Noch einmal 16 sein, das Leben liegt voller Möglichkeiten vor einem, Verantwortung trägt man höchstens für sich selbst, die erste grosse Liebe beschert den besten Sommer aller Zeiten und dem beruflichen Werdegang kann voller Optimismus entgegengeblickt werden. Vor allem bei letzterem Punkt dürften junge Menschen im Jahr 2018 zustimmen. Das Angebot an Lehrstellen ist gross – zu gross, wie aktuelle Umfragen zeigen. So belegte eine Studie der Credit Suisse, dass rund 90 000 kleine und mittelständische Unternehmen in der Schweiz vom Fachkräftemangel betroffen sind. Mehr als 50 Prozent der befragten Betriebe hat Probleme, ihre Lehrstellen zu besetzen.
Proaktives Handeln
Wirtschaftliches Wachstum funktioniert so nicht. Besonders stark betroffen sind kleine bis mittelständische Handwerksbetriebe in ländlichen Regionen. Eine effektiv gestaltete Mitarbeitersuche wird damit zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die Zielgruppe muss also gerade von diesen Betrieben verstanden werden und auch kleine Unternehmen können sich einiges bei den Grossen der Wirtschaft abschauen. Doch wie können konkrete Massnahmen aussehen?
Die Schweiz altert mit rasendem Tempo, aber auch die verminderte Zuwanderung aus dem Ausland und die wachsende Urbanität machen das Finden neuer Lehrlinge zu einer immer schwierigeren Aufgabe. Unternehmen wissen jedoch genau, wo sich die kommende Generation potenzieller Auszubildender befindet: in der Schule. Wieso nicht unkonventioneller bei der Zielgruppenansprache werden? Immer mehr Schulen verstehen die Bedeutung vom praxisorientierten Lernen. Ein Vortrag in einer achten oder neunten Klasse über den abwechslungsreichen Alltag eines Handwerkers könnte im ersten Schritt ein Schülerpraktikum und im zweiten einen neuen Lehrling bedeuten.
Nur mit innovativen Ideen, die auch tatsächlich umgesetzt werden, können sich Betriebe im War for Talents behaupten. So können Unternehmen zum Beispiel mit Sportvereinen zusammenarbeiten oder Gaming-Events im eigenen Betrieb veranstalten. Die Nachwuchsförderung sollte nicht ausschliesslich in den Händen von Staat und Schule liegen. Nicht selten haben junge Erwachsene noch keinen Fahrplan für den voranstehenden beruflichen Einstieg. Hier können Unternehmer an der richtigen Stelle begeistern und mittelfristig junge Köpfe abfangen.
Attraktivität steigern
Grosse Unternehmen bieten ihrem Nachwuchs zahlreiche Annehmlichkeiten, die die Attraktivität des neuen Jobs deutlich erhöhen. Damit sind im Mittelstand natürlich keine unternehmenseigenen Fitnessstudios oder Pools à la Google und Facebook gemeint. Dennoch können sich auch kleine und mittelgrosse Unternehmen kostengünstige Tricks und Kniffe bei den Wirtschaftsmächten abschauen.
Versetzen sich Betriebe einmal in die Lage des Bewerbers, können bereits kleine Investitionen Schulabsolventen vom neuen Arbeitgeber überzeugen. So können Betriebe in ländlichen Regionen Unterstützung bei der Mobilität vorschlagen, wie zum Beispiel eine Monatskarte für öffentliche Verkehrsmittel oder ein Dienstfahrrad. Auch das eigene Betriebstelefon kann locken und das Herz eines möglichen Auszubildenden höherschlagen lassen. Und die Incentives für junge Talente können auch was für das Gesundheitsmanagement tun. Gerade in körperlich belastenden Handwerksberufen bieten sich regelmässige Sportangebote oder Mitgliedschaften im nahegelegenen Fitnessstudio oder Sportverein an, um für Balance zwischen Beruf und Privatleben zu sorgen.
Schon kleine Veränderungen der Arbeitsbedingungen schaffen Anreize, Aufmerksamkeit und machen den Job attraktiver. Für die Motivation des neuen Mitarbeiters sollte aber die Qualität der Ausbildung in letzter Konsequenz entscheidend sein. Welche Vorteile kann der Betrieb hier bieten? Gibt es eine Übernahmegarantie nach erfolgreich bestandener Lehre? Wie ist das vorherrschende Arbeitsklima? Wie selbstständig und wertschätzend gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Kollegen? Die Massnahmen können die unterschiedlichsten Aspekte des Arbeitsalltags ansprechen. Auch freie Getränke, Gleitzeit oder vereinzelte Boni-Zahlungen können potenzielle Lehrlinge überzeugen.