Strategie & Management

Kolumne

Die drei Dimensionen der Strategie

Um eine wirksame Wachstumsstrategie zu entwickeln, braucht es vor allem inhaltliche Klarheit auf drei Strategieebenen.
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Ein Unternehmen kann ohne eine präzise ausgearbeitete Strategie erfolgreich sein. Häufig ist den handelnden Personen gar nicht bewusst, dass es möglicher­weise die fehlende strategische Klarheit ist, die ihnen manchmal ein Bein stellt, denn sie erkennen zwar die Symptome, aber nicht die Ursache. Typische Symptome, an denen Sie erkennen können, dass es Ihrem Unternehmen an strategischer Klarheit mangelt, sind beispielsweise fehlende Verantwortungsübernahme von Führungskräften, langsame Entscheidungsfindung, Vertagen von Entscheidungen oder Rückdelegation von Entscheidungen an die Geschäftsführung, divergierende Zielsetzungen und Schnittstellenprobleme zwischen Abteilungen oder eine fehlende gemeinsame Perspektive in bereichsübergreifenden Diskussionen.

Insbesondere in mittelständischen und familiengeführten Unternehmen erleben wir es regelhaft, dass die Unternehmensführung oder auch der oder die Inhaber selbst ein relativ klares Bild der Zukunft haben, in sich allerdings ein konfuses Konstrukt aus Ver­mischungen der persönlichen Zukunft, der Unternehmenszukunft und der einzelnen Produkt- und Leistungs-Entwicklungsszenarien gebildet haben. Dies führt final dazu, dass die Realisierung der Strategie in Richtung Zukunft stockt, scheitert oder gar nicht erst strukturiert begonnen wird. Wir stehen dann vor der Frage: «Es ist doch eigentlich alles klar, warum kommt die Mannschaft nicht weiter?» 

Eine Antwort auf diese Frage lautet, dass die Annahme «es sei alles klar» nicht statthaft ist und wir mit unseren Klienten einen Schritt zurückgehen müssen, um eine wirksame Wachstums-Strategie zu entwickeln oder diese zu schärfen. Bevor es an die Realisierung geht, heisst es also Klarheit schaffen – und das in unterschiedlichen Strategie-Dimensionen.

Dimension 1: Die Unternehmer-Strategie

Die Dimension der Unternehmer-Strategie ist die wichtigste Strategiedimension, denn sie beeinflusst die Unternehmens-Strategie ganz wesentlich. Es ist wichtig, die Unternehmerabsichten zu kennen, um ein Unternehmen passend zu steuern. So wird die Unternehmensstrategie mindestens in Teilen eine andere sein, wenn beispielsweise die Unternehmer-Strategie vorsieht, das Unternehmen in Zukunft zu veräussern, im Vergleich dazu, wenn diese vorsieht, das Unternehmen in die nächste Generation zu überführen. Wenn die Eigentümer eines Unternehmens also nicht direkt operativ beteiligt sind, sollten ihre grundsätzlichen Pläne dennoch der Geschäftsführung bekannt sein, um Entscheidungen adäquat vorzubereiten und zu treffen. Machen Sie sich das Erarbeiten der Unternehmer-Strategie leicht. Eine Antwort auf die Frage: «Was wollen wir für uns als Unternehmer?» genügt – nicht mehr, aber auch nicht weniger. 

Dimension 2: Die Unternehmens-Strategie

So einfach wie möglich ausgedrückt, gibt die Unternehmens-Strategie eine Antwort auf die Frage: «Was soll eigentlich das Unternehmen tun?» Wie wollen wir als Unternehmen agieren? An erster Stelle geht es um das Herausarbeiten der grundsätzlichen strategischen Ausrichtung: Agieren Sie als Innovationsführer, Leistungsführer oder als Kostenführer? Selbstverständlich werden Sie auch als Leistungsführer Ihre Kosten im Griff haben und regelmässig mit neuen Produkten oder Leistungen überraschen müssen. Um eine Ausschliesslichkeit geht es nicht, aber eine eindeutige Ausprägung ist vergleichbar mit einer klar defi­nierten Route, die einen ans Ziel führt. Wissen wir, welchen Weg wir nehmen, ist es sehr viel einfacher, passend zu planen, zu packen, das Auto zu beladen und in der Kolonne in die richtige Richtung zu fahren, als wenn wir den Weg nicht abgestimmt hätten und jeder auf eigene Faust losmarschiert. Fehlt die Unternehmens-Strategie, kommt es zu Irritationen in Ihrer Mannschaft, zu Entscheidungen, die Sie anders getroffen hät­-ten, oder auch zu Missverständnissen zwischen Zielen und Entwicklungen in einzelnen Abteilungen. 

