Die Coronavirus-Krise ist für viele eine menschliche und wirtschaftliche Tragödie. Auch für Unternehmen. Der Druck der Krise hält uns zudem den Spiegel vor Augen, das Spiegelbild unternehmerischer Verantwortung und Führungskompetenz. Jetzt zeigt sich, wer als Führungskraft gekonnt reagiert. Beim Eintritt der Krise bilden sich Mitarbeitende, Externe und die Öffentlichkeit rasch eine Meinung über den Vorgesetzten, die Abteilung und das Unternehmen.
Die richtigen Antworten finden
Als Meinungsbildung dienen beispielsweise Leitfragen wie diejenige, ob die ersten (Sofort-)Massnahmen greifen oder an der Realität vorbeischiessen? Kommuniziert die Führungskraft glaubwürdig oder verliert sie jegliche Akzeptanz? Ist die Führungskraft für Mitarbeitende ein Vorbild oder verharrt sie orientierungslos in Schockstarre?
Die Antworten auf diese und andere Fragen sind nicht nur bei extern verursachten Krisen, wie die Corona-Krise eine ist, entscheidend, sondern ebenso relevant bei intern, also selbst verursachten Krisen. Daten-Leck mit heiklen Kundendaten, sexuelle Belästigung, Mobbing im Team, Lagerbrand mit Todesfolge, grobfahrlässige Fehleinschätzungen des Kaders oder weitere Beispiele belegen, dass kein Unternehmen vor einer Krise gefeit ist.
Weil die Krise die Existenz des Unternehmens auf die Probe stellt, muss jede Führungskraft auf eine mögliche Krise vorbereitet sein. Sie verlangt bei den Mitarbeitenden, den Lieferanten, den Kunden und auf der Seite der Bevölkerung nach Informationen.
Transparenz fördert Vertrauen
Vertrauensbildende Informationen sind gefragt, keine sogenannten Fake News. Dies, weil Transparenz das Vertrauen in das Unternehmen fördert. Für den Protagonisten des Unternehmens bedeutet dies, mit einer offenen und ehrlichen Haltung möglichst alle Informationen öffentlich zu machen, die tatsächlich verifiziert sind. So werden, bei immer spektakuläreren Meldungen seitens der Medien, Spekulationen und Gerüchte möglichst unterbunden.
Der Druck der Medien erhöht automatisch den Druck auf die Verantwortlichen und Protagonisten. Daraus können Fehlentscheidungen und Missverständnisse resultieren. Eine schlechte Krisenkommunikation kann die Situation rasch eskalieren lassen, das Vertrauen der Stakeholder und der Bevölkerung in das Unternehmen nachhaltig beeinträchtigen und die Glaubwürdigkeit des Unternehmens stark beschädigen. Zudem kann das Betriebsklima massiv darunter leiden. Das macht das Unternehmen zukünftig für potenzielle neue Mitarbeitende unattraktiv. Die Besten gehen zur Konkurrenz. Auch das will vermieden sein.
Unternehmen, die Krisen frühzeitig erkennen, bewältigen diese mit erprobten Managementstrukturen und einer zielführenden Kommunikationsstrategie tendenziell viel besser als jene Unternehmen, die nicht über solche Instrumente verfügen und damit nur schlecht oder gar nicht darauf vorbereitet sind.
Jede Krise ist einzigartig
Weil jede Krise zeitlich, inhaltlich und auch vom Grad der eigenen Betroffenheit einzigartig ist, gibt es keine klaren Anweisungen, wie man sie bewältigt. Es gibt aber viele Faktoren, die es grundsätzlich zu berücksichtigen gilt. Dabei gilt es grundsätzlich zwischen Krisenmanagement und Krisenkommunikation zu unterscheiden. Das Krisenmanagement befasst sich mit den kurzfristig lebensrettenden Massnahmen. Die Aufgabe der Krisenkommunikation ist es, über diese Massnahmen durch glaubwürdige Auftritte zu informieren. Dadurch sollen das Image und das Vertrauen in das Unternehmen möglichst schadlos gehalten werden.
Bei einem grösseren KMU bleibt der CEO im operativen Tagesgeschäft. Es ist nicht seine primäre Aufgabe, die Krise zu lösen. Bei einem kleineren KMU kann es durchaus sein, dass der CEO selbst die Krise lösen und kommunizieren muss. Wichtig ist, dass jede Person in der Unternehmung weiss, für was sie während dieser Zeit zuständig ist.
Zuständigkeiten klären
Wenn diese unternehmensbedrohliche Situation schleichend oder urplötzlich eintritt, haben die Beteiligten keine Zeit, ein Krisentraining zu absolvieren. Jede Person im Krisenstab und in der Führungsetage muss wissen, was sie wann, wo, wie und weshalb zu tun hat.
Wie sind die Zuständigkeiten geregelt? Das gelingt individuell und im Team nur, wenn man ein realitätsnahes Szenario mit konkreten Management- und Kommunikationsstrukturen trainiert.
Ehrlich und authentisch
Wenn die Krise eingetroffen ist, heisst es für das Unternehmen, rasch, proaktiv, ehrlich und authentisch zu kommunizieren. Auch wenn die Zuständigkeiten im Voraus klar geplant und trainiert sind, muss jetzt die Führungskraft entscheiden, wer in diesem Fall tatsächlich kommuniziert und informiert. Ist sie es selber? Ist es der Verwaltungsratspräsident? Ist es ein Abteilungsleiter in der Rolle als Experte? Jede Krise braucht ein Gesicht.
Bei der Corona-Krise ist es der Leiter Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), Daniel Koch. Seine souveräne Körperhaltung unterstreicht seine Kompetenz. Seine ruhige Ansprechhaltung stärkt seine Glaubwürdigkeit. Und seine klaren Aussagen steigern seine Überzeugungskraft. Das gute Zusammenspiel dieser drei Auftrittselemente machen ihn zum «Helden». Die Glaubwürdigkeit der Behörden gegenüber der Bevölkerung blieb – auch dank Daniel Koch – sehr hoch.
Ein Unternehmen benötigt ebenso seinen Helden, der intern und extern zum Gesicht der Krise wird. Beispielsweise ist es während der Corona-Krise bei der Flughafen Zürich AG das Gesicht von CEO Stephan Widrig. Gemäss einer persönlichen Quelle kommuniziert er intern top und ist somit für die Mitarbeitenden ein Vorbild. Auch extern schafft es Widrig, die Balance zwischen Empathie und Information zu finden. Gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung antwortete Widrig auf die Frage, weshalb die Flughafen Zürich AG nicht auf Staatshilfe angewiesen sei: «Die Krise trifft uns aus naheliegenden Gründen enorm. (…) Weder aus dem Flugbetrieb noch aus den kommerziellen Zentren fliessen Einnahmen. Wir haben zum Glück in der Vergangenheit aber auf einen hohen Eigenfinanzierungsgrad und eine tiefe Schuldenlast geachtet. Ewig würden wir den derzeitigen Stillstand nicht aushalten, aber unsere Liquiditätsplanung ist auf verschiedene Szenarien vorbereitet.» Seine positive Haltung, seine ehrliche Meinung und seine reale Einschätzung machen Widrig in seinem Umfeld zum Helden der Krise. Der CEO wirkt vertrauenswürdig und sympathisch.