Strategie & Management

Umweltmanagement IV

Best Practice: Qualitätskultur im Familienhotel

Thierry Geiger, Direktor des Familienhotels Saratz, erklärt die Philosophie des als «Green living Hotel» ausgezeichneten Unternehmens. Im Fokus steht der bewusste Umgang mit Ressourcen und Umwelt.
PDF Kaufen

Herr Geiger, «Jeden Tag das Beste geben» heisst Ihre Leitmaxime. Gelingt das auch?
Wir beherbergen nicht Business-Gäste, sondern Feriengäste. Das spürt der Gast vom ersten Kontakt an. Unser Leistungsversprechen müssen wir stets in Echtzeit einlösen. Das ist unser Selbstverständnis. Dazu braucht es viel Einsatz und Flexibilität von uns allen. Die Dienstleistung muss Hand in Hand erbracht werden. Wichtig auch, dass die Infrastruktur up to date ist. Wenn in Renovationen und Werterhaltung investiert wird, dann ausschliesslich in bester Qualität. Qualität heisst für uns aber auch regionaler Einkauf. Saratz unterstützt die regionale Wirtschaft mit «Regional vor Bio», wenn immer möglich.

Wer sind die Saratz-Gäste?     
Das Hotel ist ein traditionsreiches Familienhotel für Feriengäste. Das Saratz steht für Gegensätze, die sich anziehen: jung und alt, neuzeitlich und historisch, klassisch und modern. Seit dem 19. Jahrhundert haben stets grosse Familien im Hotel gewohnt, früher nur im Sommer, später auch im Winter. Auch heute sprechen wir im Marketing ganze Generationen an, ebenfalls Paare. Zielmarkt ist zu 80 Prozent die Schweiz. Die Nahmärkte in Europa haben währungsbedingt etwas abgenommen. Unsere Gäste treiben im Sommer viel Sport in Pontresina und Umgebung mit Biking und Wandern, im Winter mit Skifahren und Langlauf. Entsprechend dem Satz «Die 60er sind die neuen 50er» bieten wir auch gesetzteren Gästen vielfältige Angebote. Tennisplätze, eine Bocciabahn, ein Gartenschach, ein Putting Green und ein Aussenschwimmbad sind Teil der grosszügigen Hotelanlage. Gut besucht sind Sonderwochen mit Tai-Chi, Qigong und eine Belcanto-Woche.

Wie stellen Sie die Qualität sicher?
Befragungen zur Gästezufriedenheit und das Monitoring des Betriebsklimas sind Standard. Alles ist sehr Feedback-orientiert ausgelegt. Wo angebracht, reagieren wir. Von beiden Seiten gehen auch viele gute Ideen ein. Neu wird seit einiger Zeit das Befinden der Stakeholder im Gebiet erhoben. Der Zusammenhalt in Pontresina ist gross. Die in Pontresina ansässige Shareholder-Familie Saratz nimmt im Dorf einen wichtigen Platz ein. Das gibt Rückhalt.

Der sorgsame Umgang mit Ressourcen gehört zu Ihrer Kultur ...
Wir wollen ein Musterhotel sein, das dementsprechend handelt: Stufenweise konnte Saratz Sparmassnahmen im Energiebereich realisieren, so zum Beispiel im Wasserkonsum. Anfangs wurden 0,75 Kubikmeter Wasser pro Gast verbraucht. Der Einbau von Düsen, die Kontrolle der Hähne und Röhren usw. führte zu einer Senkung um 50 Prozent auf 0,39 Kubikmeter. Analoge Bemühungen setzen beim Strom an, beim Abfall, beim Papierverbrauch etc. Die grössten Energiefresser sind eindeutig Küche und Belüftung. Im Ganztages-Küchenbetrieb setzen wir auf moderne Technologien. Die Beleuchtung macht nur etwa 15 Prozent aus. Die meisten Lampen sind inzwischen LED-bestückt, und es hat viele Bewegungsmelder.

