Strategie & Management

Employer Branding

Die Arbeitgebermarke gezielt stärken

Employer Branding gehört mittlerweile in den meisten Unternehmen zum Standard. Damit die Investitionen in das Arbeitgeber-Marketing nicht verpuffen, ist eine gezielte Vorgehensweise notwendig. Der Beitrag gibt Hinweise für ein wirksames und nachhaltiges ­Employer Branding.
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Employer Branding ist im Mainstream angelangt. In den letzten Jahren hat eine Vielzahl von Unternehmen als Reaktion auf einen herausfordernden Rekru­tierungsbedarf und einen zunehmend professionell auftretenden Wettbewerb begonnen, Arbeitgeber-Marketing zu ­betreiben. Eine moderne Karriere-Webseite, kompetitive Benefits und einladende Arbeitgeberkonditionen sowie Einblicke in das Unternehmen sind nur wenige Beispiele eines Sammelsuriums, das mittlerweile zur Grundausstattung gehört.

Mehr als ein Standardprogramm

Damit einher geht eine entsprechende Wahrnehmung – oder auch ein «Gewöhnungseffekt» – aufseiten der Bewerber: Ein professioneller Arbeitgeberauftritt hat sich zur Normalität entwickelt, was wiederum bedeutet, dass Unternehmen, welche diese Disziplin völlig unbeachtet lassen, heute rückständiger wahrgenommen werden als noch vor einigen Jahren. Sie liegen mit ihrem Auftritt jetzt unter ­jenem Status quo, an den sich Stellen­suchende gewöhnt haben. 

In Fachkreisen wird in diesem Zusammenhang heute oft vom «Standardprogramm» oder auch «Basisprogramm» des Employer Branding gesprochen (siehe Abbildung). Dazu zählen – wie es der Name vermuten lässt – jene Aktivitäten, die heute vom Grossteil der Unternehmen als Standard betrieben werden. 

Man muss nicht viel von Marketing verstehen, um zu erkennen, dass spätestens dann, wenn eine Mehrheit in einem Markt – in diesem Fall dem Arbeitsmarkt – auf dieselbe Art mit denselben Vorteilen für sich wirbt, Marketing sein Ziel verfehlt hat. Etwas, das «Standard» ist, hat den «Wow»-Effekt lange hinter sich gelassen und ist bei «08/15» angelangt. Aber was bedeutet das für Unternehmen, die sich nicht zum Mainstream zählen möchten? 

Ganz einfach, es ist Zeit für neue Wege. Übergreifend können drei Ziele fest­gehalten werden, die in ihrer Komple­xität und ihrem Ressourcenumfang an­steigen: 

  • Die Ableitung einer authentischen Arbeitgeberpositionierung.
  • Der nachhaltige Einsatz von Employer Branding: Employer Branding soll nicht nur gegen aussen, sondern auch nach innen Mehrwert schaffen. 
  • Die Verabschiedung vom blossen Standardprogramm zugunsten kreativer Ansätze.

Die authentische Positionierung

Zunächst gilt es zu definieren, was an wen kommuniziert werden soll – oder vielmehr, was an wen kommuniziert werden kann. Leider passiert es nicht selten, dass Arbeitgebereigenschaften für die Positionierung gewählt werden, mit denen sich das Unternehmen zwar identifizieren möchte, die aber von den Mitarbeitenden nicht oder nicht stark genug getragen werden. In Zeiten der Digitalisierung, wo diverse Bewertungsplattformen Mitarbeitenden ein Sprachrohr nach aussen bieten, passiert es somit häufig, dass ­Mitarbeitende im Internet ganz andere Geschichten erzählen, als sie auf offiziellen Unternehmensseiten zu lesen sind. Ein empfehlenswertes Vorgehen könnte folgendermassen aussehen: 

  • Das Unternehmen sammelt auf Basis seiner strategischen Ausrichtung jene Eigenschaften, die es hinsichtlich der Unternehmensziele und der Managementvision kommunizieren möchte. Diese Eigenschaften sollten möglichst po­sitiv, attraktiv und mit Blick auf die ­direkte Konkurrenz kompetitiv sein. 
  • In einem separaten Schritt erhalten die Mitarbeitenden die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu schildern – zum ­Beispiel über eine Befragung oder andere Feedbackmethoden. Die gewonnenen Ergebnisse zeigen auf, welche Aspekte des Unternehmens die Mitarbeitenden als vorbildlich wahrnehmen und welche weniger. 
  • Anschliessend wird ein kritischer Abgleich durchgeführt, in welchem all jene ursprünglich für die Arbeitgeberpositionierung definierten Eigenschaften zunächst gestrichen werden, die die Mitarbeitenden nicht befürworten. 

