Strategie & Management

Ressourcenmanagement (Teil 2 von 2)

Die personellen Ressourcen in den Griff bekommen

Ressourcenplanung ist eine anspruchsvolle Aufgabe, der mit konventionellen Software-Mitteln kaum beizukommen ist. Das Management der personellen Ressourcen scheitert dabei meist an einer unrealistischen Erwartungshaltung. Der zweiteilige Beitrag (erster Teil in Ausgabe 9/2017) zeigt die Zusammenhänge auf und vermittelt Lösungsansätze.
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Die Softwarehersteller locken den Kunden mit Werbebotschaften, die integrale Ressourcenplanung vom Groben bis ins Detail, Projektpriorisierung im Handumdrehen oder automatisierte Belastungsoptimierung über alle Projekte und Ressourcen verheissen – Dinge, die ins Reich der Märchen gehören. Software kann auch im Projektmanagement, und mehr noch im Projektportfolio-Management, erheblichen Nutzen stiften, doch hierzu müssen die wichtigsten Grundregeln beachtet werden. Im Zentrum steht dabei das Konzept der drei Welten (siehe Abbildung 1).

Konsequenzen für die Software

Das Projektplanungstool für den Projektleiter muss einfach und flexibel sein. Der Projektleiter soll die Strukturierung des Projektes selber bestimmen und jederzeit ändern können. Systemtechnische Zwänge, wie sie sich beim Einsatz zentraler Systeme ergeben, beeinträchtigen die Detailplanung des Projektes massiv. Der Einsatz von Netzplantechnik ist dabei nicht für jedes Projekt gerechtfertigt.

Viele Vorhaben lassen sich mit einfacheren Hilfsmitteln planen, fallweise kann hierfür Excel ausreichen. Auch Task-Management-Systeme kommen hier in Betracht. Vor allem aber sollte das Projektplanungstool nicht für die Planung der Ressourcen in der Mehrprojektumgebung zum Einsatz kommen. Systeme mit einem professionellen Ressourcenmanagement stellen nicht das einzelne Projekt, sondern das Projektportfolio ins Zentrum des Geschehens. Die Planung sowie Steuerung sollte in einer Multiprojekt-Umgebung erfolgen können.

Datenerfassung

Der Ressourcenplanungswürfel (siehe Abbildung 2), bestehend aus den Dimensionen Projekte (was ist zu tun), Ressourcen (wer macht die Arbeit) und Zeit (wann ist der Job zu bearbeiten), lässt sich dabei von allen Seiten direkt für die Datenerfassung nutzen. Ganz im Sinne eines effizienten Zusammenspiels sollte der Projektleiter Zugang zu den Daten des Projektportfolio-Managements haben. Er nutzt die Daten aus dem System für eine realistische, mit der Linienorganisation abgestimmte Planung seines Projektes. Er benötigt insbesondere die Informationen zur Ressourcenauslastung, um erfolgreich mit dem Linienmanagement zusammenzuarbeiten.

Anforderungen

Evaluiert ein Unternehmen ein Projektportfolio-Management-System, das vornehmlich im Bereich des Ressourcen­managements professionelle Funktionen anbieten soll, sind die folgenden Anforderungen zu stellen:

  • Die Software bietet die Multiprojektwelt, nicht das Projekt, als primäre Aktionsfläche an. Im Kern sind dabei die drei Ansichten des Ressourcenplanungs-Würfels mit den Dimensionen Was, Wer und Wann abzubilden.
  • Neben den Projekten lassen sich auch alle übrigen Jobs effizient planen und verwalten.
  • Kapazitätsprofile lassen sich differenziert abbilden (ressourcenspezifische Kalender).
  • Das System bietet eine echte und mehrstufige Ressourcen-Hierarchie an (und berücksichtigt Mitarbeiter, Gruppen, Abteilung, Bereich …).
  • Die Ressourceneinlastung kann auch auf übergeordneten Ebenen der Hierarchie, nicht nur auf der untersten, vorgenommen werden. Um Fehler zu vermeiden, wird hierbei die gleichzeitige Einlastung auf mehreren Ebenen verwehrt beziehungsweise korrekt aufgefangen.
  • Die Ressourcenplanung – die Einlastung von Aufwänden – lässt sich wahlweise automatisch über einen definierten Zeitraum oder manuell in unterschiedlich aufgelöste Zeitperioden vornehmen (Jahr, Quartal, Monat, Woche, Tag).
  • Die Software geht mit den Grössen Dauer, Aufwand und Belastung korrekt um. Insbesondere resultieren bei Anpassungen dieser Grössen keine Konflikte oder undurchsichtige Terminverschiebungen.
  • Die Zeiterfassungsfunktionalität genügt den hohen Ansprüchen, damit auf ein weiteres System mit zusätzlichen Schnittstellen verzichtet werden kann.