Dimension 3: Die Marktsegment-Strategie/n

In dieser Ebene wird es bereits deutlich operativer – und hier ist die Verwirrung häufig am grössten. Es geht um relevante strategische Aspekte zur Eroberung eines oder mehrerer Marktsegmente. Die Symptome, die Sie an dieser Stelle erkennen können, wenn es an strategischer Klarheit mangelt, sind häufig entweder Ihre eigene Unzufriedenheit in der Unternehmensführung, weil die Strategierealisierung stockt – oder Ihre Unzufriedenheit über Entscheidungen Ihrer Führungskräfte, die Sie so nie getroffen hätten. Ein Beispiel aus einem unserer Projekte, das hier wunderbar hineinpasst, ist eine Verkaufsaktion, die der Vertrieb mit einem neuen Handelspartner arrangiert hat. Der Vertrieb ist stolz – die Geschäftsführung wütend. Die strategischen Ziele wurden nicht verstanden und in der Marktbearbeitung umgesetzt. Der neue Handelspartner passt nicht zu der gewünschten Positionierung der Marke, spricht die ideale Zielgruppe nicht op­timal an und generell gab es keinen Grund, das betreffende Produkt als Leistungsführer zu einem reduzierten Preis in einer Aktion anzubieten, denn die Nachfrage ist da. Der Vertrieb sieht den neuen Kunden und den zusätzlichen Umsatz – das geschärfte Rentabilitäts- und Markenbewusstsein sowie die strategische Grundausrichtung der Leistungsführerschaft waren nicht angekommen.

Eine Basis für die Umsetzung

Die Dimension der Marktsegment-Strategie interessiert Ihre Mitarbeiter am meisten. Selbst wenn Sie nur ein Marktsegment bedienen, lohnt es sich allerdings die drei Dimensionen zu unterscheiden, um für inhaltliche Klarheit zu sorgen und damit die Basis für eine strukturierte Umsetzung der Strategie zu schaffen. Wenn Sie die Frage, in welchem Marktsegment Ihr Unternehmen aktiv ist, beantwortet haben, beginnen Sie bei der weiteren Entwicklung Ihrer Marktsegment-Strategie beim Kunden. Wer genau sind Ihre Kunden? Welche Unternehmenstypen oder Personen? Wer ist der tatsächliche Entscheider beim Kauf Ihrer Leistung? Insbesondere bei einer doppelten Kundenorientierung kann es sich an dieser Stelle bereits lohnen, kundengruppenspezifisch vorzugehen und zum Beispiel den Endverbraucher von Handels- oder B2B-Kunden zu trennen.  Die Vorgehensweise der Marktsegment-Strategie-Entwicklung im Detail aufzuschlüsseln, führt hier zu weit. Grundsätzlich sollten Sie aber die Kundenbedürfnisse, das Leistungsangebot, die Positionierung und den Marktauftritt sowie bestehende Wettbewerber, den Vertriebsansatz und Barrieren zwischen dem Leistungsangebot und Ihren idealen Kunden betrachten – bevor es sich danach lohnt, auf die Prozesse, die Systeme und die Organisation hinter dem Leistungsangebot zu blicken. 

Fazit

Die Trennung der Strategie-Dimensionen ist ein erster wichtiger Schritt für eine wirksame Strategierealisierung. Wenn nur beispielsweise 50 Mitarbeiter ein unterschiedliches Bild davon haben, ob Ihr Unternehmen Innovations-, Leistungs- oder Kostenführer ist, entsteht hieraus zwangsläufig unterschiedliches Handeln. Diskussionen entstehen, die eigentlich nicht geführt werden müssten, Kundenanfragen werden unterschiedlich gehandhabt, Investitionsentscheidungen unterschiedlich getroffen und vielerlei Dinge mehr, die in einer schlechten oder langsamen Strategierealisierung und einer schwach konturierten Marke münden. Sorgen Sie also für Klarheit darüber, was Sie erreichen möchten und wie Sie alle gemeinsam die strategischen Vorgaben im Alltag realisieren wollen. Eine Wachstumsinitiative als gemeinsames Projekt geplant, kann für die erfolgreiche Realisierung ein wunderbares Vehikel sein.

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