Strategie & Management

Mitarbeiterbindung I

Die Kunst, Fachkräfte auch langfristig zu halten

Der Fachkräftemangel ist nicht mehr übersehbar. Somit stellt sich den Unternehmen zunehmend die Frage, wie eine langfristige Mitarbeiterbindung zu ermöglichen ist. Der Beitrag beleuchtet Strategien, die Unternehmen nutzen, um ihre Fachkräfte zu halten, wobei der Fokus auf der gestaltenden Kraft von Haltung, Werten und Kultur liegt.
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In der heutigen Zeit, in der der Kampf um qualifizierte Fachkräfte intensiver denn je ist, haben progressive Unternehmen ­erkannt, dass der Schlüssel zur langfris­tigen Mitarbeiterbindung nicht nur in monetären Anreizen liegt. Vielmehr geht es um die Schaffung einer inspirierenden Kultur, die von Werten und Haltung durchdrungen ist. Eine solche Kultur zieht nicht nur talentierte Mitarbeiter an, sondern hält sie auch über Jahre hinweg engagiert und loyal. 

Die Macht der Werte

Die Idee, dass die Werte, die ein Unter­nehmen nach aussen trägt, die Art von Mit­arbeitern anziehen, die zu diesen ­Werten passen, mag auf den ersten Blick simpel erscheinen. Doch hinter dieser ­simplen Idee steckt eine tiefere Wahrheit. Unternehmen, die sich in Anzeigen, Werbung, Pressemitteilungen und öffentlichen Statements als gerecht, mitarbeiterorientiert und ethisch ausgerichtet präsentieren, ziehen nicht nur Mitarbeiter an, die diese Werte teilen, sondern können auch eine Atmosphäre der Vertrauenswürdigkeit und Integrität schaffen, wenn sich diese Werte auch innerhalb des Unternehmens widerspiegeln. Unternehmen, welche auf grosse finanzielle Anreize und schnelle Karrieren setzen, ziehen de­mentsprechend auch zukünftige Mitarbeitende an, die folgende Werte mitbringen: machtausübend, bestimmend, ehrgeizig und wechselhaft. Das kann zu einer schwierigen Unternehmenskultur führen, wenn man sich für die breite Belegschaft oder auch gegenüber den Kunden grundsätzlich eine andere Kultur wünscht.

Über den Geldfaktor hinaus

Es ist kein Geheimnis, dass finanzielle ­Entlohnung nach wie vor ein entscheidender Faktor bei der Mitarbeiterbindung ist. Allerdings zeigen moderne Arbeitsstudien, dass Geld allein nicht ausreicht, um Mitarbeiter langfristig zu halten. Unternehmen, die sich um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter kümmern, indem sie neue Arbeitsmodelle ­integrieren, persönliche Entwicklung fördern, auf eine ausgewogene Work-Life-Balance eingehen und die Gesundheit der Mitarbeitenden respektieren, ernten langfristig die Früchte einer engagierten und produktiven Belegschaft. So werden ­zufriedene Mitarbeitende auch zu Markenbotschaftern nach Aus­sen und werben Fachkräfte im privaten Umfeld für das ­eigene Unternehmen an. Damit fördert eine gute Unternehmenskultur den Wunsch, mit Menschen zusammenzu­arbeiten, welche über die gleiche Haltung und Werte verfügen. 

Problemerkennung fokussieren

Statt sich auf Ideen- und Feedbackbriefkästen zu konzentrieren, empfiehlt sich, den Fokus auf die Identifizierung und ­Lösung von Problemen zu lenken. Ideen können wertvoll sein, aber der wahre Mehrwert liegt oft in der Entdeckung von Schwachstellen in Prozessen, toxischen Führungsstrukturen und anderen Barrieren, die den Mitarbeitern im Weg stehen. 

Problemerkennung erfordert eine offene Kommunikation und das Zuhören auf ­allen Ebenen des Unternehmens, einschliesslich derjenigen, die oft übersehen werden: der einzelnen Mitarbeiter. Hierbei ist die Grundhaltung, dass der einzelne Mitarbeitende jederzeit seine Arbeit wirklich gut machen will, eine wichtige Voraussetzung. Es ist wichtig zu verstehen, mit welchen täglichen Blo­ckaden und Herausforderungen die Mitarbeitenden konfrontiert sind, die sie ­daran hindern, ihre Arbeit kompetent zu erledigen. 