Neben all diesen Anforderungen ist der Einfachheit der Bedienung durch den normalen Anwender höchste Priorität einzuräumen. Die Möglichkeit, das System an die Bedürfnisse der Organisation und des Benutzers anzupassen, ist in diesem Zusammenhang zentral. Im Zweifelsfall kommt Einfachheit und Akzeptanz vor Vollständigkeit der Funktionalität.

Die weiche Integration

Eine Erfolg versprechende Möglichkeit, die Welt des Projektleiters mit jener des Linienmanagements gefahrlos zu koppeln, bietet das Konzept der weichen Integration (Konzept und Name des Verfassers).Bei diesem Ansatz dockt der Projektleiter seine Planung an die unterste für die Ressourcenplanung relevante Ebene an. Endet die Ressourcenplanung beispielsweise auf der Ebene der Projektphase, bricht der Projektleiter diese in Arbeitspakete herunter, die er bei Bedarf wiederum in Tasks (Vorgänge) unterteilt (Abbildung 3). Die Ressourcenplanung wird durch die darunterliegenden Elemente nicht gestört, denn um das Handling nicht zu erschweren, werden diese im Ressourcenplanungs-Modus nicht angezeigt.  Möchte sich der Linienmanager ein Bild davon verschaffen, wie solide der Projektleiter sein Projekt geplant hat, wechselt er in den Projektplanungs-Modus und sieht die Details ein. Ein wichtiger Teil davon kann die Aufwandschätzung sein, die der Projektleiter auf der Ebene der Arbeitspakete oder Vorgänge vorgenommen hat. Dies wiederum ist die Grundlage für die Diskussion und Abstimmung der Ressourcenplanung auf der darüberliegenden Ebene. Unklarheiten oder Widersprüche können die beiden Parteien damit auf konstruktive Weise bereinigen.

Der Projektleiter seinerseits sieht jederzeit die aktuelle Belastungssituation der am Projekt beteiligten Teammitglieder ein, die aus der Summe aller Projekte und Arbeiten resultieren. Und auch der Zugang zu den projektbezogenen Ist-Aufwänden oder den Projektkosten auf Projektebene ist für ihn wertvoll. Der systemunterstützte Vergleich der Eck­daten der beiden Ebenen, zum Beispiel von Meilensteinen, ermöglicht Warnmeldungen oder die optische Anzeige von Abweichungen.

Auf eine automatische Anpassung von Terminen auf der übergeordneten Ebene wird beim Konzept der weichen Inte­gration hingegen bewusst verzichtet. Eine so verstandene Integration der beiden Welten bietet ein Maximum an relevanter Information und vermeidet dabei die erwähnten Risiken und Nachteile einer vollständigen Kopplung der beiden Ebenen.

Die erfolgreiche Einführung

Die Einführung eines funktionierenden Ressourcenmanagements zählt zu den anspruchsvolleren Organisationsprojekten. Es geht dabei um Menschen, Arbeitsprozesse und Arbeitseffizienz. In einem solchen Projekt sind zunächst die Ausgangslage und Ziele zu klären:

  • Wie erfolgt bei uns die Planung und Steuerung der Projekte heute? Welches sind die Probleme, welches die Potenziale?
  • Welche Ziele verfolgen wir mit der Einführung eines professionellen Ressourcenmanagements?
  • Welches ist die Haltung der verschiedenen Beteiligten und Betroffenen gegenüber dem Vorhaben?
  • Welche Erfahrungen machen benachbarte Abteilungen, Organisationen und befreundete Unternehmen mit dem Thema?

