Strategie & Management

Organisationsentwicklung (Teil 1 von 2)

Gestaltungsoptionen des rechtlichen Supports in KMU

Externe Beratung oder eine eigene Rechtsabteilung? Diese zweiteilige Serie zeigt die Vor- und Nachteile beider Optionen. Im ersten Beitrag geht es darum, ob ein KMU überhaupt eine Rechtsabteilung braucht. Im zweiten geht es um die Fragen, wie man eine Rechtsabteilung aufbaut, richtig implementiert und wie sie sich positionieren muss.
PDF Kaufen

Mithilfe von externer Beratung oder einer eigenen Rechtsabteilung können KMU ihre Risiken und Schadenkosten erfahrungsgemäss beträchtlich senken und gar den Unternehmenswert steigern. In Anbetracht dieser Herausforderung diskutieren Experten über Sinn und Unsinn einer eigenen Rechtsabteilung in einem KMU, wie man diese implementiert, die richtigen Experten findet und wie sich die Rechtsabteilung positionieren muss, um effizient tätig sein zu können.

Rechtlicher Support in KMU

Grosse Unternehmen verfügen allesamt über Rechtsabteilungen, sie beschäftigen Vertragsspezialisten, aber auch Spezialisten etwa für Compliance- und Corporate- Governance-Angelegenheiten sowie für Arbeitsrecht bis hin zu Gender-Fragen. Dazukommen in der Regel eine Vielzahl länderübergreifender Kooperationen mit Anwaltsbüros und weiterer Spezialisten (z. B. Steuerexperten). Sie alle tragen zur Risikoreduktion der Unternehmen bei.

Auch KMU müssen ihre rechtlichen Risiken im Griff haben. Die Budgets hierfür sind jedoch sehr viel kleiner. Bei ihnen stellt sich die Frage, wie man überhaupt zu zahlbaren juristischen Leistungen kommt, wie man eine allfällige eigene Rechtsabteilung betreiben und auslasten kann und was die Erwartungen an eine Rechtsabteilung sein dürfen. Zahlbar, weil die Kosten für juristischen Support hoch – bis sehr hoch – und für Laien nur schwer überwachbar sind. Erwartungen, weil diese oft nicht richtig oder unvollständig sind. Falsche Erwartungen führen dazu, dass die Rechtsabteilung falsch besetzt ist, nicht effizient funktioniert, indem sie etwa einen Gutachterstil pflegt und der Fokus zu sehr auf rechtliche Details gerichtet wird. Geht es um den rechtlichen Support, muss ein KMU innovativ sein. Es kann beispielsweise die Honorare verhandeln oder sogar unentgeltlichen rechtlichen Support erhalten. Zuerst einmal stellen sich aber einige ganz grundsätzliche Fragen.

Gründe für rechtlichen Support

Bei der Frage, ob man rechtliche Leistungen beziehen oder gar eine eigene Rechtsabteilung implementieren soll, muss sich ein KMU als Erstes fragen, wo es sich auf der Risikokarte bewegt. Hier stellen sich grundsätzliche Fragen wie etwa:

  • Ist das Unternehmen grenzüberschreitend tätig?
  • Bewegt sich das Unternehmen in einem streng regulierten Markt?
  • Welches sind die Risiken, die von den eigenen Produkten und Leistungen ausgehen?
  • Inwieweit sind Risiken versicherbar?
  • Muss sich das Unternehmen regelmäs­sig den vertraglichen Vorgaben von Kunden beugen?
  • Wie steht es um den (rechtlichen) Ausbildungsgrad der Mitarbeitenden?

Je nachdem wie die Antworten ausfallen, kann das dafür sprechen, rechtlichen Support für sein Unternehmen zu suchen. Dabei muss man sich aber auch intensiv mit der Frage beschäftigen, wofür man denn den rechtlichen Support genau einsetzen möchte und auch kann und wie man diesen Support effizient organisiert. Der rechtliche Support kann von einer eigenen Rechtsabteilung erbracht werden.