Das können sein: zu lange Informationsketten, zu wenig Entscheidungskom­pe­tenz, nicht digitalisierte Prozesse, Systembrüche, Zielkonflikte mit anderen ­Bereichen, Budgeteinschränkungen, Kommunikationsprobleme, persönliche Diskrepanzen, Führungsschwächen und vieles mehr. Nur wenn die Probleme bekannt sich können Prozesse mit Mehrwert und echte Lösungen gefunden werden, damit sind, die Mitarbeitenden kompetent um die Kunden kümmern können.

Die Rolle der Führungskräfte

Ein signifikanter Punkt, der häufig übersehen wird, ist die Rolle der Führungskräfte in der Mitarbeiterbindung. Eine Haltung der Fürsorge und Empathie seitens der Führungsebene hat weitreichende Auswirkungen. Wenn Führungskräfte den Mit­arbeitern auf Augenhöhe begegnen, deren Stimmen hören und ihre Eigenverant­wortung fördern, entsteht eine Kultur des Vertrauens. Dieses Vertrauen überträgt sich nicht nur auf die Mitarbeiter, sondern auch auf die Kunden, die die positive Energie spüren, die von engagierten Mitar­beitern ausgeht. Führungskräfte sind oft von vielen Anforderungen und einem ­gros­sen Veränderungsdruck betroffen. 

Hier gibt es grosse Potenziale für Personalabteilungen, künftig eine neue Rolle als interne Coaches für die Führungskräfte einzunehmen. Interne oder externe Coaches können Führungskräfte und ihre Teams begleiten, um die Kommunikation zu verbessern, Konflikte zu lösen und die Zusammenarbeit deutlich angenehmer zu gestalten. Führungspersonen können die Teamarbeit insofern gestalten, wenn sie Entscheidungen treffen zur Machtaufteilung, Entscheidungsfindung, Arbeitsaufteilung, Transparenz und zu Regeln der Zusammenarbeit.

Digitale Prozesse

Die Digitalisierung hat Unternehmen eine Fülle neuer Werkzeuge zur Prozessop­timierung und Effizienzsteigerung gegeben. Doch anstatt sich auf die Technologie selbst zu konzentrieren, plädieren Experten dafür, Technologie als Werkzeug zur Lösung von Problemen zu betrachten. Dies bedeutet, entdeckte Probleme und be­stehende Prozesse zu überdenken und neu zu gestalten, um die Bedürfnisse der Mitarbeiter und Kunden besser zu erfüllen. Durch die Identifizierung von Problemen können innovative Prozesse geschaffen werden, die echte Werte für alle Beteiligten schaffen. Hier gilt es, vermehrt digitale (Teil-)Prozesse zu etablieren und weniger von der Systemlösung her zu denken. So ist auch für die Mitarbeitenden viel verständlicher, warum Veränderungen auf sie zukommen und welche Probleme damit gelöst werden. Diese Kom­munikation unterstützt sie bei der Be­wältigung des Veränderungsprozesses.

Transparente Kommunikation

Ein Grundpfeiler der Mitarbeiterbindung ist eine offene und transparente Kom­munikation. Wenn Mitarbeiter verstehen, wie das Unternehmen funktioniert, welche Her­ausforderungen es gibt und wie Entscheidungen getroffen werden, fühlen sie sich stärker eingebunden und ­motiviert, zur Lösung beizutragen. Transparenz erzeugt Vertrauen und fördert den offenen Dialog, der es ermöglicht, Herausforderungen anzugehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. So werden Mitarbeitende zu gleichberechtigten Partnern im Unternehmen und können eine erwachsene Haltung ein­nehmen. Das steigert die Kommunika­tionskompetenz und verändert die Art, wie miteinander gesprochen wird. 

Fazit

Die Kunst, Fachkräfte langfristig zu binden, liegt nicht nur im Angebot eines wettbewerbsfähigen Gehalts. Vielmehr geht es darum, eine Kultur der Werte, Haltung und Empathie zu schaffen. Unternehmen, die diese Werte nach aussen tragen und ­intern leben, ziehen nicht nur die richtigen Mitarbeiter an, sondern schaffen auch eine Umgebung, in der ­Mitarbeiter ge­deihen können. Die Analyse der eigenen Werte, die Identifizierung von Problemen, die Förderung einer mitarbeiterzentrierten Führung, die smarte Nutzung von Technologie und die Förderung offener Kommunikation sind allesamt entscheidende Schritte auf dem Weg zur langfristigen Mitarbeiterbindung. In einer Zeit, in der der Arbeitsmarkt ständig im Wandel ist, wird die Pflege einer positiven Unternehmenskultur zum Schlüsselfaktor, um wertvolle Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten.

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