Strategie & Management

Flottenmanagement

Herausforderungen für ein intelligentes Fuhrparkmanagement

Ein reibungslos funktionierendes Fuhrparkmanagement ist eine Basis für die bedarfsgerechte Mobilität einer Organisation. Die Anforderungen an ein modernes Flottenmanagement sind allerdings komplex. Der Beitrag beschreibt die vielschichtigen Aufgaben, den Einsatz moderner Managementsysteme und die damit verbundenen Herausforderungen.
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Die bedarfsgerechte Mobilität stellt Unternehmen vor grosse Herausforderungen: Firmen müssen heutzutage – gerade auch im Kontext sich ändernder Geschäftsmodelle – in der Lage sein, sehr kurzfristig neue interne und externe Mobilitätsbedarfe zu adaptieren und Kapazitäten auf dem Boden, in der Luft oder auf dem Wasser bereitzustellen. Gleichzeitig muss die Kostensituation im Fokus bleiben.
 
Fehlende Verfügbarkeit von Transportkapazitäten bedeutet für Unternehmen häufig, dass diese ihre Wertschöpfungsleistung nicht wie vorgesehen erbringen können. Die Verfügbarkeit des Fuhrparks hat damit einen direkten Einfluss auf den Geschäftserfolg. Dementsprechend benötigen Unternehmen bedarfsgerechte Mobilitätslösungen. In diesem Zusammenhang ist ein intelligentes Flottenmanagement ein tragender Pfeiler.

Die Aufgaben

Generell beschäftigt sich das Flottenmanagement mit der Planung, Verwaltung und Steuerung des Fuhrparks. Die Aufgaben decken dementsprechend den kompletten Lebenszyklus einer Flotte ab, beginnend mit der Beschaffungsplanung über den Einsatz bis zur Aussonderung aus dem Fuhrpark. Flottenmanagement kann aus drei Perspektiven betrachtet werden:

  • Erstens besteht aus Planungssicht die primäre Aufgabe des Flottenmanagements in der Beschaffungs- und Ersatzplanung von Geräten und Fahrzeugen.
  • Zweitens stehen im Rahmen der Steuerung Kosten- und Verbrauchsinformationen, die Verfügbarkeit sowie das Reparaturmanagement im Vordergrund.
  • Aus Verwaltungsperspektive unterstützt das Flottenmanagement, drittens, insbesondere bei der Leistungsverrechnung, der Verwaltung von Belegen und Dokumenten sowie der Kosten- und Verbrauchsrechnung.

Über den Fahrzeugfuhrpark hinausgehend, lässt sich der Ansatz des Flotten­managements auch auf andere, hochwertige Geräte und Maschinen übertragen. So offeriert Hilti, der liechtensteinische Werkzeughersteller, seinen Kunden die Möglichkeit ihren Gerätepark unter Berücksichtigung sich ändernder Bedarfe dynamisch zu konfigurieren. Mit Erfolg: Mittlerweile umfasst Hiltis Fuhrpark für dieses Geschäftsmodell mehr als eine Million Geräte.

Die Kunden haben jederzeit Zugriff auf funktions- und leistungsfähige Geräte, wobei die Ausfallkosten möglichst minimal gehalten werden können.

Die Anforderungen

Die Anforderungen an ein modernes Flottenmanagement sind vielschichtig und haben teilweise gegensätzliche, sich widersprechende Ausrichtungen. Im Rahmen eines intelligenten Flottenmanagements wollen Unternehmen insbesondere folgende Bedingungen berücksichtigen und in eine optimale Balance bringen:

