Strategie & Management

Arbeitswelten

Home-Office und Bürosharing als zukunftsweisende Arbeitsformen

Von Generation zu Generation vollzieht sich ein Wertewandel, mit jeweils eigenen Vorstellungen und Ansprüchen. Insbesondere die mit der Digitalisierung aufgewachsenen Generationen haben spezielle Anforderungen an ihr berufliches Umfeld. Während etwa mobile Kommunikation auch im Tagesgeschäft längst eine Selbstverständlichkeit ist, herrschen in den meisten Unternehmen noch die traditionellen Arbeitsmodelle vor.

Auch wenn Generationenkonzepte etwas wage erscheinen, lässt sich die Tatsache nicht leugnen, dass jede Generation ihre eigenen Werte und Vorstellungen hat. Deshalb können wir uns auch in unserer Arbeitswelt diesem Wertewandel nicht verschliessen, schliesslich brauchen wir den Nachwuchs. Während wir von der Industrie 4.0 reden, hat sich in unserem Büroalltag bisher zu wenig verändert. Unsere Arbeitsformen hinken diesem Wandel hinterher. Das mag zwar weiterhin funktionieren, aber die jüngeren Generationen holen wir damit nicht wirklich ab. Sind es doch gerade die jungen Mitarbeitenden, die Treiber und Botschafter der Digitalisierung sind.

Die Arbeit 4.0

Gelten die jüngeren Generationen als gut ausgebildet und sind mit Internet, mobiler Kommunikation und den digitalen Anfängen aufgewachsen, so haben sie zugleich auch abweichende Vorstellungen, was die Arbeitsweise anbetrifft. Tiefe Hierarchien liegen ihnen schon gar nicht. Status und Prestige sind der Selbstverwirklichung, Erfüllung, Sinnhaftigkeit, Spannung und auch Nachhaltigkeit gewichen. Mehr Zeit für Familie und die Freizeit, eine Balance zwischen Beruf und Freizeit werden eingefordert.

Hin zu Arbeit 4.0: In der digitalen Zukunft werden vermehrt unternehmens- und betriebsübergreifende Arbeitsgruppen gefragt sein. Diese Gruppen werden sich je nach Projektanforderungen oder Kundenausrichtung stets neu aufstellen müssen. Schon heute ist der Trend zu einer grösseren Verzahnung mit dem Kunden erkennbar, auf digitaler, organisatorischer und auch personeller Ebene. Arbeit an sich wird mobiler werden.

Doch auch die bisherigen Führungskonzepte müssen hinterfragt werden. Bestehende Organisationsstrukturen werden sich als nicht zukunftsfähig erweisen. Führung auf Distanz wird eine stärkere Rolle einnehmen. Den Mitarbeiterarbeitenden wird dabei mehr Selbständigkeit abverlangt werden. Kontrolle muss Vertrauen weichen.

Ohne Zweifel wäre für uns alle leichter gewesen, Pandemiefall und Lockdown wären nie eingetreten. Doch so tragisch das Ganze auch ist, durch den Lockdown sahen sich auch KMUs dazu gezwungen, ihre Mitarbeiter - soweit als möglich - ins Home-Office zu schicken, auch all diejenigen, für die Home-Office bisher noch kein Thema war. Und dennoch werden aus dieser wie aus jeder Krise auch Erfahrungen resultieren, die für die Zeit nach dem Lockdown trotz allem von Nutzen sein werden. Diese Ausnahmeerfahrungen werden dennoch nicht völlig auf den Normalzustand übertragbar sein, einen Beitrag zur Vertrauensbildung aber werden sie ganz sicher leisten.

Veränderte Arbeitswelt

Die Arbeitswelt hat sich verändert. Während man früher hauptsächlich im Primärsektor und Sekundärsektor sein Geld verdiente, verlagern sich stetig die Anteile der Erwerbstätigkeit in den Wirtschaftssektoren hin in den Tertiärsektor. Dies wird sich mit der weiteren Digitalisierung der Arbeitsprozesse noch verstärken.