Die eigene Rechtsabteilung

Viele Unternehmen und Manager sind von Schadenfällen gebrandmarkt, die sie in ihrem Handeln vorsichtiger und sensibler gemacht haben. Hierzu ein Beispiel: Zwischen einem KMU mit Sitz in der Schweiz und einem Kunden im Ausland kommt es zu einem Störfall. Aufgrund schlecht verhandelter Verträge liegen die Karten für das KMU nicht nur rechtlich schlecht. Das Management muss für die Erledigung des Störfalles ins Ausland reisen, sich mit einem unbekannten Recht, auf das man sich im Vertrag eingelassen hat, auseinandersetzen und zur Unterstützung einen teuren lokalen Experten aufbieten. Als dann ein Gerichtsfall droht, muss aufgrund einer Risikoeinschätzung ein teurer Kompromiss eingegangen werden, der das KMU finanziell schmerzt.

Erfahrungsgemäss ist ein bereits eingetretener Schadenfall der häufigste Grund, wonach sich Unternehmen entscheiden, eine eigene Rechtsabteilung zu betreiben oder fallweise auch mit einem externen Rechtsexperten zusammenzuarbeiten. Die Schmerzgrenze ist oft sehr hoch. Bei der Beratung betroffener KMU kann nicht selten festgestellt werden, dass man mit den Schadenskosten eine Rechtsabteilung auf Jahre hinaus hätte unterhalten und zahlen können. Ein bekannter Firmen­eigentümer sagte vor einiger Zeit in einem Gespräch, dass nur schon ein grosser Schadenfall, den die Rechtsabteilung zu verhindern vermöge, genügend Grund sein könne, ihre Daseinsberechtigung zu rechtfertigen.

Dazugesellt sich je länger je mehr die Einsicht von KMU-Managern, dass sie selber rechtlich belangt werden können, sofern Risiken nicht im Auge behalten und aktiv gemanagt werden oder wenn zwingende Rechtsvorschriften missachtet werden. Die Rechtsabteilung kann so auch zum persönlichen Compliance Coach eines exponierten KMU-Managements werden, was in grossen Unternehmen schon lange der Fall ist.

Die externe Anwaltskanzlei

Viele Unternehmen behelfen sich mit externen juristischen Fachexperten. So werden etwa Anwaltskanzleien punktuelle Contract-Management-Aufgaben übertragen. Manchmal ist ein Rechtsspezialist im Verwaltungsrat eines KMU vertreten, was den Zugang zu rechtlichem Support erleichtert. Vorteil dabei ist, dass juristische Leistungen bedarfsweise abgerufen werden können. Nachteil ist erfahrungsgemäss, dass die externen Fachkräfte oftmals nur unzureichend mit den internen Schnittstellen, Abläufen und Prozessen im Unternehmen vertraut sind und ihnen die Nähe zu den Mitarbeitenden, und somit auch Wissen um deren Ausbildungsstand, fehlt.

Ausserdem mangelt es oft an einer ordentlichen Instruktion (falsche Informationen, mangelhafte Koordination, unvollständige Sachverhalte, mangelhaftes Verständnis für rechtliche Zusammenhänge etc.) und ihre Expertise wird nicht selten erst dann verlangt, wenn sich Risiken bereits manifestiert haben; mit anderen Worten, wenn der Karren schon im Dreck steckt. Die Frage, wann es sich für ein KMU lohnt, über eine eigene Rechtsabteilung zu verfügen, lässt sich jedoch nicht leicht beantworten und hängt von mancherlei Faktoren ab.

Auch eine finanzielle Frage

Der Entscheid, eine eigene Rechtsabteilung zu implementieren, hängt nebst den Antworten auf die aufgeführten Fragen zunächst ganz wesentlich von der finanziellen Situation ab. Eine eigene Rechtsabteilung kostet zweifelsohne Geld. Oft werden die externen rechtlichen Kosten mit den potenziellen internen Kosten für eine eigene Rechtsabteilung verglichen. Dieser Vergleich macht Sinn, er hinkt jedoch oft, denn für viele Leistungen von externen Rechtsexperten wären erhebliche Preisreduktionen möglich, die in den Berechnungen meist nicht berücksichtigt werden und die nur ein Experte herbeiführen beziehungsweise verhandeln kann, eben der Inhouse Counsel.

