Strategie & Management

Kolumne

Erfolgsgeheimnisse für eine starke Marke

Wie werden Marken zum Wachstums­motor, und an welchen Schrauben muss gedreht werden, wenn der einmal stottert? Einblicke aus der Praxis.
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Im September war es wieder so weit. Das 17. Internationale Marken-Kolloquium 2020 stand auf der Agenda. Eine der führenden Veranstaltungen für Unternehmerinnen und Unternehmer im deutschsprachigen Raum, wenn es um Strategie, Marke und Wachstum geht – und immer noch ein Geheimtipp. Denn jedes Jahr treffen sich hier maximal 80 Markenführer im Kloster Seeon im Chiemgau – unter anderem auch unterstützt vom «KMU-Magazin», dem Medienpartner des Kolloquiums in der Schweiz. In diesem Jahr stand das Kolloquium unter dem Leitthema «Marke – hoch hinaus». Dabei ging es um Wachstumsgeschichten, an denen ich Sie in dieser Wachstumskolumne ein Stück weit teilhaben lassen möchte. Was hat dafür gesorgt, dass sich Marken so positiv entwickeln? Wie ist es gelungen, hoch hinaus zu wachsen? Aus welchen übergreifenden Erfolgsgeheimnissen, die in Seeon miteinander geteilt worden sind, können auch Sie neue Impulse ziehen?

Die Marke leidenschaftlich leben
Was passiert, wenn der fünfte CEO innerhalb zweier Jahren in ein Unternehmen kommt? Motivation, Glaube an die Veränderung und die wirtschaftliche Stärke sind abhandengekommen. Wie kann es trotzdem gelingen, das Blatt noch zu wenden? Das Erfolgsgeheimnis in diesem Fall stand auf vier Säulen und auf einem Fundament der aktiven Mitarbeiterbeteiligung. Die erste Säule bestand in der festen Annahme, das Wachstum von innen noch möglich ist. Die zweite Säule waren Innovationen – also neue Produkte – und das Sich-Trennen vom Sparkurs. Denn das Unternehmen war so mager geworden, dass eine Abwärtsspirale eingesetzt hatte. Die dritte Säule bestand in der Optimierung des Vertriebssystems und die vierte Säule in der Digitalisierung von Prozessen. Insbesondere durch die direkte Be­teiligung und Einbindung der Mitarbeiter hat dieses Unternehmen den Turnaround geschafft. Der Hebel bestand darin, kein neues Management-Projekt aus der Unternehmensführung heraus aufzusetzen, sondern die Mitarbeiter zu fragen, was das Unternehmen tun sollte, um den Turnaround zu schaffen. Die Mitarbeiter dazu aufzufordern, eigene Teams zu bilden und ihre Ideen vor der Unternehmensführung zu pitchen, so dass echte Verantwortung für die Themen entstanden ist und ein absoluter Vorwärtsdrive. Das war die Basis für den weiteren Erfolg und die tatsächlich gelungene Rückkehr zum Wachstumskurs. So ist es gelungen, die Marke von innen heraus wieder mit Leidenschaft zu leben und neu aufzuladen.

Immer wieder neue Wege einschlagen und sich dabei doch treu bleiben
Ein weiteres Erfolgsrezept bestand in der Erweiterung des Produktangebotes und der Ausweitung der bestehenden Vertriebswege. Dies klingt einleuchtend, aber war in der Umsetzung nicht einfach. Denn zunächst war man gefangen in der eigenen Darstellung der Marke. Fremdbild und Selbstbild stimmten nicht überein. Die Kunden hatten dieser Marke längst auch anderes zu­getraut. Man selbst dachte aber, dass die Marke in bestimmte Bereiche nicht hineinwachsen könne. 

Das absolute Erfolgsrezept lag in der Erkenntnis, was wirklich zur Marke passt, und in der Tatsache, dass Präsenz der Marke guttut. Dadurch hat man den Mut gehabt, eingefahrene und sehr spezifische Vertriebswege, die andere Möglichkeiten ausschlossen, zu verlassen und sich deutlich breiter aufgestellt. Zentral dabei war es, herauszuarbeiten, was es zu bewahren gilt, gepaart mit dem Verständnis für die Wurzeln der Marke, und gleichzeitig ein Gespür für die richtigen Innovationen zu entwickeln – nicht nur beim Produkt, sondern auch im Prozess, in der Vermarktung und im Vertrieb.

