Strategie & Management

Unternehmensentwicklung

Der Wachstumsmanager: Aufgaben und Kompetenzen

Gesundes Wachstum braucht einen Wachstumsmanager, der funktions- und abteilungsübergreifend die Voraussetzungen für Wachstum schafft, das nachhaltig ist und deutlich über die klassischen Wachstumsparameter hinausgeht. Seine wichtigste Kompetenz ist der strategisch-ganzheitliche Blick auf Wachstum.
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Wachstum ist eine zu wichtige Aufgabe, als dass man es dem Zufall überlassen sollte, wie ein Unternehmen wächst. Denn es gibt neben gehemmtem Wachstum auch ein krankes Wachstum, das zum Beispiel entsteht, wenn Wachstum nur über äussere Parameter oder um seiner selbst willen
geschieht.


Evolution statt Revolution

Wachstum darf nie Selbstzweck sein, sondern sollte stets auf dem Vorhandenen aufbauen und daran anknüpfen. Selbst wenn das Unternehmen im Rahmen von Mergers & Acquisitions wächst: Entscheidend ist, dass es einen echten Wachstumsschritt macht – und nicht nur eine Weiterentwicklung, die sich an den klassischen BWL-Kennzahlen anlehnt. Es geht um evolutionäres Wachstum mit enger Orientierung an den unternehmerischen Rahmenbedingungen, nicht um revolutionäre Umstürze. Dabei ist es durchaus legitim, sich in einigen Parametern gegen kontinuierliches Wachstum im Aussen zu entscheiden.

Wenn ein Unternehmer Wert darauf legt, zu jedem seiner Mitarbeiter eine persönliche Beziehung aufzubauen und deshalb die Mitarbeiterzahl niemals über eine bestimmte Grenze steigen lassen möchte, ist dies der Fall. Andere Firmenchefs stellen die soziale Verantwortung oder die stärkenorientierte Entwicklung der Mitarbeiter in den Fokus. Bemerkenswert ist; oft sind es gerade diese Unternehmen, die sich über gesundes Wachstum freuen dürfen. Nachhaltiges und an den Unternehmenswerten orientiertes Wachstum erzielen – diese Haltung sollte sich im gesamten Unternehmen etablieren. Damit dies gelingt, ist es zielführend, die Position eines Wachstumsmanagers zu schaffen, der in enger Abstimmung mit der Geschäftsleitung die Voraussetzungen für solch ein Wachstum schafft und langfristig dafür sorgt, dass sich alle Führungskräfte zu Wachstumsmanagern entwickeln.


Die Wachstumsformel

An jeder verantwortlichen Stelle in einem Unternehmen sollte Einigkeit darüber herrschen, was Wachstum überhaupt ist – eben kein «Grösser, Höher, Weiter» um jeden Preis, sondern ein Wachstum, das im Einklang steht mit der Organisation und den Rahmenbedingungen. Der Fixpunkt ist die Wachstumsformel (siehe Box). Wachstum wird primär durch Menschen ermöglicht und erzeugt. Voraussetzung ist, dass Menschen auf jeder Ebene ihre Potenziale entwickeln können und dürfen und dies von der Unternehmens- und Führungskultur unterstützt wird.

Die Organisationsstrukturen und die Führungskultur sollten derart ausgerichtet sein, dass sich die Menschen in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen möglichst frei entfalten und alle Potenziale für die Erreichung der Unternehmensziele aktivieren können. Der Unternehmer kommt als Exponent der Wachstumsformel ins Spiel: Er trägt die Verantwortung für das unternehmerische Wachstum insgesamt und sollte zugleich bereit sein, sich auch persönlich ständig weiterzuentwickeln. Ein Unternehmen kann nur nachhaltig gedeihen, wenn der Mann oder die Frau an der Spitze der Firma dies klar vorlebt.

Unter dieser Voraussetzung wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Führungskräfte und deren Mitarbeiter den Willen zum gesunden Wachstum übernehmen und ein Wachstumssog entsteht, dem sich niemand entziehen kann. Es gilt darum: Wer als Unternehmer über ein mangelhaftes oder ungesundes Wachstum klagt, sollte zuallererst selbst reflektieren und sich fragen: Was ist mein Beitrag dazu?


Wachstumshebel finden

Um Wachstum zu steuern und den Prozess zu kontrollieren, besteht die wichtigste Aufgabe des Wachstumsmanagers darin, in Abstimmung mit dem Management festzustellen, wo im Unternehmen der grösste Wachstumshebel oder auch der grösste Wachstumsengpass sitzt. Die Wachstumsformel dient ihm dabei als Navigationshilfe, um Massnahmen zielgerichtet zu initiieren. Sie bietet einen Hinweis auf den grössten Engpass und zugleich den entscheidenden Impuls, an welchem Hebel angesetzt werden muss. Über die Formel werden auch Zusammenhänge klar. Jede organisatorische Anpassung und jede Unwucht in der Firmenkultur wirken beispielsweise direkt und häufig wachstumshemmend auf die Menschen im Unternehmen.

