Strategie & Management

Benchmarking I

Nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit durch Erfahrungsaustausch

Wie positioniere ich mich gegenüber neuen Anbietern? Sind meine Personalkosten marktgerecht? Welche Investitionen sind am rentabelsten? Mit solchen Fragen sehen sich Unternehmer im Alltag konfrontiert. Hilfreich ist der Austausch mit Gleichgesinnten, denn viele haben das gleiche Problem und sind auf der Suche nach Entscheidungssicherheit.
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Unternehmer und Geschäftsführer sind heute stärker denn je mit den Herausforderungen der hoch dynamischen Umweltsphären konfrontiert. Trotz der Konsultation von externen Beratern, Ratschlägen aus dem Familien- und Freundeskreis oder dem Austausch im Rahmen lokaler Gremien haben viele Unternehmer keine Plattform, um ihre wichtigsten Fragen mit Gleichgesinnten diskutieren zu können.

Voneinander lernen

Diese Möglichkeit bietet eine sogenannte «Erfahrungsgruppe» (ERFA-Gruppe). In einer ERFA-Gruppe werden realitätsnahe Probleme besprochen. Entscheidend ist eine möglichst grosse Offenheit, da so substanzielle Antworten gefunden werden können, was zu einer grösseren Entscheidungssicherheit führt. Unternehmer sind verständlicherweise nicht gerne bereit, die eigene interne Situation direkten Mitbewerbern offenzulegen. Um die Bereitschaft für die notwendige Transparenz zu erreichen, eignen sich als Teilnehmer einer ERFA-Gruppe somit Unternehmen, welche zwar die Situation und die Problematik der jeweiligen Branche kennen, jedoch nicht auf dem gleichen regionalen Markt aktiv sind.

Ein branchenübergreifendes Benchmarking ist ebenfalls ein erfolgreiches Instrument, um «von den Besten zu lernen». Hier wird die Hemmschwelle, die eigenen Prozesse offenzulegen, noch weiter gesenkt. Andere in der Gruppe engagierten Unternehmen, welche die vorgestellten Prozesse gegebenenfalls übernehmen, sind keine direkten Konkurrenten, da sie mit anderen Produkten beziehungsweise in anderen Märkten tätig sind.

Ein viel zitiertes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der amerikanische Technologiekonzern Xerox. Der Anbieter von Drucklösungen sah sich Ende der 1970er-Jahre von japanischen Anbietern in die Enge getrieben. Xerox startete ein Benchmarking-Programm mit branchenfremden Unternehmen. Da Probleme bei der Warenlogistik festgestellt wurden, hat man sich die Abläufe eines Sportartikel-Versandhändlers genauer angeschaut. Aus dem Vergleich wurden anschliessend Handlungsmassnahmen fürs eigene Unternehmen abgeleitet, so dass die Gesamtkapitalrendite in der Folge erfolgreich gesteigert werden konnte.

Externe Expertise nutzen

Eine der Hauptherausforderungen in der KMU-Führung ist oftmals die mangelnde Verfügbarkeit von Branchenvergleichsdaten. Der Austausch in ERFA-Gruppen kann diesen Mangel ausräumen. Es liegt grosses Potenzial im offenen Umgang mit Leistungsbewertungen und den daraus abgeleiteten Handlungsmassnahmen im Unternehmen. Einmal oder mehrmals im Jahr durchgeführte Kennzahlenvergleiche sind die ideale Möglichkeit, Informationsdefizite zu überwinden. Dabei werden Rentabilitätskennzahlen (wie RoE, RoI, EBIT-Margen), liquiditätsorientierte Kennzahlen (Liquiditätsgrad I bis III) sowie strukturelle Bilanzkennzahlen (wie Eigenkapitalquote, Gearing, Debitorenfrist) analysiert. Mittels eines zielgerichteten Benchmarkings werden durch Vergleiche innerhalb der branchenspezifischen Foren Massnahmen zur Verbesserung der eigenen Unternehmensprozesse entwickelt.

