Strategie & Management

Kolumne

B2B-Vertrieb: zwei Seiten der Nach­folge

Beziehungen sind erfolgsentscheidend im B2B-Vertrieb. Die Nachfolge von Betriebs­mitarbeitern und Kunden stellt eine besondere Herausforderung dar.
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Beziehungen sind erfolgsentscheidend im B2B-Vertrieb. Mit Beziehungen sind an dieser Stelle keine unseriösen Seilschaften gemeint, sondern genau jene starken Verbindungen zwischen Kunde und Vertriebsmitarbeiter, die auf Vertrauen, positiven Erfahrungen und gegenseitiger Wertschätzung fussen. Diese Beziehungen werden zwischen Menschen geknüpft und sind mit diesen verbunden. Alles verändert sich, selbstverständlich auch Menschen und Karrierewege, und so entspricht es dem gewöhnlichen Lebenszyklus von Geschäftsbeziehungen, dass die handelnden Personen sich ver­ändern. Ein nächster Karriereschritt im Un­ter­nehmen, ein Stellenwechsel, der Verkauf des Unternehmens, die Gründe für diese Veränderungen sind mannigfaltig. Um den grösstmöglichen, positiven Wachstumseffekt in Nachfolgeszenarien zu erzielen, lohnt es sich, die Nachfolge – gleich, ob sie im eigenen Vertrieb oder auf Seiten des Kunden vollzogen werden soll – strukturiert zu durchdenken und bewusst zu führen.

Die wichtigsten Stationen im Nachfolgeprozess

Die nachfolgenden Punkte helfen bei der Struktur und bilden eine Art Navigationssystem durch die Nachfolge, das dabei hilft, die wichtigsten Faktoren zu berücksichtigen und aktiv zu steuern. 

