Strategie & Management

Unternehmensführung I

Die Stolperfallen der internen Kommunikation

In KMU existiert meist keine systematische interne Kommunikation. Dies ist nachvollziehbar, denn meist fehlen dafür die Ressourcen. Oft wird diese Arbeit durch die Geschäftsführung im «Nebenamt» erledigt. Aber auch trotz der Doppelbelastung sollte sie ein paar Fallen tunlichst ausweichen.
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Interne Kommunikation kostet Zeit, und Zeit ist bekanntlich Geld. Fehlende oder ungenügende Kommunikation kostet aber noch viel mehr. Missverständnisse, Leerläufe, Fehler, Demotivationen und so weiter lassen sich durch gute Kommunikation vermeiden oder zumindest re­duzieren. Wie «gute Kommunikation» im KMU auszusehen hat, damit lassen sich ganze Bibliotheken füllen. In der Führungspraxis macht man allerdings bereits einen grossen Schritt in die richtige Richtung, wenn man sich einiger Missverständnisse respektive Fallen bewusst ist.

Zeitmangel

«Ich habe keine Zeit, um ständig zu kommunizieren; ich muss schliesslich ein Geschäft führen.» Von Führungskräften in KMU hört man diesen Satz immer wieder. Das ist verständlich, denn Kommunikation ist tatsächlich zusätzliche Arbeit. Gute interne Kommunikation schüttelt man nicht beiläufig aus dem Handgelenk. 

Aber die Kommunikation zu vernachlässigen, ist keine Lösung. Interne Kommunikation muss als Investition betrachtet werden. Wird diese vernachlässigt, dürften die Folgekosten deutlich höher sein. Eine deutsche Studie konnte beispielsweise zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen interner Kommunikation und der Krankheitsquote im Unternehmen besteht. Je besser die Kommunikation, desto weniger waren die Mitarbeitenden krank. 

Positive Effekte

Zahlreiche andere Untersuchungen zeigen, dass gute interne Kommunikation die Prozesse unterstützt, die Mitarbeitenden befähigt, mitzudenken und sich einzubringen, und ganz allgemein die Arbeitszufriedenheit stärkt. Das wirkt sich positiv auf deren Produktivität aus, senkt die Kündigungsrate und steigert dank positiver Mundpropaganda die Arbeitgeberattraktivität (Stichwort: Fachkräftemangel). 

Speziell in Krisenzeiten, wenn die Führung im operativen Geschäft besonders gefordert ist, sollte intensiv kommuniziert werden, auch wenn dies ein zu­sätzlicher Aufwand ist. Die Kommunikation sollte dann auch auf keinen Fall delegiert werden. Dadurch wird ein Klima des Vertrauens geschaffen – selbst wenn die Botschaften nicht besonders positiv sind. Wird das nicht getan, hinterlässt man frustrierte Mitarbeitende: «Weshalb taucht der Chef ab?» Und wenn man delegiert, hinterlässt man auch frustrierte Abteilungsleitende, welche die schlechten Nachrichten überbringen müssen: «Bei schlechten Nachrichten müssen wir den Kopf hinhalten.» Auch wenn dies nicht so beabsichtigt ist, entsteht dieser Eindruck sehr schnell. 

Vermeintliche Automatismen 

Wird die interne Kommunikation nicht bewusst gesteuert und umgesetzt, funktioniert sie im Unternehmen – unabhängig von seiner Grösse – nicht automatisch, sondern zufällig. Und das ist ein fundamentaler Unterschied. Je heikler die Si­tuation ist, desto wichtiger ist es, dass Inhalt und Ablauf der Kommunikation genau durchdacht werden. Entschei­dend ist dabei, welche Wirkung die Kommunikation bei den Mitarbeitenden entfalten soll. Diese Wirkung stellt sich nicht automatisch ein und funktioniert auch nicht nach naturwissenschaft­lichen Prinzipien nach dem Schema «Aus A folgt B». Die interne Kommunikation wird durch zahlreiche spezifische und situative Faktoren beeinflusst; in diesem Umfeld ist es unmöglich, dass sie automatisch richtig funktioniert. Oft sind dann Informations­ungleich­gewichte festzustellen; manche Mitar­beitende wissen – unabhängig von ihrer Funktion – mehr als andere. 