KMU, die mangels Kapazitäten keine entsprechenden Strukturen und Prozesse aufbauen können, wenden sich mit Vorteil an externe Fachleute. So vertrauen rund drei Dutzend Unternehmen aus verschiedenen Branchen ihre Finanzzahlen dem Zentrum für Accounting & Controlling der ZHAW School of Management and Law an. In Zusammenarbeit mit der auf Coaching, Consulting und Connecting ausgerichteten Benrox AG werden diese Unternehmen in sinnvoll zusammengefasste ERFA-Gruppen eingeteilt und im Folgenden in ihrer Entscheidungsfindung begleitet.

Kennzahlenvergleiche

Strategische Unternehmensführung ist ein Thema, bei dem jeder Unternehmer zwar den (theoretischen) Nutzen sieht, infolge der operativen Hektik und der Belastung durch das Tagesgeschäft aber selten Ruhe und Musse findet, sich die notwendigen Gedanken zu machen. Der Kennzahlenvergleich kann wertvolle Anhaltspunkte vermitteln, um den Status quo des eigenen Unternehmens im Vergleich zu den Mitbewerbern zu hinterfragen und die entsprechenden Unternehmensziele zu definieren. Anhand der Geschäftsberichte der Mitbewerber werden umfassende Analysen erstellt und die erfolgsrelevanten Kennzahlen transparent gemacht. Die nebenstehende Abbildung illustriert einen möglichen Prozessablauf.

Die «Raîson d’être» des Benchmarkings ist es, die tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungen der einzelnen Mitglieder der ERFA-Gruppe vergleichen zu können. Als Basis für den Kennzahlenvergleich werden die Jahresabschlüsse der einzelnen Gruppenmitglieder nach betriebswirtschaftlich anerkannten Kriterien bereinigt. So werden Veränderungen von stillen Reserven korrigiert, kalkulatorische Unternehmerlöhne (passend zum jeweiligen Betrieb) angerechnet oder nicht betriebsnotwendige Aufwände und Erträge eliminiert. Anhand der individuellen Berichte sind die Unternehmen in der Lage, sowohl zeitliche Veränderungen zu erkennen als auch die Konkurrenzfähigkeit zwischen den Betrieben zu vergleichen. Diese Vergleiche bieten eine ideale Chan-ce, die eigene Wettbewerbsfähigkeit kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus pflegen die Teilnehmer bei den persönlichen Treffen ihr Netzwerk.

Gegen gefährliche Routine

Erfolgreiche Unternehmen haben oft die (unbegründete) Befürchtung, das Offenlegen ihrer Erfolgsmodelle würde mit dem Verlust von Wettbewerbsvorteilen einhergehen. Diese Sorge ist aus mindestens dreierlei Gründen unbegründet: Erstens ist kein Unternehmen in jedem Bereich Klassenprimus. Zweitens schöpfen bereits erfolgreiche Unternehmen ihr Optimierungspotenzial zumeist schneller aus als die anderen. Drittens ist schliesslich ein Übernehmen von Erfolgsrezepten in ein anderes Unternehmen in den wenigsten Fällen einfach so möglich. Unternehmen haben unterschiedliche Kulturen, Strukturen und Rahmenbedingungen, so dass ein reines Kopieren kaum den gleichen Erfolg bringt wie beim Referenzunternehmen. Die grössten Erfolge werden in einer kontinuierlichen und von
einander lernenden Erfahrungsgruppe erzielt.

Gesunde Finanzen sind das Motorenöl jedes Unternehmens. Das Erkennen sich abzeichnender Schwierigkeiten in den Finanzrapporten sowie das Ableiten von effektiven Massnahmen aus diesen Erkenntnissen sind absolut zentral für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung. Umso wichtiger ist es, die Unternehmenssteuerung auf eine solide Finanzdatenbasis abzustützen. Dies gilt gerade auch für KMU, die meistens mit knappen finanziellen Mitteln operieren. Kennzahlenvergleiche und Benchmarking mit anderen Unternehmen stellen keinen Ersatz für kompetente Entscheidungsfindung und weitsichtige Betriebsführung dar. Aber sie bieten in einem durch Vertrauen geprägten Umfeld einer ERFA-Gruppe eine Inspirationsplattform sowie eine erhöhte Entscheidungssicherheit, um den Phänomenen wie mangelnde Vergleichbarkeit und Betriebsblindheit zu begegnen. Auf dieser Grundlage fällt es leichter, nachhaltig erfolgreiche Entscheide für das eigene Unternehmen zu fällen.

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