Eine steigende Anzahl von Arbeiten können wir deshalb von überall aus erledigen. Überall heisst, dass die Arbeit nicht unbedingt im Betrieb erledigt werden muss, sondern im Home-Office, in Coworking Spaces, in einem Shared Office oder ganz allgemein im Remote Working erledigt werden können. Ein Shared Office beispielsweise bringt mehr Abwechslung ins eigene Umfeld, der Austausch mit anderen Unternehmen in anderen Branchen bringt Bereicherung, neue Kontakte entstehen und auch ganz neue Ideen oder wertvolle Inputs können daraus resultieren. Die sich daraus ergebende Einsparung des Büroarbeitsplatzes wäre unter finanziellem Blickwinkel zwar egalisiert, die dadurch freiwerdende Zeit und die Ressourcenschonung bei einem Shared Büro in Wohnortnähe kämen jedoch der Lebensqualität und Nachhaltigkeit zugute.

Trotz der Möglichkeit des Home-Office wird der physische Arbeitsplatz nicht gänzlich verschwinden. Es braucht auch weiterhin einen realen Ort, um sozial interagieren zu können. Einen Ort, der zur Kommunikation und der Zusammenarbeit oder auch der Vernetzung dient und nicht zu vergessen, oft auch ein emotionales Bedürfnis des Betroffenen erfüllt. Damit einhergehend dürften in Bezug auf Arbeitsplätze höhere Ansprüche an die Arbeitsatmosphäre gestellt werden. Unattraktive Büroräume werden von jungen Talenten gemieden werden.

Wenn wir im Home-Office arbeiten wollen, ist es entscheidend, ob von zu Hause aus gearbeitet werden kann. Home-Office ist immer dann möglich, wenn man mit der Firma digital verbunden ist und die notwendige Infrastruktur vorhanden ist.

Leider ist es jedoch immer noch so, dass die Arbeit im Home-Office weniger Wertschätzung geniesst als diejenige der Kollegen vor Ort, ganz gleich wie produktiv und erfolgreich die Arbeit erledigt wird, nach dem Motto: «Zu Hause wird sowieso nicht richtig gearbeitet». Eine Studie belegt jedoch, dass wer mit den nötigen Soft-Skills ausgerüstet im Home-Office arbeitet, produktiver ist und konzentrierter arbeiten kann. Voraussetzung für ein erfolgreiches Home-Office ist eine Identifizierung mit der Firma und der Arbeit.

Lösungsansätze neuer Modelle

Leider halten wir im Zeitalter der Digitalisierung immer noch zu sehr an traditionellen Arbeitsmodellen fest. Die Technologie für neue Modelle wäre vorhanden und entwickelt sich ständig weiter. Arbeitsformen müssten theoretisch dem technischen Fortschritt im selben Masse folgen, wie dieser es zulässt, wobei die Erarbeitung ständig angepasster Regeln parallel dazu unausweichlich ist.

Als logische Konsequenz neuer Arbeitsformen wie dem Home-Office müssen die bisherigen Führungskonzepte hinterfragt werden. Braucht es überhaupt noch Führung im herkömmlichen Sinn?

Funktionale Autorität wird zwar weiterhin notwendig sein, formale Autorität jedoch eher weniger. Beim Home-Office müssen Unternehmen von einer Präsenz- und Überwachungskultur auf eine Ergebniskultur umstellen. Abgesehen davon lässt sich durch eine Präsenzkultur allein keine Leistung und Kreativität erzielen.

Bei mehr Autonomie müssen die Mitarbeiterleistungen von den Führungskräften streng ergebnisorientiert bewertet werden, was zugleich die Leistungen auch transparenter macht. An die Stelle von Führungsautorität muss ein beziehungsförderndes und coachendes Führungsverhalten treten, Veränderungsmanagement und Agilität an Bedeutung gewinnen. Die zukünftige Führungskraft muss es verstehen, die Mitarbeitenden dazu zu befähigen, selbständig und zielgerichtet zu arbeiten. Soft-Skills wie Selbstmanagement, Kommunikation und Arbeitsmethoden sollten daher Bestandteil der Mitarbeiterentwicklung sein.