  • Reduktion der Betriebskosten: Mit steigendem Kostendruck wird es für Unternehmen immer wichtiger, Kosten einzusparen. Neben der Reduktion der Treibstoffkosten sind in diesem Zusammenhang auch die Kosten für Versicherungsprämien, Leerfahrten und Standzeiten von Bedeutung.
  • Steigerung der Kundenzufriedenheit: Unternehmen möchten jederzeit gegenüber ihrer Kunden auskunftsfähig sein und somit deren Zufriedenheit sicherstellen und optimieren.
  • Koordination und Integration der Flotte in den gesamten Unternehmensprozess: Um die Dispositions- und Steuerungsprozesse zu optimieren, benötigen die Unternehmen ein System, das in die Steuerungsprozesse entlang der gesamten  Wertschöpfungskette integriert werden kann.
  • Erhöhung der Flexibilität: Das Flottenmanagement sollte Unternehmen in die Lage versetzen, bei Bedarf sehr schnell auf neue Anforderungen und Marktbedingungen zu reagieren.
  • Verlängerung und Stabilisierung der Lebensdauer der Flotte: Für Unternehmen ist eine stabile Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit ihrer Flotte von besonderer Wichtigkeit. In diesem Zusammenhang ist auch eine zielgerichtete und vorrausschauende Wartung essenziell für den reibungslosen Betrieb.
  • Absicherung gegenüber rechtlichen Vorgaben: Aufgrund strenger rechtlicher Vorgaben müssen Unternehmen alle relevanten Dokumente, wie beispielsweise die Fahrtenbücher, zentral abrufbar vorhalten. Zusätzlich besteht der Bedarf einer Absicherung für sich und ihre Fahrer im Anlassfall.
  • Und die Berücksichtigung einer optimalen CO2-Bilanz: Aus Nachhaltigkeits- und Umweltgründen sehen sich Unternehmen zunehmend der Herausforderung ausgesetzt, ihren CO2-Ausstoss zu reduzieren.

Management und Systeme

Zur Unterstützung der beschriebenen Anforderungen kommen Flottenmanagementsysteme zum Einsatz. Bei modernen Flottenmanagementsystemen handelt es sich um vernetzte IT-Lösungen, welche je nach Funktionsumfang unterschiedlichste Technologien nutzen und integrieren. Die Funktionen solcher Systeme sind vielfältig und reichen von einzelnen Basiskomponenten, wie Ortung und Navigation, bis hin zu integrierten Gesamtlösungen, welche alle Prozesse rund um das Management der Flotte unterstützen. Flottenmanagementsysteme erleichtern den Verantwortlichen, die Disposition von Fahrzeugen und Fahrern sicherzustellen, Wartungszyklen zu überwachen, Standzeiten zu organisieren und die Erneuerung der Flotte zu planen.

Gleichzeitig übernehmen sie sowohl die IT-gestützte Datenverarbeitung entlang der Lieferkette als auch die medienbruchfreie Übermittlung von Auftragsdaten, wie Lieferschein, Frachtbrief oder Auftragsbestätigung. Zudem bieten sie den Fahrern vielfältige Hilfestellungen von auftragsbezogenen Informationen bis hin zu fahrerindividuellen Trainings.

Die modernen Flottenmanagementsysteme nutzen dabei Telemetrie und Telematik. Telemetrie beschreibt dabei die Machine-to-Machine-Kommunikation und damit den Austausch von Informationen zwischen Transporteinheit und zentralem System. Unter Telematik wird die Kommunikation der Maschine mit dem Menschen verstanden. Konkret bedeutet dies, dass den Nutzern Fahrzeuginformationen zur Verfügung gestellt werden, die es ihnen ermöglichen, die Flotte zu steuern. Diese spezifischen Sensordaten der Fahrzeuge lassen sich auch im Rahmen eines übergreifenden Flottenmanagements nutzen. Zu diesem Zweck werden gewöhnlich die Informationen des CAN-Busses abgegriffen und verteilt.

Neue Einsatzszenarien

Aus dieser prozessualen und technologischen Grundlage ergeben sich im Zusammenhang mit Flottenmanagement neuartige Einsatzszenarien, die nachfolgend aufgezeigt werden.

Interaktive Fahrzeugsteuerung

Aufgrund der Mobilität der Flotte ist deren interaktive Bewegungsplanung und -steuerung auf der vorgesehenen Route von grosser Bedeutung. Mittels Vernetzung und Telematik-Funktionen besteht die Möglichkeit, den Aufenthaltsort der Fahrzeuge zu identifizieren. In Kombination mit Routenplanungsfunktionalitäten und Echtzeit-Verkehrsinformationen ermöglicht dies, die schnellstmögliche Route zum Ziel zu ermitteln. Stehen mehrere Fahrzeuge zur Auswahl, so kann das bestmögliche Einsatzszenario bestimmt werden.

Im Falle von sensiblen Transporten finden zudem Ortungsfunktionen Anwendung, um die Fahrzeuge zu überwachen und gegebenenfalls – beispielsweise im Falle einer Streckenabweichung – einen Alarm auszulösen. Ausserdem kann mittels interaktiver Fahrzeugsteuerung die Verkehrssteuerung optimiert werden. Dies betrifft sowohl das Auftreten unmittelbarer Gefahren in Verkehrsverbunden als auch in Zusammenhang mit Verkehrsleitsystemen die Nutzung von Grüne-Welle-Phasen.