Ungewollte Irritationen 

Dass man Informationen erhält, kann als Wertschätzung der Person und Wichtigkeit im Unternehmen interpretiert werden. Wer die Information nicht erhält, fühlt sich herabgesetzt. Oft ist dies nicht die Absicht der Führungskraft. Wenn aber kein Plan besteht, den Mitarbeitenden Informationen gezielt und zeitgerecht zukommen zu lassen, ist ein negativer Effekt nicht zu vermeiden. Bekanntlich ist oft das, was nach der Sitzung gesagt wird, wichtiger als das, was in den offiziellen Sitzungsprotokollen steht. Und wenn Sitzungsteilnehmende ihre Mitarbeitenden unterschiedlich informieren, fördert das die Verbreitung von Gerüchten, was gros­sen Schaden anrichten kann.     

Lernen durch Wiederholung

Führungskräfte, welche «nebenher» auch noch Kommunikationsaufgaben wahrnehmen, haben oft den Eindruck, dass man ihnen nicht richtig zuhöre. Regelmäs­sig beginnt dann die Kommunikation mit dem leicht vorwurfsvollen Satz: «Ich habe es doch schon mal gesagt.» In den allermeisten Fällen ist diese Aussage völlig korrekt; es wurde schon mal ge­-sagt. Aber in der Kommunikation gilt der Grundsatz: Einmal ist keinmal. Damit die Kommunikation bei den Mitarbeitenden letztlich in Handlungen umgesetzt wird – das ist ja das Ziel –, braucht es einen Lernprozess. 

Lernen funktioniert in der Regel (leider) nicht so, dass man etwas einmal hört und es dann weiss. Wir lernen durch Wiederholung und je genauer wir etwas wissen und können müssen, desto mehr Wie­derholungen werden benötigt. Hinzu kommt im Kommunikationsprozess ein weiteres erschwerendes Element: Wer eine Botschaft sendet – in diesem Fall die Führungskraft –, hat sich lange mit dem Thema auseinandergesetzt; hat viel­leicht Vor- und Nachteile durchdacht und sich eine stringente Argumentation zurechtgelegt. 

Der Wissensvorsprung ist gewaltig. Die Mitarbeitenden, welche die Information erhalten, hören oder sehen diese aber zum ersten Mal und sie hören und sehen nur genau das, was auch tatsächlich gesprochen und geschrieben wurde. Und sie interpretieren die Botschaften – oft ohne über das ganze Hintergrundwissen zu verfügen oder den Kontext genau zu erfassen.

Missverständnisse

Ein weiteres Dilemma: Der Absender vermittelt oft mehr Informationen – zum Beispiel persönliche Botschaften –, als für die Sache nötig wäre. Die Empfängerin / der Empfänger hingegen interessiert sich in der Regel nur für die Inhalte, die sie / ihn persönlich direkt betreffen könnten. Zentrale Botschaften müssen deshalb immer wiederholt werden, aber nicht immer über den gleichen Kanal oder in den gleichen Worten, weil sonst Immunisierungseffekte entstehen und die Mitarbeitenden gar nicht mehr hin­sehen oder -hören.
 
Missverständnisse gehören zur Kom­munikation, unabhängig davon, wie gut und professionell die Kommunikation betrieben wird, denn die Botschaft entsteht beim Empfänger. Dies bedeutet nun nicht, dass der Absender oder die Ab­senderin keinen Einfluss darauf hat, wie die Botschaft verstanden wird, aber es empfiehlt sich, immer mit dem Schlimms­­ten zu rechnen, nämlich dass die Botschaft falsch verstanden wird. 

Deshalb sollte explizit gesagt werden, wie man verstanden werden möchte und wie nicht. Auch nachzufragen, wie – nicht ob – man das Gesagte verstanden habe, ist eine gute Strategie. In diesem Kontext ist es auch wichtig mitzuteilen, was erwartet wird. Handelt es sich nur um eine Information? Erwartet man ein Feedback? Oder eine spezielle Handlung? 

