Beim Landwirtschaftskonzept «Perma» wächst alles vermeintlich kreuz und quer und gedeiht dabei doch nachhaltig. Permakultur-Gärten sind als Gegenentwurf zum industriellen Agrarsystem bekannt. Permafrost demgegenüber ist der Begriff für Dauerfrostboden, auf dem kaum etwas wächst. In der «positiven Psychologie» ermöglicht das Anwenden des Perma-Modells das erfolgreiche Gedeihen von Menschen. Angewandt auf Führung bedeutet dies kurzum: Schluss mit frostigem Arbeitsklima dank Fokus auf Stärken. Hierbei geht es nicht nur um gesteigerte Freude an der Arbeit, sondern um den Erfolgversprechenden Weg zum Beflügeln wichtiger Unternehmenskennzahlen (siehe Box).
Der Begriff Perma
Die positive Psychologie ist ein junger Forschungszweig, der erst Ende der 1990er-Jahre durch Martin Seligman in den USA bekannt wurde. Forscher beschäftigten sich zunächst mit den Auswirkungen von Stärkenbewusstsein, positiven Praktiken und Verhaltensweisen auf Menschen. Erst im nächsten Schritt fokussierten Forscher die Wirkung auf Organisationen und Unternehmen.
Die Abkürzung «Perma» steht für «Positive emotions» (positive Gefühle), «Engagement» (Engagement im Sinne des Sicheinbringens), «Relationships» (zwischenmenschliche Beziehungen), «Meaning» (Sinngebung) und «Accomplishment» (Zielerreichung/Erfolg). Auf das berufliche Umfeld übertragen bedeutet Perma, dass jede der aufgeführten Dimensionen durch gezielte Massnahmen gestärkt werden kann und sich unmittelbar und nachhaltig positiv auf den Arbeits- und Unternehmenserfolg auswirkt. Angewandtes Stärkenbewusstsein führt zu einer Vertrauenskultur und gegenseitiger Bestärkung. Je versierter eine Führungsperson darin ist, bei Mitarbeitenden positive Emotionen zu stärken, desto mehr Sinn kann jeder Einzelne im Tun erkennen und über sich hinauswachsen. Mit dem gesunden Menschenverstand tun viele Führungsverantwortliche bereits heute vieles richtig: Sie geben regelmässiges Feedback zu individuellen Stärken der Mitarbeitenden. Sie fördern das Engagement des Individuums durch intrinsisch motivierende Arbeit.
Auf Teamebene erzeugen klare Zielsetzungen positive Emotionen. Führungsverantwortliche erhalten so stärkenorientierte, leistungsstarke und miteinander verbundene Teams. Diese erreichen auch Everest-Ziele, weil die Mitarbeitenden hinter ihnen stehen – vor allem, wenn es darauf ankommt. Erkennen Team-Mitglieder die Sinnhaftigkeit eines Ziels, setzt das enorme Stärken frei, die helfen, das Ziel gemeinsam erreichen zu können.
Familie statt Rudel
Im vertrauensvollen Familienumfeld darf man in aller Regel authentisch sein. Familienmitglieder kennen sich gegenseitig mit Stärken und Schwächen. In gesunden Familien gönnen wir einander die Weiterentwicklung sowie persönlichen Erfolg und unterstützen dies mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Familie ist ein Wohlfühlort, der Kraft, Mut und Rückenwind schenkt. In positiv geführten Unternehmen entsteht ein ähnlicher Zusammenhalt. Vertrauen und Empowerment gedeihen und ermöglichen nachweislich nachhaltige Erfolge.
Unsere Erfahrung zeigt, dass die Realität leider oft anders ist oder wahrgenommen wird. Viele beschreiben ihre eigene Arbeitsumgebung weniger positiv. Persönliche Eigeninteressen, mit dem Finger auf die zeigen, die Fehler gemacht haben, fehlende Unterstützung und defizitorientierte Führungsverantwortliche prägen vielerorts den Arbeitsalltag. Man könnte von Rudeln sprechen mit gelebter Rangordnung und Dominanzgebaren. In günstigeren Fällen führen wohlwollende und motivierende Führungskräfte, die jedoch vom operativen Business verschluckt werden. Ihnen bleibt zum Führen zu wenig Zeit.
In einem extremen Beispiel einer Negativkultur berichteten uns Führungsverantwortliche von der verbreiteten Angst, Fehler zu machen. Dies führte dazu, dass die Kommunikation mehr und mehr per Mail erfolgte. Jeder achtete darauf, Korrespondenz akribisch zu dokumentieren, um später Fehler auf andere schieben zu können. Dieses nicht angeordnete «Rudelverhalten» führte zu ungenügender Kundenorientierung, Ineffizienz und Fluktuation. Viele betrachten sich im Unternehmen als Individuen, die nur für sich und den eigenen Aufgabenbereich verantwortlich sind. Damit hat man meist schon alle Hände voll zu tun. Doch das ist so, als würde jedes Organ im Körper nur auf sich selbst und den eigenen Job schauen. Sehr schnell gerät der Organismus so aus dem Gleichgewicht. Miteinander statt gegeneinander ist sowohl beim Körper als auch in Organisationen das Mittel zu gesundem, zielorientiertem Wirken.