Strategie & Management

Kolumne

Der Markenkern als Orientierungskompass

Ein starker Markenkern spiegelt die Grundschwingung im Unternehmen wider. Wer diesen definiert, hat damit einen Nordstern erschaffen, der zu einem zentralen Orientierungskompass werden kann.
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Definition eines starken Markenkerns


Der Markenkern ist das Innerste, was eine Marke symbolisiert. Er erfasst das gesamte Unternehmen, dessen Herkunft, Verhalten, Vorgehensweisen, Produkte und Dienstleistung ganzheitlich in einem Begriff. Der Markenkern zeigt die Identität der Marke und schafft eine klare Differenzierung zum Wettbewerb. Er muss dabei für Externe nicht direkt sichtbar sein, aus ihm heraus sollte sich aber jede Handlung und Entscheidung ableiten. Ein Markenkern besteht für uns aus genau einem zentralen Begriff und darüber hinaus aus drei bis vier Markenclustern, die beschreiben, auf welche Art und Weise die Umsetzung des Begriffes im Unternehmen verstanden wird. Ein Markenkern ist damit nie etwas «Erfundenes». Natürlich darf er einen Anspruch formulieren, er sollte allerdings nicht aus der Luft gegriffen werden. Jeder Mitarbeiter, der auf den Markenkern blickt, wird spüren, dass er die Grundschwingung im Unternehmen repräsentiert und Bereiche erkennen, die er persönlich mitgeprägt hat und in denen er täglich handelt.

Der Markenkern macht damit implizites Wissen explizit, er macht ein Bauch­gefühl sichtbar und er hilft dabei, zukünftige Entscheidungen konsequenter zu treffen oder Zu­widerhandlungen aufzudecken. Von aussen nach innen betrachtet, wird schlüssig, warum genau dieser Markenkern entstanden ist. So ent­wickelt sich auch aus einem vermeintlich ge­nerischen Begriff wie beispielsweise «Vertrauen», «Komfort» oder «Wohlfühlen» ein individueller und im Unternehmen verständlicher Kompass. Umgekehrt gilt: Je weiter man vom Markenkern nach aussen gelangt, desto greifbarer wird das Markenbild und desto alltäglicher werden die Begriffe. Die Definition des Markenkerns obliegt dabei der Unternehmensführung. Neben der Unternehmensvision und der Grundstrategie zählt der Markenkern zu den unternehmensstrategischen Leitplanken, die definitiv fixiert, formuliert und im Unternehmen als Wachstumsbasis bekannt sein sollten. Versteht man dabei die Vision als attraktives Bild einer Unternehmenszukunft, die möglicherweise nie erreicht wird, aber auf die alles abzielt, ist die grundstrategische Ausrichtung verkürzt gesprochen der Weg hin zur Vision und der Markenkern das Vehikel, mit dem sich ein Unternehmen auf diesen Weg macht.

Führung und Orientierung


Warum eignet sich ein starker Markenkern ganz hervorragend als Führungsinstrument – sowohl im Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiter als auch zur Selbstführung und Orientierung im operativen Alltag? Die Antwort ist simpel: Der Markenkern ermöglicht im Vergleich zu fixen unternehmerischen Messgrössen und Zielvereinbarungen eine Führung über Inhalte und nicht über Zahlen. Ein zentraler Fehler in der Mitarbeiterführung besteht häufig darin, eine Mannschaft über Zahlen, Prozentangaben und andere quantitative Wachstumsziele führen zu wollen, die im kommenden Geschäftsjahr erreicht werden sollen. Was wir bei Mandat an dieser Stelle häufig erleben, ist eine Entkopplung der Mitarbeiter von den übermittelten Unternehmenszielen – und zwar nicht aus Unverständnis, sondern aus dem schlichten Gefühl der Machtlosigkeit heraus. «Wie soll ich hier im Kundenservice, in der Produktion oder in der Buchhaltung für x Prozent mehr Umsatz sorgen, ich arbeite doch schon so gut ich kann?»  Wenn Mitarbeiter keinen eigenen Hebel bedienen können, um ein Ziel zu erreichen, werden Führungskräfte mit solchen Forderungen einzig dafür sorgen, dass die Unzufriedenheit steigt. Mitarbeiter sollten mit Zielen betraut werden, die diese auch verantworten können, Themen, bei denen sie wirklich etwas bewegen können, wonach sie handeln und worauf sie direkt Einfluss haben. Gerade hier ist der Markenkern richtig eingesetzt ein mächtiges Instrument, um diese Inhalte individuell herauszuarbeiten und dennoch unternehmensübergreifend in die gleiche Richtung zu arbeiten. Selbstverständlich soll die inhaltlich gute Arbeit dabei zu hervorragenden wirtschaftlichen Ergebnissen führen.