Zielgruppen analysieren

Ein besonderes Augenmerk sollte hier ­zudem auf den Zielgruppen liegen. Es ist empfehlenswert, parallel zu diesem Ausdünnungsprozess der Arbeitgebereigenschaften eine Zielgruppenanalyse durchzuführen. Aus dem resultierenden Set an Arbeitgebereigenschaften sollten für die unterschiedlichen Zielgruppen Ei­genschaften herausgegriffen werden, die für sie besonders attraktiv sind. 

Relevante Zielgruppen könnten beispielsweise über die Kriterien Erfahrung (zum Beispiel Nachwuchs, Berufseinsteiger, Erfahrene etc.), Berufsgruppe (zum Beispiel Ingenieure, Kaufleute etc.) oder auch persönliche Merkmale (zum Beispiel Alter, Elternstatus, Karriereorientierung, oder Ähnliches) abgeleitet werden.

Dieser Prozess resultiert bestenfalls in ­einem kurzfristigen und einem langfristigen Massnahmenpaket:

  • Kurzfristig wird das resultierende Set an Arbeitgebereigenschaften, welches den Rückhalt des Managements wie auch der Belegschaft geniesst, für die Arbeitgeberpositionierung der näheren Zukunft herangezogen. Dieses Set an Arbeitgebereigenschaften dient also zunächst als Grundlage für das Basisprogramm des Employer Branding und wird an den verschiedenen Kontaktpunkten des Bewerbungsprozesses einheitlich in der Arbeitgeberkommunikation eingesetzt. Dadurch ist kurzfristig sichergestellt, dass nur Arbeitgebereigenschaften, die die Zustimmung der Mitarbeitenden genies­sen, für die Arbeitgeberpositionierung genutzt werden.
  • Langfristig lässt sich daraus ein zweites Massnahmenpaket ableiten, welches das Employer Branding als Disziplin intern verankert: 

Nachhaltig einsetzen

Im Sinne eines maximalen Returns on Investment sollte langfristig das Ziel gelten, dass Employer Branding und die damit verbundenen Analysen sowie Aufwände nicht nur gegen aussen, sondern auch gegen innen einen Mehrwert erzielen. Als langfristiges Massnahmenpaket gilt es somit, all jene Arbeitgebereigenschaften anzupacken, die aufgrund des nicht ausreichend positiven Mitarbeitendenfeedbacks auf Eis gelegt wurden. Das Feedback der Mitarbeitenden liefert einen wertvollen Input, da es die Bereiche identifiziert hat, die intern Verbesserungs­potenzial aufweisen.

Im besten Fall geht mit diesem Massnahmenpaket eine detaillierte Planung, zum Beispiel in Form einer Roadmap einher, die festlegt, wie die negativ beurteilten Bereiche in den nächsten Jahren syste­matisch optimiert werden sollen. Neben einer Definition der Verantwortlichkeiten im HR sollten hier auch andere Unter­nehmensbereiche und Schnittstellen mitgedacht und wenn möglich in die Entwicklung eingebunden werden. Es ist empfehlenswert, die geplanten Projekte zeitlich so auszurichten, dass sie bis zur nächsten grösseren Aktualisierung der Arbeitgebermarke (welche in der Regel alle drei bis vier Jahre stattfinden sollte) erste Resultate erzielt haben. 

Alles in allem gilt hier festzuhalten: ­Employer Branding ist dann nachhaltig, wenn es innen ansetzt, um nach aussen zu kommunizieren. Langfristig gilt es, Schwächen zu schwächen und Stärken zu stärken, damit Employer Branding erfolgreich sein kann. 

Die dritte und letzte Herausforderung ist nun, die Zielgruppen auf eine neue und somit einzigartige Weise anzusprechen. Nur wenn sich Inhalte vom Mainstream ­abheben, bleiben sie potenziellen Bewer­bern/-innen in Erinnerung.

