Strategie & Management

Leadership

Der Weg zur führungsintelligenten Führungspersönlichkeit

Führungsintelligenz wird niemandem in die Wiege gelegt. Sie lässt sich aber entfalten, entwickeln und gestalten. Intelligente Führung ist bis zu einem gewissen Grad erlernbar. Was zum Aufbau führungsintelligenten Verhaltens notwendig ist, zeigt dieser Beitrag.
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Führungsintelligenz ist – ebenso wie Intelligenz – ein Sammelbegriff und betrifft mehrere Fähigkeiten beziehungsweise mehrere Intelligenzspielarten, die allesamt schwer fassbar sind. Darum gibt es keine allgemeingültige Definition hierfür. Es gilt: Wer von Führungsintelligenz spricht, muss daher zunächst einmal beschreiben, was er darunter versteht.

Was Führungsintelligenz meint

Weil sich der Begriff nicht allgemeingültig bestimmen lässt, muss Führungsintelligenz einen Bezugspunkt haben, einen Rahmen, von dem aus beurteilt werden kann, was etwa «zweckvolles Handeln» und «vernünftiges Denken» und «zielgerichtete Entscheidungen» konkret heisst. Dieser Bezugspunkt ist nach dem Verständnis des Autors das Erreichen der Ziele eines Unternehmens, einer Abteilung oder eines Teams. Führungsintelligenz ist die Fähigkeit von Führungspersönlichkeiten, zweckvoll, vernünftig und zielgerichtet Führungs- und Unternehmensprozesse und -entscheidungen so zu gestalten, dass Unternehmensziele erreicht werden können.

Die Handlungen einer Führungskraft können also noch so zweckgerichtet, vernünftig und zielorientiert sein: Wenn sie keinen nachweisbaren Beitrag zur Verwirklichung der Unternehmensziele leisten, handelt sie nicht führungsintelligent. Führungspersönlichkeiten, die den Anspruch erheben, führungsintelligent zu handeln, müssen sich die Gretchenfrage gefallen lassen: «Wie hältst du es mit den Unternehmenszielen?»

Übergeordnete Konsequenzen

Während eine Führungskraft eine Entscheidung isoliert fällt, blickt eine Führungspersönlichkeit über den Tellerrand hinaus und reflektiert die Entscheidung unter der Fragestellung, ob dabei auch die Unternehmensvision Berücksichtigung findet. Aber Achtung: Das heisst nicht, dass die Entscheidung automatisch die einzig richtige ist. Indem die Führungspersönlichkeit jedoch die übergeordneten Konsequenzen mit bedenkt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie fähig ist, das Wesentliche vom Unwichtigen zu differenzieren und sich auf Ersteres zu fokussieren.

Das heisst demnach: Eine führungsintelligente Führungspersönlichkeit ist ein Mensch, der die Bedingungen und Konsequenzen seines Denkens und Handelns ständig reflektiert, sich mithin zum einen selbstkritisch fragt, warum er etwa eine Entscheidung so und nicht anders getroffen hat.

Zum anderen legt er sich die Frage vor, ob diese Entscheidung hilft, das Unternehmen substanziell weiterzuentwickeln.

Bausteine der Intelligenz

In der Führungs- und Managementdiskussion haben sich mehrere Intelligenz-Begriffe etabliert, von denen die Fachintelligenz und die methodisch-strategische Intelligenz noch die unumstrittensten sind. Klar ist: Eine Führungskraft benötigt ein Set an Führungskompetenzen und -instrumenten. Allerdings: Das Wissen allein, wie es – zum Beispiel – gelingt, andere Menschen zu motivieren, genügt nicht. Führungsintelligente Führungspersönlichkeiten setzen dieses Wissen situations- und personenangemessen ein. Sie wissen: Es gibt keine Motivationsstrategie, die bei allen Mitarbeitern zum gewünschten Erfolg führt. Darum beachten sie in ihrer Führungsarbeit den jeweiligen Reifegrad eines Mitarbeiters und die situativen Umstände, in der die Motivationsaktion stattfindet.

Hinzukommt die emotionale Intelligenz. Damit ist die Fähigkeit gemeint, mit empathischem Einfühlungsvermögen die eigenen und die Gefühle und Emotionen der Mitarbeiter einzuschätzen und sie zur Grundlage von Entscheidungen und Handlungen zu entwickeln. Das Einfühlungsvermögen hilft überdies, soziale Intelligenz zu entfalten, also Strukturen und Beziehungen in Gemeinschaften zu erkennen und zu nutzen, um aus Einzelindividuen ein schlagkräftiges Team zu formen.

Komplexität akzeptieren

Führungsintelligente Führungspersönlichkeit sind sich also der Komplexität der Führungsarbeit bewusst. Darum scheuen sie vor eindimensionalen einfachen Antworten zurück. Sie akzeptieren, dass Unternehmen sowie Führungskräfte in unberechenbaren, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Zeiten agieren müssen und darum darauf angewiesen sind, Führungsintelligenz in gleich mehreren Bereichen aufzubauen: Es geht um fachliche, methodisch-strategische, emotionale und soziale Führungsintelligenz.

