Gemäss einer Untersuchung des Wirtschaftswissenschaftlers Hauschildt (siehe Box «Quellenhinweis») lassen sich rund zwei Drittel der Unternehmenskrisen auf personengeprägte oder institutionelle Ursachen zurückführen. Dazu gehören Führungsmängel, zu enge Beziehungen, Konflikte im Team oder schlicht Rivalitäten, Missgunst und Neid. Wichtige Krisenursachen finden sich bei Fehlern in der Expansion, bei der Integration einer Akquisition oder bei der Diversifikation in neue Produktmärkte. Niedergänge von Unternehmen lassen sich auch auf ungeeignete Organisationsstrukturen, Verkrustung mit einhergehender unzureichender Flexibilität oder Schwächen in der Personalentwicklung zurückführen.
Krisen vor allem hausgemacht
Damit ist die Liste der selbstverursachten Probleme noch nicht abgeschlossen. Weitere rund 20 Prozent der Ursachen für Unternehmenskrisen begründen sich mit operativen Fehlleistungen. Beispiele sind Mängel im Management-Handwerk bei Marketing und Vertrieb, Produktion oder der Produktentwicklung.
Bemerkenswert ist somit, dass weniger als zehn Prozent der untersuchten Fälle auf externe Ursachen wie schlechte Marktbedingungen oder ungünstige konjunkturelle oder geopolitische Entwicklung zurückgeführt werden konnten. Mit anderen Worten, Unternehmenskrisen sind hauptsächlich hausgemacht.
Damit rücken die Unternehmer, Eigentümer und das Management in das Zentrum der Ursachensuche. Um fair zu bleiben: Natürlich entstehen Unternehmenskrisen mehrheitlich multikausal – und sie entwickeln sich im Normalfall über viele Jahre hinweg. Meistens sind Symptome frühzeitig wahrnehmbar. Insbesondere Mitarbeitenden, aber auch Kunden und Lieferanten bleiben diese nicht verborgen. Das Management ist zu oft im Tagesgeschäft absorbiert und vielen Eigentümern fehlt es an Leidensdruck. Kollektives Wegschauen und Verleugnen sind natürliche Reaktionen.
Es ist oft ein einzelnes Ereignis, das die latente, schwelende Krise auf einen Schlag offen zutage treten lässt. Das kann ein Rechtsfall, ein Produktionsausfall oder ein «unerwarteter» Abgang eines wichtigen Kunden sein. Vielen KMU wird die Unternehmenskrise erst bewusst, wenn fällige Lohnzahlungen nicht mehr fristgerecht bezahlt werden können. Jetzt, im Moment der fehlenden Liquidität, wird der Ernst der Lage erkannt. Der logische nächste Schritt, nämlich der Anruf bei der Hausbank mit Bitte um eine temporäre, ausserordentliche Limitenerhöhung, endet nicht immer positiv. Denn nicht immer spielt die Bank mit. Was nun? Die Logik von Bankentscheidungen diskutieren wir im zweiten Teil dieser Serie («Situationsanalyse», Ausgabe 3/25).
Rechtliche Einordnung
Wir beziehen uns in den folgenden Ausführungen auf die Aktiengesellschaft (AG) nach Schweizer Recht (Art. 716a OR und Art. 725 OR) und fokussieren auf den Verwaltungsrat (VR). Die Aussagen gelten sinngemäss aber auch für andere Gesellschaftsformen.
Die Aktionäre wählen im Rahmen der Generalversammlung (GV) den Verwaltungsrat. Dem Verwaltungsrat als Gremium obliegt die Oberleitung der Gesellschaft (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 OR). Mit der Oberleitung sind zentrale unübertragbare und unentziehbare Rechte und Pflichten verbunden. Dazu gehören neben der Festlegung der Strategie insbesondere Ernennungen und Abberufungen von Geschäftsleitungen sowie die Finanzplanung und Finanzkontrolle mit entsprechender Berichterstattung.
