Strategie & Management

Elektronische Archivierung

Herausforderungen für die digitale Ablage

Im Zeitalter der Digitalisierung ist es zwingend, dass die Archivierung von Daten und Belegen papierlos erfolgt. Mit dem Schritt in die papierlose Zukunft lassen sich Effizienzsteigerungen und somit Kosteneinsparungen erzielen. Damit eine elektronische Archivierung aber gesetzeskonform erfolgt, sind einige Herausforderungen zu meistern.
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Viele Unternehmungen streben die papierlose Firmenumgebung mit einem effizienten und schnellen digitalen Beleg- und Informationsfluss an. Die Praxis sieht aber oft anders aus. Firmen verfügen über kein konkretes Daten- und Speicherungskonzept, was dazu führt, dass Daten unterschiedlich oder doppelt gespeichert werden, Daten und Belege nicht oder nicht schnell genug auffindbar sind oder aufwendige individuelle sprich mitarbeiterbezogene Speicherstrukturen (Explorer) angelegt werden. Dies hat für die Unternehmungen wesentliche Ineffizienzen und Mehrkosten zur Folge – be­gleitet auch vom Risiko, dass mit unterschiedlichen Daten gearbeitet wird. Zudem ist festzustellen, dass viele Unternehmungen, welche bereits über eine elek­tronische Archivierung verfügen, die Papierbelege aus Sicherheitsgründen nicht entsorgen. Dies ist häufig eine Folge davon, dass Unternehmungen unsicher sind, welche gesetzlichen Anforderungen im Konkreten hinter der elektronischen Archivierung stecken.


Rechtliche Voraussetzungen


Der Gesetzgeber hat die Aufbewahrung von Buchhaltungsbelegen in mehreren Gesetzen geregelt. Die obligationenrechtlichen Vorschriften (Art. 957 a OR) fordern eine Buchführung nach den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchführung. Dies beinhaltet die vollständige, wahrheitsgetreue und systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle, den Belegnachweis für die einzelnen Buchungs-
vorgänge sowie insbesondere die Nachprüfbarkeit.

Weitere Bestimmungen finden sich in der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV). Diese verlangt, dass die Belege so aufbewahrt werden, dass sie nicht geändert werden können, ohne dass sich dies feststellen lässt. Sämtliche Änderungen müssen protokolliert sein, unabhängig davon, ob die Belege in elektronischer oder in Papierform aufbewahrt werden. Die Integrität (Echtheit und Unverfälschbarkeit) jedes Belegs ist sicherzustellen. Zudem ist wichtig, dass archivierte Informationen von aktuellen Informationen getrennt sind, respektive so gekennzeichnet sind, dass eine Unterscheidung möglich ist.

In der Vergangenheit stellte die Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) ungleich höhere Anforderungen an die elektro­nische Aufbewahrung als an die Aufbewahrung auf Papier. Per 1. Januar 2018 wurde diese unverständliche Ungleichheit beseitigt und die MWSTV angepasst, welche nun mit den Anforde­rungen gemäss Obligationenrecht sowie der Ge­BüV korrespondiert. Selbstverständlich müssen die archivierten Dokumente während den gesamten gesetzlichen Archivierungsfristen (Abbildung 1) les­bar sein.


Datenschutzregelungen


Neben den nationalen Datenschutzregelungen kommen auch internationale Vorschriften (zum Beispiel die im Mai 2018 in der EU in Kraft getretene Verordnung zum Datenschutz DSGVO) zur Anwendung. Diese können extraterritoriale Wirkung entfalten und somit auch für Schweizer Unternehmen gelten, welche Daten von Personen mit Wohnsitz oder Aufenthalt im EU-Raum verarbeiten oder aufbewahren. Die DSGVO verlangt beispielsweise ex­plizit die Möglichkeit einer Löschung von Daten, wenn zum Beispiel eine betroffene Person dies ausdrücklich wünscht oder der Zweck nicht mehr gegeben ist, für den die Daten erhoben wurden.

Damit kann die Archivierung von Daten für jene Unternehmungen zu einem Stolperstein werden, welche für die Auf­bewahrung von Daten unveränderbare Datenträger benützen (zum Beispiel Worm-Speicher). Sollten Daten auf einem solchen Speicher vorhanden sein, für die nach Datenschutzrecht die Möglichkeit einer Löschung bestehen muss, ist die Löschung entweder nur unter technisch hohen Anforderungen möglich oder der ganze Datenträger muss mit allen anderen Daten vernichtet werden. Die Datenschutzbestimmungen sind grundsätzlich nur für personenbezogene Daten einschlägig.


Da davon auszugehen ist, dass sich die schweizerische Datenschutzgesetzgebung in Zukunft eng an die EU-Richtlinien anlehnen wird, tun auch Schweizer Unternehmungen gut daran, bei der digitalen Ablage und Archivierung von Daten frühzeitig Vorkehrungen zu treffen, damit die Anforderungen der Datenschutzgesetzgebung eingehalten werden können.


Praktische Umsetzung


Unternehmungen, welche die physische Aufbewahrung von Belegen durch eine vollständig digitale Ablage ersetzen wollen, müssen somit eine Vielzahl von gesetzlichen Anforderungen beachten. Das in der Praxis oft anzutreffende Einscannen von Belegen und Ablegen als normales PDF-File im Explorer erfüllt in den seltensten Fällen die gesetzlichen Anforderungen.

