen. Ziel einer heutigen Weiterbildung im Umweltbereich ist es daher, Fachpersonen hervorzubringen, welche die Interessen ihrer Organisation mit den drängenden sozialen und ökologischen Herausforderungen in Einklang zu bringen vermögen und dabei die nötigen Skills mitbringen, um sich im Unternehmen und seinem Umfeld durchzusetzen.

Schlüsselfähigkeiten

Einen Weg zu finden, um Natur und Umwelt respektvoll zu behandeln und gleichzeitig die meist knapp budgetierten fi­nanziellen Ziele eines Unternehmens einzuhalten, ist nicht einfach. Um dieses Vorhaben erfolgreich umzusetzen, sind verschiedene Schlüsselfähigkeiten gefragt. Fachliche Kompetenzen im Umweltbereich reichen auf dem Arbeitsmarkt heutzutage nicht mehr – auch ein gekonntes Projektmanagement und Kennt­­nisse aus Marketing und Kommunikation gehören zu den benötigten Skills. Hinzukommen weitere methodische, soziale und persönliche Kompetenzen. Die Kombination aus diesen Fähigkeiten ermöglicht es erst, innovative Umweltprojekte erfolgreich umzusetzen.

Beschliesst ein Unternehmen, aktiv etwas für das betriebliche Umweltmanagement zu tun, geschieht dies meist auf Projektebene. Je nach Betrieb muss dafür breites und/oder ganz spezifisches «grünes» Fachwissen mitgebracht werden. Methodische Kenntnisse, beispielsweise zum Erstellen von Ist-Analysen, gehören genauso zum benötigten Skillset. Innovativität und eine gewisse Kreati­vität sind ebenfalls von Vorteil. Oftmals kann mit kleinen, teils unkonventionellen Massnahmen bereits eine erhebliche Verbesserung einer Problemsituation erreicht werden.

So hat beispielsweise eine Projektgruppe des 1,5-jährigen Lehrganges «Projektmanagement Natur und Umwelt» von Sanu Future Learning AG im Rahmen ihres Diplomprojektes zur Reduktion des Energieverbrauchs an der Schweizerischen Textilfachschule STF in Zürich vorgeschlagen, den Lift effektiv nur jenen Personen zugänglich zu machen, die physisch keine Treppen steigen können. Am selben Diplomprojekt wird auch deutlich, wie Umweltmanagement mit dem Kerngeschäft vereinbart werden kann: Die Wasserspardüsen, welche für einen schonenderen Umgang mit Ressourcen installiert wurden, haben die Studierenden des Designstudiengangs designt. Diese einzigartigen Wasserdüsen wurden anschliessend überall bei der STF installiert und tragen so zur Sensibilisierung für die Thematik bei.

Wie das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP) in seinem Kurzbericht «Qualifikationen für grüne Arbeitsplätze» festhält, entstehen heutzutage nicht komplett neue Berufe. Stattdessen werden meist von bestehenden Berufsbildern zusätz­liche Kompetenzen erfordert. Gerade Kommunikationskenntnisse sind in der Zeit der globalen Vernetzung ein wich­tiger Vorteil auch in Umweltberufen. CEDEFOP betont die Wichtigkeit von fachübergreifenden Kompetenzen, dank denen mit einem bestimmten Skillset Funktionen in unterschiedlichsten Branchen ausgeübt werden können – eine Entwicklung, die auch den Arbeitnehmern zugutekommt.

Entwicklung unaufhaltbar

Durch die enge Vernetzung der ganzen Welt im Zuge der Digitalisierung verändert sich der Markt nonstop. Wo einst eine Handvoll Grossunternehmen über Jahrzehnte hinweg den Markt regierten, muss heutzutage jederzeit mit einem drastischen Umbruch gerechnet werden. Beispiele, die das eindrücklich verdeutlichen, sind Unternehmen wie Airbnb und Uber. Über Nacht wälzten sie den be­stehenden Markt um und fegten bisher mächtige Player quasi vom Spielfeld. Damit verändern sich nicht nur Geldflüsse und Verhaltensweisen, auch Arbeitsplätze werden durch diese Umschwünge beeinflusst. Die Berufsleute müssen immer stärker in Szenarien denken, Probleme erkennen, Strategien und Lösungen entwickeln und diese in verantwortungsvoller Weise umsetzen können. Das bedeutet, dass nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Ausbildungsanbieter stetig dazulernen und Chancen nutzen müssen.

Ökologische Megatrends wie der Klimawandel, der Biodiversitätsverlust und die Energiefrage werden nicht plötzlich von der Bildfläche verschwinden. Auch Branchen, deren Kernkompetenz auf den ersten Blick nicht direkt mit Umweltthematiken in Verbindung gebracht werden, müssen sich früher oder auch später unausweichlich kritisch mit ihrem Umwelt­management auseinandersetzen. Diese Trends sind gewissermassen angstein­flössend, bieten gleichzeitig jedoch auch enorme Chancen.

Der WWF Schweiz erwartet bis zum Jahr 2020 Tausende neue Stellen im Umweltmarkt – verteilt von der Bauindustrie und Energiewirtschaft, über die Mobilität und diversen anderen Sektoren bis hin zur Ernährungsbranche. Letztere ist gerade bei den jüngeren Generationen in einem starken Umbruch – neben einer veganen Lebenseinstellung, immer grös­serem Verlangen nach Bio- und Fair- trade-Produkten sowie tierfreundlicher Produktion gewinnen auch themenübergreifende Faktoren wie Regionalität, Food Waste und Zero-Waste-Verpackungen an immer grösserer Bedeutung. Wenn diese Bestrebungen Früchte tragen, wird beispielsweise in der Verpackungsindustrie bei der Entwicklung und Herstellung der recyclebaren, ressourcenschonenden und energiesparenden Behältern, schon bald ein grosser Wandel notwendig sein.

Porträt