Auch Halbwissen mitteilen

«Ich kommuniziere es den Mitarbeitenden erst dann, wenn ich alles weiss und alles klar ist.» Das mögen Führungskräfte glauben, aber sie kommunizieren trotzdem. Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawik prägte den Satz: «Man kann nicht nicht kommunizieren.» Bereits vor ihm war bekannt, was «vielsagendes Schweigen» bedeutet. 

Gerade in Change-Situationen ist lange vieles unklar. Alle Mitarbeitenden «wissen» aber, dass etwas im Busch ist. Führungskräfte, welche mit ihrer Kommunikation warten, bis alles klar ist, verlieren buchstäblich den Draht zu ihren Mitarbeitenden. Schlimmer noch: Sie lassen sie mit ihren Befürchtungen und Ängsten allein. Dies zerstört nicht nur das Vertrauen in die Führung nachhaltig, sondern verunsichert die Mitarbeitenden. Sie investieren ihre Energien vermehrt in unproduktive Peer-to-Peer-Kommunikation, um ihren Frust abzubauen und ihre emotionale Situation zu stabilisieren.

 Auch wenn man (noch) nicht alles weiss, ist es dringend angezeigt, dass man die Mitarbeitenden mit auf die Reise nimmt. Grundsätzlich interessieren sich Mitarbeitende in einer solchen Situation für drei Dinge: 1. Habe ich meinen Job noch? 2. Wo befindet sich mein Arbeitsplatz? 3. Wer ist meine vorgesetzte Person?

Die Mitarbeitenden verstehen, dass es eine Zeit gibt, wo man diese Fragen noch nicht beantworten kann. Es ist in dieser Situation also nicht verkehrt, wenn man offen zugibt, dass man nicht alles weiss, und auch klar sagt, dass man nicht immer alles kommunizieren kann. Eine konti­nuierliche Information im Prozess schafft Vertrauen und sorgt dafür, dass der operative Betrieb weiterhin funktioniert. 

Selektiv informieren

Es ist legitim, nicht alle Informationen über das Unternehmen preiszugeben – auch nicht in der internen Kommunikation. Mitarbeitende geben Informationen weiter, nicht böswillig, aber weil man im Familien- und Freundeskreis eben auch über die Arbeit spricht. Wenn man will, dass diese Informationen nicht weitergegeben werden, darf man sie deshalb nicht kommunizieren. 

Im Fokus stehen dabei häufig die Unternehmensstrategie und zentrale Kennzahlen. Die Mitarbeitenden interessieren sich aber in der Regel gar nicht für Details. Für sie ist wichtig zu wissen, wohin die Reise geht, ob das Unternehmen gesund und ihr Arbeitsplatz damit sicher ist und so weiter Anstatt genaue Umsatzzahlen zu kommunizieren, reicht es in der Regel auch aus, den Mitarbeitenden regelmäs­sig zu sagen, wie es um das Unternehmen steht.  

 Für Transparenz sorgen

«Man muss das nur richtig kommunizieren.» Diese Aussage mit dem Anspruch an die Kommunikation ist einer der grössten Irrtümer der Unternehmensführung und trotzdem oft gehört. Meist liegt diesem Irrtum die Vorstellung zugrunde, dass man Mängel im Unternehmen oder in der Führung durch Kommunikation übertünchen könne. 

Natürlich kann man versuchen, Fehler und Versäumnisse schönzureden, aber die Erfahrung zeigt, dass dies meist nicht funktioniert – weder in der externen noch in der internen Kommunikation. 

Kommunikation ist bei der Bewältigung von Krisen tatsächlich ein äusserst wichtiges und wertvolles Instrument. Aber nur dann, wenn sie nicht zum Verschleiern dient, sondern für Transparenz sorgt. Nur so kann sie die Unternehmens­ziele nachhaltig unterstützen. Gute Führung und gute Kommunikation sind eng miteinander verzahnt und deshalb ist es beispielsweise sinnvoll, Fehler offen anzusprechen.

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