Kreatives Employer Branding 

Kreative Massnahmen können eine Differenzierung vom Status quo ermöglichen. Zum Beispiel: 

  • Mitarbeitende als Markenbotschafter einsetzen: Es sollte nicht mehr nur die Personal- oder Kommunikationsabteilung kommunizieren, sondern die Mitarbeitenden selbst. Dabei gilt: je weniger angeleitet die Inhalte (zum Beispiel Interviews oder Videos), desto glaubhafter. Eine vielversprechende Massnahme sind zudem Kontaktmöglichkeiten neben den üblichen Karriereevents. Wie wäre es beispielsweise mit einem Career Lunch, wo interessierte Studierende sich mit Mitarbeitenden vor Ort zu einem Mittagessen treffen können? Ein sinnvoll ausgearbeitetes Konzept vorausgesetzt, bietet dies die Möglichkeit, interessierte Nachwuchskräfte mit Spezialisten aus dem entsprechenden Bereich zu vernetzen.
  • Eine weitere Möglichkeit ist, Mitarbeitende in Sachen Social Media an die Hand zu nehmen. Interne Workshops, Best-Practice-Unterlagen und klare interne Aufträge an Personen oder Abteilungen ermöglichen eine systematische Einbindung. Nicht zuletzt bietet sich die Einladung von Departementen und Dozierenden relevanter Hochschulen sowie das Halten von Gast­vorträgen in Lehrveranstaltungen an. Aus eigener Erfahrung sind Hochschulen sehr froh um Praxisbeiträge. Gleichzeitig ist das Unternehmen den Studierenden bereits zu einem frühen Zeitpunkt ein Begriff und es ist bestenfalls in den Praktikumsfokus gerückt. 
  • Nicht nur Commitment fordern, sondern selbst Commitment zeigen und mit Organisationsentwicklungszielen transparent umgehen. Es ist das normale Resultat einer Mitarbeitenden­befragung, dass bestimmte Bereiche positiver beurteilt werden als andere. Im Sinne einer ehrlichen Haltung ist es empfehlenswert, nicht nur mit den ­positiven Bereichen zu werben, sondern auch mit Schwachstellen trans­parent umzugehen, bei denen man ­zukünftig Fortschritte machen möchte. Je konkreter entsprechende Entwicklungspläne kommuniziert werden (zum Beispiel auf der Karriere-Seite), desto positiver die Wahrnehmung. 
  • Ein bemühter Umgang mit New Work: Gerade in Zeiten der Digitalisierung wird der attraktive Arbeitsplatz oft vorschnell mit Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten gleichgesetzt. Zu Unrecht – denn New Work kann mehr. Themenbereiche könnten hier beispielsweise sein, die Weiterbildungskonditionen kritisch zu hinterfragen und eine Entwicklungskultur stärker zu begrüssen. Flexibilität und Mitspracherecht kommen in produzierenden Bereichen oftmals zu kurz. Die Überarbeitung der ­internen Feedbackkanäle und ein kritisches Augenmerk darauf, ob Feedback nur aus bestimmten, beispielsweise bildungsstärkeren, Bereichen kommt, ist somit sinnvoll. Vorsicht sei schliesslich stets bei jenem Veränderungshemmer geboten, der als «Das haben wir schon immer so gemacht!» bekannt ist.
  • Präsenz mit Herz und Humor auf den Kanälen, wo sich die «Hard to find»-Zielgruppen bewegen. Nach dem Lieblingsfach in der Schule gefragt, wird kaum jemand ein Fach nennen, in dem die Chemie zur Lehrperson nicht gestimmt hat – sei das Talent dafür noch so gross gewesen. Ganz im Gegenteil: Menschen sind zutiefst soziale Wesen und unsere Wahrnehmung von etwas – sei es das Schulfach oder aber der ­potenzielle Arbeitgeber – wird stets ­begleitet von Emotionen, die wir da­mit assoziieren. Ziel ist es, diese Emotionen an jedem Kontaktpunkt möglichst positiv zu gestalten. 

Zusammenfassend gilt festzuhalten, dass drei Aspekte für den Erfolg eines Arbeitgeberauftritts zentral sind: Authentizität, Nachhaltigkeit und Einzigartigkeit. Wenn Employer Branding es schafft, authentische Arbeitgebermerkmale zu kommunizieren, einen kritischen Blick für Verbesserungspotenzial nach innen zu richten und in seiner Kommunikation kreative, neue Wege geht, dann steht dem Erfolg nichts im Weg.

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