Umsetzung im eigenen Unternehmen


Neben dem Einsatz als Führungsinstrument ist der Markenkern auch als ein interner Kompass für das tägliche Handeln und Entscheiden der Mitarbeiter von grösster Bedeutung. Er kann die nötige Orientierung geben, um auch in ungeübten oder neuen Situationen genau die richtige Handlung herauszufiltern und eine Entscheidung im Sinne des Unternehmens zu treffen. Ein Beispiel: Lautete der Markenkern Vertrauen und wären Nähe, Flexibilität und Professionalität die Markencluster und würde ein Mitarbeiter im Kundenservice eine Beschwerde-E-Mail von einem Kunden erhalten, der sich missverstanden fühlt, könnte es keine Option mehr sein, per E-Mail zu antworten und möglicherweise den Fehler auf den Versender abzuwälzen. Orientiert am Markenkern könnte die Lösung lauten, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen, den Kunden direkt anzurufen, sein Problem noch einmal in der Tiefe zu ergründen und einen Vorschlag für eine gute Lösung zu machen. Der Mitarbeiter wäre direkt ansprechbar, würde flexibel reagieren, stärkt das Vertrauen in der Beziehung und zeigt über den Lösungsansatz den professionellen Umgang mit dem Problem des Kunden. Wer den Markenkern so versteht und anwendet, begrenzt Markenbildung nicht mehr durch ein bestimmtes Budget – sondern sorgt dafür, dass die Marke jeden Tag von innen heraus positiv beeinflusst und gestärkt wird und hat einen enormen Schritt getan, sein Unternehmen zu einer deutlich selbstständiger und selbstbewusster handelnden Organisation zu entwickeln, die nachhaltig wachsen wird.

Fazit


Der wesentliche Vorteil des Markenkerns als Instrument zur Führung und zur Orientierung liegt darin, dass er es ermöglicht, über anfassbare, vorstellbare und erlebbare Inhalte zu führen und nicht über Zahlen. Jeder Mitarbeiter kann direkt adressiert werden und seinen Beitrag zur Markenbildung täglich leisten. Die Leistung des Unternehmens wird damit von jedem direkt positiv beeinflussbar. Ist der Markenkern von allen verstanden und verinnerlicht, ermöglicht er es den Mitarbeitern daher einen eigenen Hebel bedienen zu können, sich bedeutend zu fühlen, stolz auf die eigenen Resultate zu sein und zwar völlig unabhängig von Position und Hierarchie. Unbedingte Voraussetzung ist jedoch, dass sich Zeit genommen wird, den Markenkern zu vermitteln und für die einzelnen Arbeitsbereiche durchzusprechen, damit er überhaupt Anwendung finden kann.

Es empfiehlt sich, den Markenkern ausserdem direkt in den Prozess der Einarbeitung zu integrieren, sodass sich bei neuen Mitarbeitern von Beginn an ein hohes Mass an Verständnis aufbaut. Hinter der Diskussion sollte immer die Frage stehen, was genau eine bestimmte Position in einer bestimmten Abteilung tun kann, um mit den eigenen Handlungen den Kern und die Markencluster zu stärken. Häufig werden gerade zu Beginn auch Missstände sichtbar, die unter Umständen den Markenkern konterkarieren und nun erstmals erkannt und verändert werden können. Im täglichen Handeln ist es Mitarbeitern mit Hilfe des Markenkerns deutlich sicherer möglich, Entscheidungen im Sinne des Gesamtunternehmens zu treffen. Bei jeder Aufgabe und jeder Problemstellung kann sich ein Mitarbeiter die Frage stellen, welche Alternative aus der Flut der Möglichkeiten nun den Markenkern und seine Cluster am besten stärkt und eigenständig eine Lösung entwickeln. Der Markenkern ist damit ein zen­trales und mächtiges Instrument für Führung, Selbstführung und Orientierung im unternehmerischen Alltag.

Porträt