Ausgangspunkt für das Gelingen der Umstellung bildet ein Konzept, in welchem die Ziele, Anforderungen und Hilfsmittel definiert werden. Die Umstellung auf eine digitale Archivierung bietet die Chance, bestehende Prozesse zu hinterfragen und zu optimieren, denn «mit dem Essen kommt der Appetit» und umgehend werden auch vorgelagerte Prozesse (zum Beispiel Debitoren-, Kreditorenprozess) in die Analyse miteinbezogen. Das Konzept bildet den Grundstein, um die passenden Hilfsmittel zu evaluieren. Neben der Frage, ob und wie die bestehende IT-In­frastruktur als Basis verwendet werden kann, sind auch weitere Hilfsmittel wie Scanning-Lösungen, ein Archivierungssystem oder ein Daten-Manage­ment-­System (DMS) einzuplanen.

Ausgehend von den Konzeptzielen und der firmenspezifischen Aufbau- und Ablauforganisation sind dabei die Anforderungen an ein Archivierungssystem oder DMS zu definieren (Datenfluss, Ablagesystematik, Visumregelungen, Logfiles, Schnittstellen usw.). Jeder Bearbeitungsschritt muss in einem sogenannten Logfile protokolliert werden mit Angabe von Zeitpunkt des Vorgangs und Nutzeridentifikation. Eine Umstellung auf elektro­nische Archivierung und elektronische Datenflüsse wird nur erfolgreich sein, wenn sich die ganze Organisation in ihren Prozessen und in ihrem Denken darauf ausrichtet.

Nach erfolgter Umsetzung sind die Abläufe verfahrenstechnisch in einer Verfahrensdokumentation festzuhalten. Die Verfahrensdokumentation soll einem Aussenstehenden (zum Beispiel einem Revisor der MWST) aufzeigen,

  • wie sämtliche Buchhaltungsbelege vom Eingang über die Verarbeitung bis zur Verbuchung und Ablage durch die betrieblichen Prozesse fliessen und welche technischen Hilfsmittel zum Einsatz kommen;
  • wie die Integrität der Daten gewährleistet wird und wie die archivierten Belege während der notwendigen Aufbewahrungsfrist verfügbar gemacht werden können.

Weiter enthält diese Verfahrensdokumentation auch Arbeitsanweisungen für die einzelnen Prozessabläufe. Ganz wichtig sind auch jene Anweisungen für Mitarbeitende, welche über Administratorenrechte verfügen. Dies ist notwendig, da Administratoren die Möglichkeit haben, Dokumente bewusst oder unbewusst zu löschen oder Einstellungen zu ändern, welche einem DMS die Revisionstauglichkeit absprechen würden.

Die Datensicherung und die Datensicherheit nehmen eine wichtige Rolle ein. Das erwähnte Konzept soll etwa aufzeigen, wie die Daten

  • virtuell und physisch vor unbefugtem Zugriff und Diebstahl geschützt werden können;
  • regelmässig mit einem Backup gesichert werden können (georedundant auf zwei verschiedene und ortsunabhängige Server);
  • auf dem verwendeten Datenträger innerhalb der benötigten Aufbewahrungsfrist lesbar bleiben.


IT-Outsourcing


KMU lagern ihre IT-Infrastruktur zunehmend an spezialisierte Unternehmen aus. Hier gilt es zu beachten, dass der Servicenehmer (nicht der externe Dienstleister) auch bei einem Outsourcing letztlich in der Verantwortung für die gesetzeskonforme Aufbewahrung von Daten verbleibt. Betreffend Belegablage ist es somit von zentraler Bedeutung, dass auch der Outsourcing-An­bieter die gesetz­lichen Vorgaben einhalten kann. Es ist sinnvoll, mit dem externen Dienst­leister eine Vereinbarung zu treffen, welche die Arbeiten und Verantwortlich­keiten im Bereich der Buchführungspflichten regelt. Dies gilt selbstverständlich auch, wenn Daten in einer Cloud gehalten werden. Weiter ist zu prüfen, ob Arbeitsan­wei­sungen im Umgang mit den Systemen und Daten auf den IT-Dienstleister aus­zuweiten sind. Fällt ein Schweizer Un­ternehmen unter den Anwendungsbereich der DSGVO, ist bei der Aus­lagerung per­sonenbezogener Daten eine ent­spre­chende Vereinbarung mit dem ex­ternen Dienstleister ausdrücklich erforderlich (die sogenannte Auftragsdaten­verarbei­tungs-Vereinbarung).


Schlussfolgerung


Will sich ein Unternehmen digital transformieren und den Belegfluss digitalisieren, so wird eine elektronische Archivierung unumgänglich. Die Anforderungen an eine gesetzeskonforme digitale Archivierung in Kombination mit der Ein­haltung allfällig relevanter Datenschutzverordnungen sind anspruchsvoll und können nur mit einem ganzheitlichen Konzept erreicht werden. Es ist davon auszugehen, dass viele Unternehmen, welche bereits jetzt über eine elektro­nische Archivierung verfügen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht vollständig erfüllen. Eine saubere Planung, Grund­lagenarbeit und Prozessbeschreibungen (Verfahrensdokumentation) sind dabei unumgänglich.

Die Einführung einer digitalen Archivierung kann zeitaufwendig sein und dazu sind Mitarbeiterressourcen notwendig. Damit die digitale Archivierung in allen Belangen gelebt wird, braucht es eine Belegschaft, welche dies stützt. Vertrauen der Mitarbeiter ist wichtig und ein griffiges Change-Management allenfalls notwendig. Mit einer digitalen Archivierung lassen sich wesentliche Effizienzsteigerungen erzielen und Kosteneinsparungen realisieren.

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