Er kann die Angemessenheit von Honoraren sowie den Zeitaufwand für juristische Leistungen besser überprüfen und damit auch bessere Bedingungen aushandeln, was in der Kostenrechnung zu berücksichtigen ist. Er wird einen Grossteil der sich stellenden rechtlichen Aufgaben in kleinen oder mittelgrossen Unternehmen intern erfüllen können. Aber auch wenn ein Unternehmen über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, wird es trotzdem von Zeit zu Zeit nötig sein, externen rechtlichen Support in Anspruch zu nehmen. Und zwar dann, wenn es um grenzüberschreitende Herausforderungen oder Streitigkeiten beziehungsweise spezialisierte Fragestellungen geht. Die Rechtsabteilung kann diese Kosten aber erheblich senken, indem sie gut verhandelt und richtig instruiert.

Informationen und Auskünfte

Wer freundlich fragt, erhält oft auch eine freundliche Antwort. Das gilt auch für juristischen Support. Die nachfolgende Liste ist nicht abschliessend, zeigt aber auf, wie ein kleines oder mittelgrosses Unternehmen zu rechtlichem Support gelangen kann, ohne in der Regel hohe Honorare für diese bezahlen zu müssen:

  • Zahlreiche Handelskammern in der Schweiz beschäftigen juristisches Personal, das den Mitgliedfirmen rechtliche Auskünfte erteilen kann.
  • Die meisten KMU sind gut versichert. Die Versicherung beschäftigt rechtlich geschultes Personal, das gerade in Bezug auf die Ausgestaltung von Verträgen (insbesondere in Bezug auf Haftungsregelungen) Auskünfte erteilen kann.
  • Vor allem deutsche Industrie- und Handelskammern stellen nützliche Muster von Verträgen kostenlos zur Verfügung (siehe beispielsweise: www.frankfurt-main.ihk.de/recht/mustervertrag).
  • Auch sind Grossunternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung (im Sinne eines «gros­sen Bruders») auf freundliche Anfrage hin oftmals bereit, eine kleinere Firma punktuell, beispielsweise mit einem Vertrags-Template oder einem rechtlichen Tipp, zu unterstützen.
  • Zahlreiche Wirtschaftsverbände verfügen über rechtlich geschulte Fachspezialisten: Für die Maschinenindustrie bietet sich beispielsweise die Swissmem an und für Fragen der Beschaffung beispielsweise der Verband «procure.ch». Letzterer bietet Mitgliedern und Nichtmitgliedern Vertrags- und Dokumentenchecks zu vernünftigen Konditionen an. Für Geschäfte mit und in Deutschland bietet sich zum Beispiel auch die VSUD (Vereinigung Schweizerischer Unternehmen in Deutschland) in Basel an, wo ebenfalls juristische
  • Fachexperten arbeiten.
  • An Fachhochschulen und vor allem Universitäten arbeiten Juristen und Doktoranden, die für vielerlei Fragen (auch aus der Wirtschaft) Auskünfte erteilen können (bis hin zur Organisation von Seminaren zu rechtlichen Themen).
  • Der Bund beschäftigt ebenfalls Juristen, welche auf ihrem jeweiligen Fachgebiet Auskünfte erteilen (zum Beispiel das SECO, also das Staatssekretariat für Wirtschaft für Fragen des Exports).
  • Die verschiedenen Exportorganisationen wie beispielsweise S-GE (Switzerland Global Enterprise) in Zürich kann Unternehmen zeigen, wo man in anderen Ländern juristische Unterstützung erhalten kann.
  • Auch die Botschaften und Konsulate im Ausland arbeiten mit lokalen Anwaltskanzleien zusammen, die oftmals bereit sind, die ersten Auskünfte unentgeltlich zu erteilen.
  • Im Kollegen- und Freundeskreis, auch in beruflichen und sozialen Netzwerken (zum Beispiel Xing, Linkedin), erhält man gute Tipps, oftmals auch Vertragsvorlagen.
  • Schliesslich findet man auch im Internet diverse Checklisten, Vertragsvorlagen etc., die man zwar kritisch prüfen muss, als Grundlage aber oft gut verwendet werden können.
Porträt