Ausprobieren
Eine konstruktive Lernkultur etablieren, den Menschen Gelegenheit geben, etwas auszuprobieren, etwas zu versuchen, selbst wenn der Erfolg nicht zu 100 Prozent gesichert ist, «es» also auch scheitern kann – das ist mit dem evolutionären Prinzip des Ausprobierens gemeint. Eine Lernkultur zeichnet sich dadurch aus, dass Fehler als Anstösse zu intensiven Lernprozessen, zur intelligenten Anpassung und zur Verbesserung interpretiert werden.
So bildet sich nach und nach im Prozess des Learning by doing ein Weg heraus, der zu Verbesserungen führt. Eine produktive Lernkultur setzt ein bestimmtes Menschenbild voraus: Die Entscheider gehen davon aus, dass die Mitarbeiter grundsätzlich bereit sind, sich für «ihr» Unternehmen zu engagieren und Probleme kreativ zu lösen.
Auswahl
In Charles Darwins Evolutionstheorie spielt der Begriff der Selektion eine Rolle. Gemeint ist, dass die besten Versuche auch die besten Chancen haben müssen, erfolgreich zu sein – in diesem Kontext soll daher vom evolutionären Prinzip der Auswahl die Rede sein. Was heisst das für die Unternehmen? Gerade in kreativen und innovativen Abläufen ergibt sich bei Problemlösungen und Anpassungsprozessen, dass gleich mehrere gleichberechtigte Lösungsvorschläge oder Entscheidungsoptionen auf dem Tisch liegen. Dann sollten in einer sachlich geführten Diskussion und im konstruktiven Dialog die Argumente dergestalt ausgetauscht werden, dass das beste Argument gewinnen kann, mithin die richtige Auswahl und Entscheidung getroffen wird.
Fragen
Menschen und Unternehmen, die aufgehört haben, Fragen zu stellen, sind «tot». Eine Weiterentwicklung ist nicht mehr möglich, weil man sich mit dem Erreichten zufriedengegeben hat. Wer sich hingegen evolutionär weiterentwickeln will, hört nicht damit auf, immer wieder die nächste Frage zu stellen. Evolutionäre Unternehmen gehen regelmässig in die Selbstreflexion. Sie stellen systemische und lösungsorientierte Fragen. Das trifft auf die Mitarbeitergespräche zu, in denen Fragen dazu dienen, die Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen aktiv zu beteiligen, aber auch auf die prinzipielle Frage, wohin sich das Unternehmen entwickeln soll.
Es gibt einen quantitativen und einen qualitativen Aspekt des Fragens. Der quantitative Aspekt hebt darauf ab, dass alle Menschen im Unternehmen die Haltung einnehmen, Weiterentwicklung sei vor allem durch das Stellen der richtigen Fragen möglich. Das setzt eine Führung voraus, die bereit ist, die Fragen der Mitarbeiter tatsächlich zu hören und aufzugreifen. Der qualitative Aspekt meint zum Beispiel die Kompetenz der Führungskräfte, den Mitarbeitern ein Feedback zu geben, das ihnen hilft, sich zu verbessern und ihren Aufgaben (noch) besser nachzukommen.
Evolutionär denkende Entscheider wollen die äusseren und die inneren Wachstumsparameter analysieren und berücksichtigen, um durch gesundes Wachstum krisenhafte Situationen zu bewältigen. Was heisst das konkret? Gesundes Wachstum meint, dass die inneren – etwa die Mitarbeiterkompetenzen, die Innovationskraft, die Mitarbeiterzufriedenheit, die Bereitschaft zum Lernen und die hohe Ausprägung der Führungskultur und der Teamarbeit – im Einklang stehen mit den äusseren Wachstumsparametern, also mit Kennzahlen wie Umsatz, Ertrag, Unternehmenswert und Mitarbeiteranzahl. Nach Oliver Wegner ist gesundes Wachstum vor allem ein «miteinander Wachsen».
Gemeinsamkeit
Ein Unternehmen wird dann erfolgreich und effektiv agieren können, wenn alle Mitarbeiter und alle Führungskräfte von einem Identifikation stiftenden und Orientierung gebenden Wirgefühl angetrieben werden. Es liegt in der Verantwortung der Unternehmensleitung, mithilfe einer Vision, einer Kernbotschaft und einer gemeinsamen Idee die Menschen zu einer emotionalen Community zusammenzuschliessen, die gemeinsam Ziele erreichen will. Sie respektieren sich gegenseitig und begegnen sich darum hierarchieübergreifend auf Augenhöhe und mit Respekt und Wertschätzung.
Resonanz
In einem direkten Zusammenhang mit dem Prinzip der Gemeinsamkeit steht das der Resonanz: Damit ist gemeint: Unser Verhalten, unsere Taten, unser Denken lösen Resonanz bei anderen Menschen aus. Wer Anerkennung gibt, darf auf Anerkennung hoffen und mit ihr rechnen. Üble Nachrede führt zu negativen, gute Nachrede zu positiven Reaktionen. Wertschätzung erzeugt aufseiten des Gesprächspartners ebenfalls Wertschätzung und Wertschöpfung. Darum leben die Entscheider das Motto: «Wie wir in den Wald / in die Kundschaft / in die Mitarbeiterschaft / in den Wettbewerb hineinrufen, so schallt es heraus!»
Baby Steps
Revolution erfolgt in disruptiven Sprüngen, die Evolution schreitet in transparenten und machbaren Schritten voran. «Baby Steps» meint darum, dass selbst grosse Veränderungen in überschaubaren Schritten erfolgen. Evolutionäre Unternehmen wissen, dass es zielführend ist, unter Berücksichtigung und Bewahrung des Erreichten und Bewährten voranzuschreiten. Die Konzentration auf den Augenblick und das, was notwendig ist, bildet das Fundament für das Prinzip der Baby Steps.
Selbstorganisation
Kommen wir zum neunten und letzten evolutionären Prinzip: zu der Fähigkeit, selbstorganisierend und eigenverantwortlich zu agieren. Die Führungskräfte und Mitarbeiter sollen die notwendigen Anpassungsprozesse eigenständig und in Eigenverantwortung leisten. Aber Achtung: Selbstorganisation ist nicht für jedes Unternehmen, jedes Team und jeden Mitarbeiter geeignet – Mitarbeiter müssen darauf vorbereitet werden.
Auch bedeutet Selbstorganisation nicht, dass jeder macht, was er will. Darum sollten die Entscheider die Frage beantworten, welcher Grad der Selbstorganisation und Selbstführung der angemessene ist. Nicht alle sind gewillt, angemessen mit der neuen Freiheit, sich selbst zu organisieren, umzugehen. Sie brauchen dann Führung, Anleitung und Unterstützung.