Führungsintelligenz bezieht sich nicht allein auf die Mitarbeiterführung, sondern auch auf die Selbstführung, die Entwicklung der Prozesse in einem Unternehmen und die Unternehmensführung insgesamt. Der ganzheitliche Blick einer führungsintelligenten Führungspersönlichkeit rückt zudem das Marktumfeld in den Fokus. Pointiert ausgedrückt heisst das, dass führungsintelligente Führungspersönlichkeiten gemeinsam mit ihren Mitarbeitern in einem inspirierenden sowie Sinn stiftenden Umfeld ihre Unternehmensziele erreichen wollen. Sie wollen dabei helfen, sich selbst, die anderen Menschen, ihr Unternehmen und das Business-Umfeld, in dem das Unternehmen agiert, weiterzuentwickeln. Wen nun die Kompetenzbeschreibung der führungsintelligenten Führungspersönlichkeit an die sprichwörtliche «Eierlegende Wollmilchsau» erinnert, der liegt nicht ganz falsch. Das Konzept der Führungsintelligenz ist komplex – immerhin handelt es sich nicht um ein statisches, sondern ein dynamisches Konzept.

Selbstreflexion als Schlüssel

Führungsintelligenz lässt sich nur in einem lebenslänglichen Lernprozess aufbauen, der nie zu einem Ende in dem Sinn führt, dass sich die Führungspersönlichkeit sicher sein kann, für immer und ewig führungsintelligent handeln und entscheiden zu können. Darum steht und fällt der Auf- und Ausbau von Führungsintelligenz mit der Kompetenz zur Selbstreflexion. Sie ist die Schlüsselkompetenz einer führungsintelligenten Führungspersönlichkeit. Sie sind bereit, das eigene Verhalten immer wieder in Bezug auf Absicht und Wirkung («Erreiche ich mit meinen Handlungen und Entscheidungen das, was ich erreichen will?») zu hinterfragen und zu überprüfen.

Dazu gehören der Perspektivenwechsel, die Wahrnehmung und Umsetzung von auch aussergewöhnlich-ungewöhnlichen Anregungen und die Offenheit für neue Ideen. Ohne die Fähigkeit zur Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an aktuelle Entwicklungen ist Führungsintelligenz kaum denkbar.

Die Führungsrollen

Dies gilt auch für die verschiedenen Rollen, die die Führungspersönlichkeit einnehmen muss. Wer ständig die Erreichung der Unternehmensziele im Auge behalten und Führungsintelligenz auf mehreren Ebenen und Feldern entfalten möchte, der sollte kompetent sein, mal als – zum Beispiel – ergebnisorientierter Manager, mal als beziehungsfokussierter Begleiter, mal als inspirierendes Vorbild, mal als unterstützender Coach zu agieren. Es ist geradezu ein Charakteristikum führungsintelligenten Verhaltens, nicht nur eine oder wenige Rollen einzunehmen, sondern sich in die jeweilige Führungssituation einzufühlen und in die Vorstellungswelt des jeweiligen Mitarbeiters, um dessen Weiterentwicklung es geht, einzutauchen.

Zu diesem Rollenwechsel sind Menschen, die wissen, dass sie sich täuschen und irren können und eben nicht stets die hundertprozentig richtige Lösung in ihrem Führungsköcher haben, eher in der Lage. Führungsintelligente Führungspersönlichkeiten wissen, dass sie nichts (eindeutig und unumstösslich) wissen. Sie sind darum stark genug, sich selbst infrage zu stellen. Sie legen nicht als allwissende Vor-Gesetzte Vorgaben fest, sondern führen Mitarbeiter mit Vereinbarungen, die sie nicht immer, aber meistens im argumentativen Austausch mit den Beteiligten gemeinsam erarbeiten.

«Nicht immer» deswegen, weil im Führungsalltag verschiedenste Situationen und viele Entscheidungsprozesse an der Tagesordnung sind, in denen rasch ein Brand gelöscht werden muss. In diesen Situationen kann nicht lange diskutiert werden, wie und ob überhaupt dies geschehen sollte.

Das Ziel

Letztendlich verfolgt die Führungsintelligenz das Ziel, die Führungspersönlichkeit zur transformationalen Führung zu befähigen. Mithilfe dieses Führungsstils sollen die Mitarbeiter und die Teams befähigt werden, eigenständig sowie eigenverantwortlich zu handeln.

Die Führungspersönlichkeit wirkt durch ihre Vorbildfunktion und mit ihrem Verhalten. Sie vermittelt die Sinnhaftigkeit der Arbeit und motiviert die Mitarbeiter intrinsisch zum Erreichen eines gemeinsamen sowie des übergeordneten (Unternehmens-)Ziels.

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