Strategie & Management

Weiterbildung

Nachwuchsförderung dank Laufbahnplanung

Das Schweizer Bildungssystem erlaubt vielfältige Bildungswege. Wie genau die Möglichkeiten aussehen, ist vielen Lehrabsolventen jedoch unklar, wie ein Bericht der ETH zeigt. Aufklärung ist deshalb wichtig: Es lohnt sich auch für Unternehmen, diesbezüglich einen Beitrag zu leisten.
PDF Kaufen

Kaum ein Tag vergeht ohne den Hinweis, wie wichtig Bildung ist. Bildung orien­tiert und erlaubt es, sich zu entwickeln. Sie fordert den Versuch, die Welt zu begreifen. Für ein ressourcenarmes Land wie die Schweiz ist Bildung ein Kapital – ein Kapital, das nicht auf Bankkonten liegt, sondern in den Köpfen und indirekt in den Händen. Ohne Bildung gäbe es weder Produkte noch Dienstleistungen, es gäbe weder Innovation noch Entwicklung und damit auch keinen Wohlstand. Das Schweizer Bildungssystem wird weitum beachtet, insbesondere das Berufsbildungssystem. Dank der Durchlässigkeit sind die Ausbildungsmöglichkeiten nach der Berufslehre breit.

Grosse Unsicherheiten

Allerdings ist das nicht allen bewusst, wie der «Bericht zur Bildungssituation von jungen Erwachsenen nach der Berufslehre» der ETH zeigt. Viele Lehrabsolventen wissen demnach nicht, zu welchen weiteren Ausbildungen sie zugelassen sind:

  • Knapp 20 Prozent sind sich unsicher, ob sie zur Berufsprüfung zugelassen sind oder nicht.
  • Über 50 Prozent der Befragten ist unklar, ob sie an einer Universität studieren könnten oder nicht.
  • Über 40 Prozent sind unsicher, ob sie zur Fachhochschule zugelassen sind, oder schätzen ihre Möglichkeit falsch ein.
  • In Bezug auf die Höhere Fachprüfung schätzen über 30 Prozent ihre Möglichkeiten falsch ein.

Der Bericht zeigt, dass vor allem bei 18- bis 24-Jährigen Lehrabsolventen (im Vergleich zu älteren Absolventen) die Un­sicherheiten am grössten sind. Es gibt also grossen Aufklärungsbedarf.

Nebst den Eltern und den Berufsschulen spielt der Betrieb, der die Lernenden begleitet, bei der Aufklärung eine wichtige Rolle. Durch eine gezielte Laufbahnplanung können die Lernenden begleitet werden. Das Aufzeichnen der weiteren Möglichkeiten erlaubt den Lernenden, sich weiterzuentwickeln, wodurch sie für das Unternehmen noch attraktiver werden. Nicht zuletzt steigert eine gute Betreuung die Bindung zum Ausbildungsbetrieb.

Allerdings herrscht auch bei Unternehmen und Ausbildnern Unsicherheit bezüglich des Schweizer Bildungssystems. Die meisten kennen hauptsächlich ihren eigenen Bildungsweg. Um aufzuklären, hat der Dachverband der Fachhoch­schulabsolventinnen und -absolventen, FH Schweiz, mit Unterstützung der Stiftung FH Schweiz, eine Visualisierung der Bildungswege erstellt. Zudem publizierte der Verband verschiedene Videos auf Youtube und Podcasts auf Spotify von Führungskräften, die über ihren Weg «vom Lehrling zum Chef» erzählen und Tipps zur Berufswahl geben. 

Wege nach der Lehre

Im Folgenden ist eine grobe Übersicht der Möglichkeiten aufgeführt, welche das Schweizer Bildungssystem nach der Berufslehre bietet:

Höhere Fachprüfung und Berufsprüfung 

Die Berufs- und Höheren Fachprüfungen richten sich an Personen mit Berufserfahrung, die ihre Kompetenzen vertiefen und erweitern wollen. 

Höhere Fachschule (kurz: HF)

Im Vordergrund stehen die Nähe zur Praxis und die Vertiefung des beruf­lichen Fachwissens. Die Bildungsgänge der HF sind im Vergleich zu den Hochschulen stark auf die Berufswelt ausgerichtet. Die Lerninhalte sind kompetenz­orientiert und am Arbeitsplatz unmittelbar einsetzbar. 

Universitäre Hochschulen (kurz: Uni)

Gedankliche und forschende Vertiefungen stehen im Vordergrund. Nach der Matura kann die Uni besucht werden. Nach der Berufslehre muss die eidgenössische Matura oder die Passerelle absolviert werden, um zugelassen zu sein. Der Fokus der Uni liegt auf der Grundlagenforschung. Die Basis bildet das Bachelorstudium. Eine Wissensvertiefung kann im Masterstudium erfolgen.  

Fachhochschule (kurz: FH)

Diese Laufbahn steht Lehrabgängern frei, die eine Berufsmaturität absolviert haben. Personen, die nah an der Praxis ihr Können und Wissen auf Hochschulstufe vertiefen möchten, sind auf diesem Weg richtig. Die Studienbereiche sind vielfältig. Ein zusätzlicher Vorteil? Wer weiterarbeiten möchte, kann an den meisten FH ein Teilzeitstudium oder sogar ein berufsbegleitendes Studium absolvieren. Maturanden müssen für den Zugang zu den FH-Studiengängen ein einjähriges Praktikum absolvieren.

Pädagogische Hochschule (PH)

Die Ausbildung zur Lehrerin oder zum Lehrer geschieht an der Pädagogischen Hochschule. Die PH ist ähnlich aufgebaut wie die FH.

Thema im Betrieb fördern

Unternehmen können das Angebot der Laufbahnzentren nutzen, um die Lernenden zu informieren. Beim Laufbahnzentrum der Stadt Zürich können Betriebe mit ihren Lernenden massgeschneiderte Workshops zum Thema «Laufbahnplanung für Lernende» besuchen. Ähnliche Angebote finden sich auch in anderen Städten. 

Grössere Betriebe entwickeln zum Teil eigene Gefässe für das Thema. So veranstaltet beispielsweise Schindler jeweils im Januar eine Jahresaustrittsveranstaltung. Während eines Tages wird die Zukunft der Lernenden thematisiert. Dazu gehören eine Schulung zum Thema Bewerben, das Aufzeichnen der Möglichkeiten bei Schindler und die Aufklärung über das Schweizer Bildungssystem.

«Es ist für uns interessant, wenn Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger sich weiterbilden. Wir brauchen die Fachkräfte und können sie dank der Begleitung an uns binden», so Andrea Bachmann, Head HR Berufsbildung von Schindler. Als Beispiel nennt sie Lehrabsolventen mit der Berufsmaturität, die an der Fachhochschule studieren (teils berufsbegleitend), um dann als Ingenieure zurückzukommen. Es ist also sinnvoll, die weiteren Möglichkeiten der Lernenden im Betrieb zu thematisieren: Es erhöht sowohl die Attraktivität des Arbeitgebers als auch jene des Nachwuchses.

Porträt