Eine Marke mit einem ganzen Profil aufbauen
Das Erfolgsgeheimnis einer weiteren Marke auf dem Kolloquium bestand darin, nicht für den Verkauf eines bestimmten Produktes stehen zu wollen, sondern für den Verkauf eines Lebens­gefühls. Die Unternehmer haben aus dem eigenen Bedürfnis heraus ein Produkt entwickelt, ein Unternehmen gegründet und direkt eine sehr enge Bindung zu ihrer Kundschaft aufgebaut. Ohne Zwischenhändler oder Absatzmittler, sondern über den eigenen Onlineshop. Es ist ihnen gelungen, von Beginn an eine Marke zu schaffen, die ein komplettes Profil mitbringt, die wie eine Person einen echten Charakter an den Tag legt und absolut authentisch geführt wird. Vom ersten Gedanken, über Materialien, Produktion und Vertrieb bis hin zur Kundenbindung. Der Erfolg in der Umsetzung und im Aufbau der Marke ist ganz klar auch auf eine besondere Art der Mitarbeiterführung zurückzuführen. Ziel­gespräche werden grundsätzlich über Inhalte geführt, nicht über Zahlen. Menschen werden gemäss ihrer Stärken eingesetzt und erhalten einen grossen Vertrauensvorschuss auf dem Weg, die gemeinsam verabredeten Ziele zu erreichen – denn gearbeitet wurde auch schon vor Corona-Zeiten fast ausschliesslich im Homeoffice. Ziele gibt man sich hierbei alle drei Monate gemeinsam neu. Das Verständnis für die Marke und was zu ihr passt, die Übernahme von Verantwortung durch das Team und das Zusammengehörigkeitsgefühl sind vorbildlich. 

Einsatz der Marke als Kompass
Sehr häufig erleben wir es, dass aus guter Qua­lität heraus ein Anspruch erhoben wird, dass sich ein Produkt oder eine Dienstleistung «wie von selbst» verkaufen müsse und der Nutzen für den Konsumenten offensichtlich sei. Dem ist nicht so! Dies bekräftigen auch die Erfolgsgeheimnisse und Impulse der Referenten und Re­ferentinnen. Das gute Produkt ist die Basis, aber die Alleinstellung für echten Markenerfolg entsteht häufig erst in der Kombination von Dingen. Es ist nicht erforderlich, «das» Alleinstellungsmerkmal zu finden. Denn das gibt es häufig nicht. Es ist viel öfter das Gesamtkonstrukt, das die Marke umgibt und Strahlkraft ausübt. 

Und deshalb auch hier noch mein Erfolgsgeheimnis für eine starke Marke, die hoch hinaus wächst: Verständnis in der gesamten Mannschaft und Einsatz der Marke als Kompass. Unternehmen, denen es gelingt, dass die Marke wirklich in jeder Abteilung verstanden wird, haben einen nachhaltigen Unternehmenswert geschaffen, der zu vielen Vorteilen führt. Führung wird leichter, Entscheidungen in unsicheren Situationen werden treffsicherer, Kunden erkennen, egal an welchem Kontaktpunkt weit über den POS hinaus, dass die Marke authentisch geführt wird und lebt, was sie verspricht. Stellen Sie sich bei den nächsten Herausforderungen, Entscheidungen oder Möglichkeiten die Frage: Was sagt die Marke dazu? Sie werden eine passende Antwort erhalten, die sich aus dem Markenkern ableiten lässt. Testen Sie das auch mit Ihren Mitarbeitern. «Sie wissen nicht, was es jetzt am besten zu tun gilt? Was glauben Sie denn, passt am besten zu unserer Marke?» Sie werden zu guten Lösungsideen kommen und gleichzeitig feststellen können, wie gut Ihr Team die Marke bereits verstanden hat oder wo es noch notwendig ist, bereits im eigenen Unternehmen klarer zu werden.

Fragen und beteiligen Sie Ihre Mitarbeiter. Fragen und beteiligen Sie Ihre Kunden. Und vor allem fragen und beteiligen Sie Ihre Marke, wenn es um Zündfunken für Wachstum geht.

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