Welche Kompetenzen benötigt der Wachstumsmanager dazu? Es ist vor allem der strategische Weitblick fürs Wachstum, wozu der Kopf regelmässig aus dem operativen Geschäft herausgestreckt gehört – anderenfalls besteht die Gefahr, die entscheidenden Veränderungen erst zu spät wahrzunehmen sowie die Hebel und Engpässe zu übersehen. Er sollte also frühzeitig erkennen können, wo Wachstumsfallen drohen, etwa die Blähfalle, die durch ein unkontrolliertes und ungehemmtes Wachstum entsteht.

Dazu überprüft er regelmässig, was das Unternehmen nicht mehr braucht, etwa weil es die Kunden nicht mehr benötigen oder nicht mehr schätzen. Er analysiert, welche etablierten Prozesse und Verfahren sich überlebt haben und aufgehoben oder verschlankt werden können. Und er hat einen geschulten Blick für die Menschen: Er beobachtet dabei sehr genau, ohne zu schnell zu werten.

Faktoren der Wachstumsformel

Zum strategischen Weitblick gehört insbesondere, die in der Wachstumsformel genannten Faktoren unter die kritische Analyselupe zu legen. Dabei tauchen dann Fragen auf: Welche Organisationsstrukturen müssen aufgebaut, angepasst oder abgeschafft werden? Nutzen die Führungskräfte und Mitarbeiter wirklich ihre Stärken am Arbeitsplatz? Der effektivste Weg besteht in der punktgenauen Entwicklung der individuellen Kompetenzen, die für den nächsten Wachstumsschritt einer Führungskraft oder eines Mitarbeiters in der beruflichen Aufgabenstellung benötigt werden.

Wenn die Menschen in der Organisation wachsen, dann tut es das Unternehmen auch. Hinsichtlich der Führungskultur prüft der Wachstumsmanager, ob es im Unternehmen, in den einzelnen Abteilungen und in den Teams eine gemeinsame Wertebasis gibt: Welche Werte treiben die Menschen an? Auf der Individualebene beantwortet er die Frage, welche Demotivatoren Mitarbeiter in ihrem Wachstum hemmen. Was eigentlich hindert sie daran, sich eigeninitiativ und mit Selbstverantwortung als Lösungsfinder zu etablieren? Oder als Chancendenker, die tagtäglich über potenzielle Verbesserungen in ihrem Bereich nachdenken und darüber hinaus den Mut haben, die Umsetzung bei ihrer Führungskraft einzufordern? Zudem prüft er, wo in der Organisation (unbewusst) gegeneinander gearbeitet wird.


Von innen nach aussen

Es ist die Aufgabe des Wachstumsmanagers, den Finger in schmerzende Wunden zu legen und auf Blockaden und Entwicklungen aufmerksam zu machen, die vielleicht sogar zu Wachstum führen, aber zu keinem gesunden. Damit eckt er an und macht sich nicht nur Freunde. Er benötigt Durchsetzungsvermögen, um sich gegen Tendenzen auf der Managementebene zur Wehr zu setzen, die sich von den äus­seren Wachstumsparametern wie Auftragsvolumen, Produktionsvolumen, Umsätze, Gewinne und Marktanteile blenden lassen.

Er stellt klar: Gesundes Wachstum ist vor allem von inneren Parametern abhängig, bei denen die Hebel und die Möglichkeiten zur Anpassung innerhalb des Unternehmens liegen. Neben den entwickelten Kompetenzen der Mitarbeiter zählen eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit, eine ausgeprägte Mitarbeiterbindung, niedrige Krankenstände und eine gelebte Unternehmenskultur zu den bedeutsamen inneren Parametern. Bei Unternehmen, die gesund wachsen, gilt: Inneres und äusseres Wachstum stehen im Einklang miteinander.


Emotionale Bindungen stärken

Einer der wachstumsentscheidenden Parameter ist die emotionale Bindung ans Unternehmen, den Arbeitsplatz und die Führungskräfte. Der Wachstumsmanager sollte tief verwurzelt sein in den Struk­turen sowie den offiziell-formalen und inoffiziell-informellen Führungskraft-Mitarbeiter-Beziehungen, um das Betriebsklima einschätzen zu können. In Gesprächen – bis hin zu vertraulichen Vieraugengesprächen – gewinnt er das Vertrauen der Beteiligten, sodass er auch aktuelle Stimmungen und Sichtweisen aufnehmen kann. In grösseren Organisationen kann dies auch ein etabliertes Sounding Board leisten, durch das er ein umfassendes Feedback zur Stimmung und den aktuellen Themen der Mitarbeiter im Unternehmen erhält.

Zudem könnte er beratend bei Personalentscheiden eingebunden sein. Es dient dem gesunden Wachstum, wenn neue Kollegen nicht nur fachlich kompetent und hochengagiert sind, sondern auch an der wirkungsvollsten Position im Unternehmen eingesetzt werden.

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