Zum Stromverbrauch generell: Pro Gast konnten wir den Verbrauch von 30 auf 24 kWh senken. Und zum Thema Abfall: Wir trennen alles, was trennbar ist. Küchenabfälle werden mittels Biogasanlage bei einem Bauern in Zuoz zu Gas. Mitarbeitende werden entsprechend sensibilisiert. Food Waste wollen wir niedrig halten. Wir bieten, wo möglich, Produkte an, die nicht verpackt sind, zum Beispiel Konfitüre, und wir servieren kleinere Portionen, dafür mehr Gänge. Food Waste hängt letztlich aber von der Einstellung der Gäste zum Problem ab.

Und die massiven Investitionen in «Clean Energy» bringen Profit?
Die geothermische Anlage wurde als Pionierprojekt lanciert. Sie ist eine Investition in die Zukunft. Sie ist nicht rentabel, hat aber qualitativ grossen Wert. Sie vermittelt dem Gast ein gutes Gefühl beim Schwimmen im 30 Grad warmen Wasser, das CO2-frei erwärmt ist. Mit der Anlage können heute 60 bis 70 Prozent des Hotels beheizt werden. Übrigens: In der Schweiz gibt es erst drei solche Anlagen; die grösste ist im Triemlispital, eine zweite im Hof Weiss­-bad Appenzell. Von 2008 bis zur Inbe­triebnahme der Anlage 2014 mussten viele Hürden überwunden werden. Besonders herausfordernd waren die Bohrtiefe auf 1500 m und der Ausbau des Bohrlochs. Ein St. Galler Unternehmen schaffte schliesslich die Inbetriebsetzung.

Von Hotelleriesuisse erhielten Sie die Auszeichnung «Green living Hotel». Weshalb und wofür?
Vor sechs Jahren wurden die Grundlagen dazu gelegt. Wir mussten in der Folge den Nachweis erbringen, dass wir die Anforderungen erfüllen. Inspektoren des Verbandes überprüfen den Status alle drei Jahre. Wir hoffen, dass es Hotelleriesuisse gelingt, diese Marke stark zu machen. Für Saratz ist sie Ausdruck unseres verantwortungsbewussten Umgangs mit der Umwelt. Die SQS-Zertifizierung nach ISO 14001 bestätigt das. Und Nachhaltigkeit beim Hotelaufenthalt ist bei vielen Gästen, da bin ich überzeugt, ein gewichtiges Argument beim Ferienentscheid.

Wie vermitteln Sie die spezielle Saratz-Kultur dem Personal?
Da das Personal international zusammengesetzt ist, investieren wir viel Zeit in Schulung und «Socialising». Wir haben dafür eine Plattform mit Sport, Events, Wanderungen, Entdecken der Region und so weiter. Das unterstützt bei der Schaffung eines Klimas und eines Umfelds, in dem man sich wohlfühlt. Denn wir wissen: Wer gut integriert ist, bleibt gerne. Bis jetzt haben wir grossen Erfolg mit diesem Vorgehen.

Welche Führungsaufgaben erachten Sie persönlich als besonders anspruchsvoll?
Die Hotelanlage mit 93 Zimmern und maximal 240 Gästen bei Vollbelegung erfordert Umsicht in der Führung. Vier Aufgaben sehe ich im Vordergrund: Erstens die Betreuung der Mitarbeitenden. Sie beansprucht viel Zeit und Engagement. Wir versuchen, auf jeden Mitarbeitenden einzugehen. Meine Frau, eine empathische Gesprächspartnerin, führt das Personalbüro. Die zweite Aufgabe ist die Qualitätssicherung. Saratz will sich differenzieren durch eine konstant gute Qualität. Im Hotelbereich gelingt dies von der Ankunft des Gastes an. Im Restaurantbereich ist die Kontrolldichte enger, denn es geht um Speiseangebot und Speisequalität sowie Service als Ganzes.

Zum Thema Qualität ist noch anzumerken, dass wir zusätzlich nach ISO 9001 und OHSAS 18001zertifiziert sind. Die dritte Aufgabe sehe ich in Marketing und Verkauf. Pro Tag bin ich zwei Stunden damit beschäftigt. Der Konsum digitaler Medien ist weiter zunehmend. Wir passen uns dem an. Und viertens ist die Rolle als Gastgeber zu erfüllen. Es gilt die Maxime: Jeder Gast wird von der Direktion persönlich begrüsst und verabschiedet. Das wird geschätzt. Und von unseren Gästen eigentlich auch erwartet.

Porträt