Wartungsmanagement

Die Voraussetzung für die Steuerung der Flotte ist die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft. Das ist Aufgabe des Wartungsmanagements. In diesem Zusammenhang ermöglicht Condition Monitoring die Echtzeitüberwachung von Fahrzeugen während ihres Einsatzes sowie die Ferndiagnose bei auftretenden Problemen. Damit kann die Einsatz­fähigkeit während der Nutzung im Auge behalten werden. Die Sammlung von umfangreichen Fahrzeug- sowie Einsatzdaten von kompletten Herstellerflotten ermöglicht es heute, statistische Wahrscheinlichkeiten für einen möglichen Ausfall aufgrund von Sensorkonstellationen zu identifizieren.  Diese Informationen können direkt für die Steuerung notwendiger Schritte entlang der Wartungskette genutzt werden sowie der potenziell benötigte Ersatzteilbedarf identifiziert werden. Des Weiteren kann gezielt nach der Verfügbarkeit von Ersatzteilen als auch von freien Kapazitäten in der Nähe des aktuellen Fahrzeugstandorts gesucht werden.

Funktionale und datentechnische Integration der Unternehmen

Die Steuerung der Flotten erfolgt nicht autonom, sondern entlang der Logistik­-ketten der Unternehmen. Mit einer Integration in die relevanten Planungs- sowie Dispositionssysteme besteht die Möglichkeit einer durchgehenden Steuerung
entlang der Wertschöpfungsketten. Der  Mehrwert besteht hier in der Berücksichtigung von sich ändernden Kapazitätsbedarfen im Rahmen der Kapazitätsplanung. Mittels durchgehender Integration können die verfügbaren Kapazitäten der Flotte mit den benötigten Bedarfen der Unternehmen in Echtzeit zusammengebracht werden. Hiermit besteht beispielsweise die Möglichkeit einer rollierenden Anpassung der Kapazitäten – zum Beispiel durch das Hinzuziehen weiterer Dienstleister – oder dem Leasing von Ersatzfahrzeugen im Falle von prognostizierten oder effektiven, längeren Ausfällen. Auch besteht die Möglichkeit, effizient Stillstandzeiten in Abhängigkeit geringerer Kapazitätsbedarfe abzubilden.  Zudem können im Falle von Änderungen der Fahrzeugverfügbarkeit Fahrten entgegen der ursprünglichen Planung neu priorisiert werden.

Administrative Prozesse wie das Führen von Fahrtenbüchern und Zeiterfassun-gen können automatisiert in die ERP-Lösung der Unternehmen integriert werden, wodurch sich administrative Aufwände für den Fahrer reduzieren. Die transparente Übersicht über Leistungs­daten wie Standort, Fahrleistung und Ladungszustand ermöglicht zudem dispositionstechnische Optimierungen aufgrund neuer Auftragseingänge bei den jeweiligen Unternehmen. Ausserdem lassen sich damit in Echtzeit finanzielle Kennzahlen hinsichtlich des jeweiligen Fahrzeugeinsatzes ermitteln. Dieser Integrationsgedanke kann auch in der Start-up-Welt beobachtet werden. Start-ups wie Convoy oder Cargomatics in den USA versuchen beispielsweise, Aufträge von verschiedenen Dienstleistern zu sammeln, diese auf verschiedene lokale Transportunternehmen zu verteilen und durch eine automatisierte optimierte Routenführung die Leerfahrten, zu minimieren.

Autonome Steuerung der Verkehrsträger

Die aktuellen, technologischen Entwicklungen ermöglichen die Kopplung mehrerer Fahrzeuge zu einem zugähnlichen Verbund mithilfe eines Fahrerassistenten und Steuersystemen. Bei diesem «Platooning» sitzen die Fahrer der hinteren Fahrzeuge zwar noch im Führerhaus, überwachen allerdings lediglich ihre Systeme. Studien zeigen, dass diese elektronische Kopplung alleine aufgrund der reduzierten Luftwiderstände der Fahrzeuge Treibstoffeffizienz- und Emissionsvorteile von bis zu zehn Prozent mit sich bringen. Zudem wird die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls reduziert. Eine sinnvolle Nutzung setzt allerdings integrierte Dispositions- sowie Routenplanungsprozesse voraus, welche beispielsweise die gezielte Planung von Verbunden entlang vorgesehener Transportstrecken unterstützen.

