Risikomanagement-Systeme legen den Fokus – ähnlich wie Qualitätsmanagement-Systeme auch – auf die vollständige Dokumentation von Sicherheitsstandards und deren Zugänglichkeit, meist mit elektronischen Mitteln. Sie resultieren häufig in grösseren IT-Projekten und verursachen einen beachtlichen personellen und finanziellen Aufwand bei der Erstellung. Dies macht Risikomanagement-Systeme für kleinere und kleinste Unternehmen unattraktiv. Und doch: Gerade in kleinen Unternehmen sind die Risiken häufig gross.
Was ist ein «Risiko»?
Obwohl in der Alltagssprache bestens verankert, ist der Begriff Risiko recht abstrakt und Missverständnisse sind häufig. Sie betreffen meist die Unterscheidung von Auswirkung und Wahrscheinlichkeit. Wir verbinden «Risiko» mit der Möglichkeit eines Verlusts oder jedenfalls eines unerfreulichen Ereignisses. Manchmal sagen wir, das Risiko sei gross, weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis eintritt, gross ist und manchmal meinen wir damit, dass der mögliche Schaden, der entstehen könnte, gross ist. Nun ja, beide Aspekte sind richtig, denn es gilt: Je unerfreulicher und je wahrscheinlicher ein Ereignis, desto grösser das Risiko. Technisch wird dies durch die einfache Formel Risiko = Auswirkung x Wahrscheinlichkeit ausgedrückt.
Widerspenstige Risikoinventare
Mit obiger Risikoformel braucht man jetzt eigentlich nur noch eine entsprechende Tabelle anzulegen, und schon lässt sich ein Risikoinventar erstellen und sogar nach Prioritäten ordnen. Die ersten Schwierigkeiten zeigen sich dann aber bei der Umsetzung. Wann ist eine Auswirkung gross oder eine Wahrscheinlichkeit klein? Nehmen wir als Beispiel das Risiko, dass der Chef und Inhaber eines Unternehmens plötzlich verstirbt. Der Chef ist 55 Jahre alt, fährt Auto und macht regelmässig Sport. Er könnte einen Autounfall haben, einem Herzinfarkt erliegen oder auf der Strasse von der Trambahn überfahren werden. Wie gross ist denn nun die Wahrscheinlichkeit für dieses Ereignis: klein, sehr klein oder doch eher mittel? Und wie steht es mit den Auswirkungen? Müsste das Geschäft gleich schliessen, wenn der Chef ausfällt oder könnten die Mitarbeiter übernehmen? Wer kann da noch sagen, wie gross die Auswirkungen sein werden! Diese Schwierigkeiten sind der Grund dafür, dass die mit viel gutem Willen begonnenen Risikoinventare sich häufig als irrelevant herausstellen und in der Schublade verstauben oder ins Nirwana des IT-Netzwerkes entschwinden.
Die Relevanz eines Risikos
Nehmen wir folgendes Beispiel. Ein Verlag möchte mit einem Lehrbuch ins Ausland expandieren. Wie gross ist das Risiko für ein Scheitern? Offensichtlich lässt sich diese Frage nicht einfach aus dem Bauch beantworten, denn die Antwort ist von vielen Faktoren abhängig. Liegt das Lehrbuch in einer guten Übersetzung vor? Gibt es Vertriebspartner? Folgt der Aufbau des Lehrbuches dem Lehrplan im Zielland? Sind andere Lehrbücher bereits etabliert? Solche und viele weitere Fragen gilt es gleichzeitig im Auge zu behalten, und das stellt hohe Anforderungen an uns. Denn Studien haben gezeigt, dass Menschen Mühe haben, den Effekt von mehr als drei interagierenden Faktoren richtig vorherzusagen. Doch da helfen Grafiken weiter. Ein Bleistift und ein Stück Papier reichen aus, um sich einen Risikoeinblick zu verschaffen.