Und wie steht es um Qualität und Termintreue im Home- oder Shared-Office? Die Arbeitsqualität ist genauso messbar, wie bei der Arbeit im Büro. Einer Führungskraft, die imstande ist, die Leistung eines anderen innerhalb des Büros zu messen, ist dies auch für ausserhalb erstellte Arbeitsleistungen möglich. Und für die Einhaltung der Termine spielt der Arbeitsort keine Rolle sondern lediglich die Selbstorganisation und -disziplin.

Abweichend vom Modell der Arbeitsleistungsbewertung auf Stundenbasis besteht auch die Möglichkeit, die Arbeit in komplette Pakete oder Teilpakete aufzuteilen. Jeder Führungskraft ist der Umfang der in einem Betrieb zum Grossteil wiederkehrenden Arbeiten bekannt. Ein Quantifizieren der Leistung würde so der Vertrauensbildung zu Gute kommen, wo eine Anwesenheitskontrolle entfällt.

Effekte und Herausforderungen

Trotz weiterhin vorhandener Einwände und Bedenken, für das Home-Office sprechen zahlreiche ökologische und ökonomische Gründe. Weniger CO2 und Stickoxyde fallen an (der Lockdown hat es gezeigt), aber auch Büroräumlichkeiten können eingespart werden. Die Pendlerströme werden kleiner, weniger Staus, weniger Parkplatzmangel. Man denke auch an den Wegfall des Arbeitswegs und den Gewinn an freier Zeit. Und wo Nachhaltigkeit gross geschrieben wird, ist es auch nicht zuletzt ein Muss, den eigenen Fussabdruck möglichst klein zu halten.

Als Nebeneffekt ergeben sich freiwerdende Ressourcen aus teilweise obsolet gewordenen Führungsaufgaben. Auf der anderen Seite sind Karrieren im Home-Office erschwert.

Aus dem Home- und Shared-Office ergeben sich jedoch auch neue Herausforderungen an die eigene Person. Kann ich mit der sich daraus ergebenden Freiheit umgehen? Lass ich mich nicht zu sehr ablenken? Vermag ich Berufliches und Privates zu trennen, um nur einige zu nennen? Andererseits ergeben sich auch zahlreiche Chancen. So kommt das Home-Office dem Wunsch nach mehr Autonomie, Selbstbestimmung und Flexibilität entgegen, was sich positiv auf die Motivation des Einzelnen auswirkt, was Studien bewiesen haben.

Was aus der momentanen Krise sich nachhaltig verändern wird, muss sich noch zeigen. Was sich jetzt schon abzeichnet ist zum einen, dass es Mitarbeiter gibt, die zukünftig ein Home-Office von sich aus weiterführen wollen, andere wiederum eher nicht. Es war festzustellen, dass die eine Hälfte auch im Lockdown lieber weiterhin im Büro arbeiten wollte, die andere Hälfte sich jedoch bereitwillig ins Home-Office begab und sich immer noch dort befindet. Das Zweite was sich herauskristallisierte war, dass sich die einen für ein Home-Office aufgrund ihrer Soft Skills eignen, andere wiederum weniger.

Fazit

Gerade in Zeiten, wo Nachhaltigkeit und das Hinterlassen eines möglichst geringen Fussabdrucks immer stärker in den Focus rücken, sollten Alternativen zu bisherigen Arbeitsmodellen umso mehr Beachtung geschenkt werden. Auch hinsichtlich einem in den letzten Jahrzenten zu beobachteten Wertewandel in der Arbeitswelt muss Rechnung getragen werden, einem Wertewandel weg von Pflicht- und Akzeptanzwerten hin zu Selbstentfaltungs- und Autonomiewerten bei den jüngeren Generationen.

Trotz bleibender Bedenken und Einwände gegen das Home-Office oder anderen Formen der Arbeit ausserhalb des firmeneigenen Büros wie Shared-Offices, schlussendlich zählt das Resultat der Arbeit und muss entsprechend betrachtet und honoriert werden und nicht die verbrachte Zeit in einem Büro.

Porträt