Besonders schmerzhaft ist diese schlechte Nachfolgebilanz vor dem Hintergrund, dass Familienunternehmen neben der volkswirtschaftlichen Bedeutung durch ihre Einzigartigkeit der Schweizer Unternehmenslandschaft ein besonderes Profil verleihen. Gleichzeitig stellt die Regelung der Nachfolge Unternehmerfamilien vor besondere Herausforderungen.
Emotionen und Sachthemen
Denn neben den Sachthemen spielen hier die Emotionen eine sehr bedeutende, oftmals auch schwierige Rolle, die ein sowieso schon komplexes Themenfeld noch anspruchsvoller machen. Doch es ist der Einbezug aller Kernbereiche einer Unternehmerfamilie – Unternehmen, Kapital, Familie, Individuum –, der zu den entscheidenden Faktoren für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung gehört. Das zeigen die jahrzehntelangen Erfahrungen der Autorinnen.
Geht es in Unternehmerfamilien um die Planung einer tragfähigen Zukunft mit Weitsicht, liegt der Schwerpunkt oft ausschliesslich auf Unternehmens- und Kapitalseite. Hier wird mit Bedacht und Sorgfalt eine professionelle Struktur gepflegt. Aus dem Blickfeld gerät dabei, der Organisation der Familie sowie den Bedürfnissen der Einzelnen ebenso viel Gewicht einzuräumen. Dabei liegt das eigentliche Vermögen der Familie in der Verbindung aus Human- und Finanzkapital. Für die nachhaltige Strategie eines Familienunternehmens leiten sich daraus folgende zentralen Fragen ab:
- In welche Richtung entwickeln wir uns als Familie?
- Wie richten wir unser Unternehmen für die Zukunft aus?
- Wo stehen wir mit unserem Finanzkapital?
- Welche Pläne haben die einzelnen Mitspieler?
- Wo wollen wir gemeinsam hin?
Zwischen den Generationen
Stimmige Antworten auf diese Fragen zu finden, erfordert von allen Familienmitgliedern den Willen zu Transparenz und Offenheit sowie Respekt und Wertschätzung für das bisher Geschaffene. Dies sowohl auf der familiären wie der unternehmerischen Ebene. Die Entscheidungsfindung steht im Spannungsfeld verschiedener Charaktere, Emotionen und Generationen sowie unternehmens- und marktstrategisch relevanter Aspekte.
Dazu zwei typische Verhaltensmuster im Nachfolgeprozess:
«Ungeduldige Junioren»
Nachkommen, die willig sind, ins Unternehmen einzutreten, zeichnen sich durch eine höhere Bildung aus. Sie packen die Aufgaben durch ihr Wissen anders an als die ältere Generation, die auf ihre Erfahrung setzt. Anstatt sich geduldig gegenseitig zu befruchten, geht es den Jungen nicht schnell genug. Oft spitzt sich die Situation zu und es steht gegenüber Vater oder Mutter die Frage «Ich oder Du» im Raum. Je nachdem kommt es dann z. B. zu einer Versöhnung, Streit, konstruktiver Trennung auf Unternehmensebene oder einem echten Loslassen der «alten» Generation.
«Egoistische Senioren»
Senioren können durch egoistische Ziele, wie zum Beispiel Steuer- und/oder Gewinnoptimierung, Besitzstandswahrung, Machterhalt, weit über die Pensionierung hinaus eine einvernehmliche Nachfolgelösung verhindern. Nicht alle Nachkommen können sich aus solchen finanziellen Abhängigkeiten und undurchsichtigen Familiensystemen lösen.
Komplexität reduzieren
Die potenzierte Komplexität aus Familie und Unternehmen, die hinter solchen Szenarien steht, ist die grundlegendste Herausforderung für Unternehmerfamilien, die es gemeinsam in einem fairen Prozess zu meistern gilt. Dieser Prozess gelingt, wenn Unternehmerfamilien bereit sind, die separate und oft unvollständige Betrachtung der vier relevanten Kernbereiche Unternehmen – Kapital – Familie – Individuum aufzuheben. Der Zugang zu reduzierter Komplexität, mehr Leichtigkeit und einer tragfähigen Zukunftsplanung liegt in der Verknüpfung und Synchronisierung dieser vier Bereiche (siehe Abbildung).