Für kleinere Flottenbetreiber besteht aus­serdem die Herausforderung, dass Platooning nur im Falle einer gewissen Grös-­se der Flotte funktioniert. Hier könnten neue Plattform-Geschäftsmodelle entstehen, die es Unternehmen ermöglichen, nach einer Registration mit anderen Unternehmen temporär Platooning auf ganz konkreten Fahrten zu betreiben.  Der Ansatz des autonomen Fahrens wird potenziell auch im Rahmen des Flottenmanagements Einzug halten. Dies wird auch den Platooning-Ansatz insbesondere dahingehend verändern, dass kein Fahrer mehr an Bord sein muss.

Integrierte Mobilität

Der Trend zu einer integrierten Mobilität wirkt ebenfalls auf das Flottenmanagement. So wird es zukünftig immer weniger darauf ankommen, über welche Flotte das jeweilige Unternehmen aktuell verfügt, sondern vielmehr, auf welche Flottenelemente in Form der jeweiligen Verkehrsträger wie Auto, Bahn, Schiff, Flugzeug, Drohne et cetera Zugriff besteht. Ein Zugriff auf ein breites Portfolio an Verkehrsträgern bietet die Grundlage, um zu definieren, welche optimierte Kombination an Transportmedien das gewünschte Beförderungsobjekt in einer definierten Qualität bei gleichzeitig minimalen Kosten von A nach B bringt.

Die Wichtigkeit der Logistikspezialisten, welche die Orchestrierung der richtigen Elemente am besten beherrschen, wird tendenziell zunehmen. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass eine grössere Anzahl Unternehmen den immer komplexeren und investitionsintensiven Betrieb ihrer Flotte auslagern werden. Dies bringt auch eine zunehmende Individualisierung der Lieferketten insbesondere auf der «letzten Meile» mit sich. In Zukunft kann es beispielsweise so sein, dass autonome Drohnen je nach Kundenbedarf zum exakten Bedarfszeitpunkt Auslieferungen vornehmen – selbst im ländlichen Raum, in dem die Logistik mit dem bestehenden Flottenmanagement aufgrund fehlender Skaleneffekte aktuell noch (zu) teuer ist.

Herausforderungen

Aus der Integration von Fahrzeugen, Flottenmanagement- und weiteren Systemen resultieren allerdings Herausforderungen. Dies gilt zum einen für den rechtlich korrekten und betriebswirtschaftlich sinnvollen Umgang mit Daten: Mit der Transparenz der Fahrzeugflotte für das eigene Unternehmen geht jedoch gleichzeitig die Gefahr einher, dass deren Daten womöglich widerrechtlich einsehbar für nicht befugte Dritte werden. Zudem haben Partner wie beispielsweise Fahrzeughersteller die Möglichkeit, potenziell dezidierte Informationen über die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes ihrer Fahrzeuge zu erhalten. Zudem werden die persönlichen Rechte der Fahrer tangiert, lassen sich deren Einsätze aufgrund der technologischen Lösungen doch zunehmend lückenlos nachvollziehen.

Technische Hürden

Neben den beschriebenen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Aspekten existieren auch technologische Herausforderungen: So ist die durchgehende Verfügbarkeit schneller, mobiler Internetverbindungen zwingend notwendig, um überhaupt den erforderlichen Informationsaustausch sicherstellen zu können. Zudem existiert eine grosse Heterogenität an Flottenmanagementlösungen, welche nur bedingt oder überhaupt nicht kompatibel sind. Hier bestehen bereits Initiativen, wie beispielsweise C-V2X, unter der sich unterschiedliche Automobilhersteller zusammengeschlossen haben, um einen gemeinsamen Standard für die Vehicle-to-everything Kommunikation (V2X) zu etablieren.

Dementsprechend sollten Unternehmen ihre Flottenmanagementlösungen insofern planen, dass sie diese möglichst bedarfsgerecht an ihre spezifische Unternehmenssituation adaptieren können. Insbesondere gilt es zu klären, ob für die Unternehmen in Abhängigkeit ihres Geschäftszwecks einfache, aber nicht oder nur bedingt integrierte Stand-alone-Lösungen ausreichen. Ist das Flottenmanagement von einer grösseren, strategischen Bedeutung so besteht die Not-
wendigkeit eine stärkere Integration in das Unternehmen und deren Prozesse vorzunehmen.

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