Viele Unternehmer verhalten sich, als seien sie unsterblich. Sie verschieben das Regeln ihrer Nachfolge immer wieder auf später – oft so lange, bis zum Beispiel aufgrund gesundheitlicher Probleme ein geregelter Stabwechsel unmöglich ist. Häufig bedeutet dies für den Betrieb das Aus.
Eine Perspektive entwickeln
Eine häufige Ursache, warum keine geordnete Übergabe erfolgt, ist: Die Firmeninhaber unterschätzen, wie schwer ihnen emotional das Ausscheiden aus ihrem Betrieb fällt. Deshalb befassen sie sich im Vorfeld nicht ausreichend mit Fragen wie:
- Will ich die Macht überhaupt abgeben?
- Würde ich es ertragen, wenn eines meiner Kinder ein besserer (oder schlechterer) Unternehmer als ich wäre?
- Was fange ich nach dem Ausscheiden mit meiner Freizeit an?
Die Folge: Sie haben weder eine klare Perspektive für ihr Unternehmen noch dafür, wie sich ihr Leben nach dem Stabwechsel gestalten soll. Entsprechend wankelmütig sind sie oft in ihren Beschlüssen, und entsprechend schwer fällt es ihnen, zum Stichtag wirklich loszulassen. Stattdessen versuchen sie, auch nach ihrem offiziellen Ausscheiden das (Alltags-)Geschehen in «ihrem Betrieb» noch zu beeinflussen. Das hat fatale Folgen für die Position des Nachfolgers. Denn die Mitarbeiter registrieren dies und denken: «Der Alte traut seinem Nachfolger nicht.» Also trauen auch sie dem «Neuen» nicht.
Besonders gross ist diese Gefahr, wenn es sich beim Nachfolger um den Sohn oder die Tochter handelt – aufgrund der auch emotionalen Familienbande. Deshalb sind gerade hier klare Absprachen nötig, wie die Übergabe geregelt wird und wer was im Verlauf dieses Prozesses zu sagen hat.
Den Nachwuchs nicht zwingen
Viele Unternehmensübergaben scheitern bereits daran, dass dem Nachfolger die nötige Qualifikation fehlt. Dies ist bei Familienbetrieben besonders oft der Fall. Denn in ihnen erfolgt die Auswahl des Nachfolgers meist nur bedingt nach dem Kriterium Eignung. Die Maxime lautet vielmehr: «Hauptsache, mein/unser Lebenswerk bleibt in der Familie.» Deshalb ist ein Scheitern oft vorprogrammiert.
Am Beginn jeder Nachfolgeregelung sollte deshalb eine genaue Prüfung stehen: Verfügt mein Sohn oder meine Tochter über das nötige Potenzial und die erforderlichen Persönlichkeitsmerkmale, um mittel- oder langfristig den Betrieb zu führen? Und mindestens ebenso wichtig: Ist die Übernahme des elterlichen Betriebs überhaupt mit den Lebensvorstellungen meines Sohns oder meiner Tochter vereinbar? Denn wenn der Sohn oder die Tochter nicht voller Überzeugung «Ja» zur Firmenübernahme sagt, ist er /sie auch nicht mit Herzblut dabei. Das ist aber zum erfolgreichen Führen eines Familienbetriebs wichtig.
Erst nach dieser Prüfung sollte gemein-sam die Entscheidung getroffen werden, ob der Nachwuchs eventuell in die elterlichen Fussstapfen tritt. Diese Entscheidung sollte, solange die Vorbereitung dauert, eine vorläufige sein. Denn der potenzielle Nachfolger entwickelt sich in dieser Zeit auch persönlich weiter. Das heisst, seine Wünsche, Bedürfnisse und Lebensziele verändern sich oft. Deshalb sollte der vorläufige Beschluss revidierbar sein.
Mit der Planung früh beginnen
Die Vorbereitung auf die Nachfolge sollte mindestens zwei bis drei Jahre dauern. Sie kann sich jedoch auch darüber hinaus erstrecken – abhängig davon,
- ob ein Familienmitglied früh als Nachfolger aufgebaut wird und die Planung entsprechend langfristig ist,
- welche Voraussetzungen der potenzielle Nachfolger bereits erfüllt,
- wie komplex die Geschäftstätigkeit des Unternehmens und herausfordernd die künftige Geschäftsführertätigkeit ist und
- welche Optimierungsmassnahmen in operativer, steuerlicher oder finanzieller Hinsicht vor und in Zusammenhang mit der Unternehmensübergabe getroffen werden sollen.
Entsprechend früh sollten sich Firmeninhaber Gedanken darüber machen, wer das Unternehmen nach ihrem Ausscheiden weiterführen könnte. Denn dann haben sie noch die Wahl:
- Bereite ich eines meiner Kinder oder einen Mitarbeiter langfristig auf die Übernahme vor oder
- suche ich einen geeigneten Nachfolger von aussen?
Erfolgt die Nachfolgersuche hingegen kurzfristig, können sie nur hoffen, einen geeigneten «fertigen» Nachfolger zu finden – einen Nachfolger zudem, der dazu bereit und fähig ist, das nötige «Kleingeld» zu investieren. Denn dann läuft der Prozess in der Regel auf einen Unternehmensverkauf hinaus.
Dies muss nicht die schlechteste Lösung für den Verkäufer und das Unternehmen sein, denn: Sowohl Wettbewerber als auch Family-Offices können langfristig sichere Häfen für den Betrieb, seine Weiterentwicklung und die Mitarbeiter sein.
Kandidaten gezielt vorbereiten
Bei der (Vorbereitung auf die) Übergabe des Unternehmens an den potenziellen Nachfolger lassen sich vier Phasen unterscheiden:
- Testphase,
- Qualifizierungsphase,
- Bindungsphase,
- Übergabephase.
Je langfristiger die Übergabe geplant wird, umso fliessender lässt sich der Wechsel an der Unternehmensspitze gestalten. Dies ist gerade bei mittelständischen Betrieben wichtig. Denn bei ihnen ist das Vertrauen der Geschäftspartner und Mitarbeiter in das Unternehmen oft stark an die Person des Inhabers gebunden. Dieses Vertrauen muss sich der Nachfolger erst erarbeiten. Und das erfordert Zeit.