  • Machen Sie das Thema Nachfolge zum Thema, bevor es akut wird. Ein Grund in jedem Karriereweg, eine Nachfolgelösung zu suchen und zu gestalten, ist das Alter der Protagonisten. Auch wenn sich manche Menschen dazu entscheiden, bis «zum Umfallen» den eingeschlagenen Weg, so gut es geht unverändert, fortzusetzen, beinhaltet der Übergang von einer Lebensphase in eine andere für viele Menschen die Notwendigkeit, eine ge­eignete Nachfolge sicherzustellen. Ein solcher Meilenstein ist absehbar und sollte mit einigem zeitlichem Abstand erkannt und durchdacht werden. Auch andere Gründe für bewusste, geplante berufliche Veränderungen sind vor­­ab ersichtlich und bedingen eine Nachfolge­lösung. Für Ihren eigenen Weg lohnt es sich, mit dem nächsten Schritt fortzufahren. Wenn Sie auf Kundenseite Partner haben, bei denen Sie vermuten, dass auch hier eine Nachfolgenotwendigkeit absehbar ist, sprechen Sie es ruhig höflich an und fragen Sie, welche Überlegungen aktuell angestellt werden. 
  • Schaffen Sie Klarheit über das Idealbild der Nachfolge und die damit verbundenen Implikationen. Die Optionen und Varianten, die man zur Gestaltung der eigenen Nachfolge wählen kann, sind vielfältig – auch und gerade im Vertrieb. Die Wahl der geeigneten Mittel fällt umso leichter, je klarer das Zielbild der Entwicklung ist. Die folgenden Leit­fragen können dabei helfen, eigene Klarheit zu erzielen: Wenn Sie sich das Idealbild Ihrer persönlichen Nachfolge malen könnten, wie sähe es aus? Was möchten Sie bewahrt wissen? Welche Weiterentwicklung der Themen schwebt Ihnen vor? Was muss gewährleistet sein, dass dieses Zielbild eintritt? Welche organisatorische Lösung wäre optimal? Welche Personen sind aus aktueller Sicht geeignet? Nach den bisherigen Erkenntnissen: Welche Handlungen gilt es wann einzuleiten, um das Zielbild bestmöglich zu realisieren?
  • Arbeiten Sie Erfolgsmuster heraus und überlegen Sie, wie sie sich bewahren lassen. Jede erfolgreiche B2B-Beziehung zwischen Vertriebsmitarbeiter und Kunden beruht auf einer individuellen Konfiguration von Einstellungen, Erfahrungen, Erkenntnissen, Erwartungen und Übereinkünften. Wenn es gilt, eine Nachfolge im Vertrieb zu gestalten, lohnt es sich, die wichtigsten Beziehungen zu überdenken und herauszuarbeiten: Warum sind diese er­folgreich? Was zeichnet sie aus? Was tue ich dafür, dass die Erfolgsmuster entstehen und sich positiv auswirken? Wenn eine personelle Nachfolge gefunden ist, so kann (und sollte) man miteinander überlegen, was sich davon bewahren und übertragen lässt, was im nächsten Schritt aber möglicherweise auch verändert werden sollte, um auch künftig in der Beziehung von Vertrieb und Kunden miteinander zu wachsen.
  • Stellen Sie persönliche Verbindungen her. Wenn ein eigener Nachfolger gefunden ist, so sollte man planen, wann und wie eine gegenseitige Vorstellung erfolgt. Doch damit ist es noch nicht getan, es lohnt auch durchaus zu überlegen, bei welchen Gelegenheiten, auch in einer Phase des Übergangs, in der neuen Konstellation miteinander gearbeitet werden kann beziehungsweise wo erste positive Erlebnisse miteinander geschaffen werden können. Wenn eine Nachfolge auf Kundenseite ansteht, so sollte man selber aktiv anregen, dass eine gegenseitige Vorstellung stattfindet. Gegebenenfalls lässt sich die Gelegenheit hierzu auch sehr gut schaffen, indem man die handelnden Personen gemeinsam ins eigene Unternehmen, zu einer fachlichen Veranstaltung oder Ähnlichem einlädt. Starke Beziehungen brauchen Zeit, um sich zu entwickeln und sich voll zu entfalten. Je eher Sie damit starten, umso gefestigter ist die Be­ziehung, «wenn es ernst wird». 
  • Nutzen Sie den Dreiklang aus «Vor­machen, Nachmachen, Selbermachen». Wenn es die Umstände zulassen, dass Vorgänger und Nachfolger eine Weile lang parallel – und auch gemeinsam – arbeiten können, so ist dies eine Art Steilvorlage für einen gelungenen Übergang. Das Muster «Vormachen, Nachmachen, Selbermachen» lässt sich hier sehr gut anwenden. In der ersten Phase, der «Vormachen-Phase», kann der Nachfolger seinen Vorgänger begleiten und zusehen, wie er Beziehungen gestaltet und seine Vertriebsarbeit umsetzt. Ergänzt man dies durch Gespräche rings um die eigentliche Arbeit, in denen das Warum, das Was und das Wie des Vorgehens erörtert werden, ist ein guter Grundstein gelegt, die zu­vor herausgearbeiteten Erfolgsmuster weiterzu­geben. In der Phase des Nachmachens wiederum begleitet der Vorgänger den Nachfolger, betrachtet, wie dieser vorgeht, und gibt ihm Feedback. Natürlich sind diese Gespräche keine Einbahnstrasse. Nicht selten lernen beide in der «Nachmachen-Phase» eine Menge voneinander. Und dann kommt die häufig schwierigste Phase für den Vorgänger, nämlich die «Selber-machen-Phase» des Nachfolgers.
  • Lassen Sie los. Zukünftiger Erfolg wird nicht eins zu eins mit den gleichen Methoden erzielt wie der Erfolg der Vergangenheit oder der Gegenwart. Dies gilt umso mehr, wenn sich die handelnden Personen verändern. Gerade im Vertrieb gilt es, den eigenen Erfolgsweg zu finden, und dies funktioniert nur mit eigenen Erfahrungen. Wenn der Vorgänger die vorhergehenden Punkte erledigt hat und der Nachfolger seine Verantwortung angenommen hat, Aktivität entfaltet und für die Ergebnisse geradesteht, so gilt es wirklich loszulassen – selbst wenn man noch im Unternehmen aktiv oder in «Rufweite» ist. Bewährt hat sich der Grundsatz, für Fragen zur Verfügung zu stehen, sich selber aber aktiv nicht einzubringen. 

Eine erfolgreiche Karriere im Vertrieb und starke Kundenbeziehungen aufzubauen, ist eine echte Herausforderung und eine besondere Leistung. Das Meisterstück ist es, wenn es gelingt, dass diese Errungenschaften die eigene Karriere überdauern und ein Nachfolger das Werk aufnimmt und weiterentwickelt.