Weiter sind konzeptionelle Fragen zu beantworten:

  • Wer trägt welche Hauptverantwortung bei der Ressourcenplanung? Wie zentralisiert beziehungsweise dezentral erfolgt die Planung?
  • Welche zentralen Planungs- und Unterstützungsstellen sind vorgesehen, welche Rollen sind ihnen zugedacht?
  • Werden die Ressourcen bis auf Stufe Mitarbeiter oder nur auf der Ebene von Organisationseinheiten (zum Beispiel Gruppen) geplant?
  • Wie erfolgen die Projektpriorisierung und -evaluation, und wie werden sie mit der Kapazitätsplanung abgestimmt?
  • Wo liegt die Grenze zwischen Projekten und Aufträgen, die einzeln und solchen, die pauschal geplant werden?
  • Welcher Zeithorizont wird mit der Planung abgedeckt, bis wie weit in die Zukunft ist die Planung verbindlich? Wie häufig wird die Planung nachgeführt (Planungsperiodizität)?
  • Und ganz besonders: Wie ist der Planungsprozess im Einzelnen gestaltet – welche Prozessschritte und Rollen sind mit Blick auf die Erreichung unserer Ziele vorzusehen?

In Bezug auf die Systemlandschaft sind schliesslich folgende Punkte zu klären:

  • Welche Systeme auf dem Markt decken unseren Anforderungskatalog ab?
  • Welche Schnittstellen sind aufgrund des Systemdesigns notwendig, und wie sind diese zu gestalten?
  • Mit welchem Tool arbeiten die Projektleiter, und über welchen Freiheitsgrad verfügen diese dabei?
  • Welche Anpassungen bezüglich der Bedienung und der Auswertungen sind vorzubereiten (Customizing)?
  • Welche Kategorien von Benutzern sollen unterschieden werden, und wer davon erhält welche Berechtigungen (Lesen /Schreiben) im System?

Im Hinblick auf eine erfolgreiche Ein­führung des Ressourcenmanagements müssen die Mitarbeiter rechtzeitig und glaubhaft über das Vorhaben informiert und in geeigneter Form in dieses einbezogen werden. Die Ziele sind klar zu kommunizieren. Der Angst, dass mit der Einführung der Lösung für den Mitarbeiter primär Risiken, Druck und Überwachung resultieren, ist aktiv zu begegnen. Bei der Argumentation muss dabei der Nutzen der Systeme, gerade auch für die verplanten Mitarbeiter selber, im Zentrum stehen.

Pilotanwendung vorweg

Der Einführung eines neuen Systems sollte unbedingt eine, wenn nötig mehrere, Pilotanwendung(en) vorausgehen. Leider zählt dieser Schritt auch heute noch nicht zu den Selbstverständlichkeiten von Organisationsprojekten mit hohem Informatikanteil. Die Einführung selber sollte in mehreren Schritten erfolgen, auf die jeweils eine kritische Analyse und Optimierung folgt.

Bei der Evaluation von Informatiksystemen sind die in Katalogen und Testberichten aufgeführten Bewertungskriterien und Resultate mit grosser Vorsicht zu geniessen. Sie bilden die betriebswirtschaftliche Sicht und die Projektmanagement-Bedürfnisse häufig verzerrt ab. Bei der Erstellung des Anforderungskatalogs gilt einmal mehr: Die Einfachheit und Praxistauglichkeit der Systeme muss einen sehr hohen Stellenwert erhalten.

Und schliesslich: Ein solches Projekt erfordert ein professionelles Projektmanagement mit einem kompetenten Projekt­leiter. Dazu gehören neben der nachgewiesenen Kompetenz in der Führung eines Projektes ausreichende Kenntnisse der Anwendungsbereiche Projekt- / Projektportfolio- und Ressourcen-Mana­gement. Der externe Spezialist sollte hier nicht mehr als eine unterstützende Rolle spielen. Auftraggeber und Stakeholder in diesem Projekt ist das Top-Management.

Fazit

Wer eine funktionierende Ressourcenplanung installieren möchte, sollte die Führungsrolle dem Linienmanagement zuordnen, die Planung auf einer groben Ebene halten und für diese Aufgabe nicht das Projektplanungstool, sondern ein Projektportfolio-Management-System mit professioneller Ressourcenplanungsfunktion einsetzen. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Einführung in ein solches System ist, jene Grundregel zu beachten, die auf den ersten Blick nicht
beliebt sein mag: Systembrüche sowie den Ersatz von Automatismen durch den Menschen nicht nur zuzulassen, sondern solche bewusst einzubauen. Das Konzept der drei Welten bietet die Grundlage für das Design praxistauglicher Lösungen. An der klaren Differenzierung der Welt des Projektleiters und jener des Linienmanagers führt kein Weg vorbei.

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