Strategie & Management

Automobile Trends und Flottenmanagement II

Alternative Antriebe rücken immer mehr in den Fokus

Der Fahrzeugmarkt hat sich 2019 sehr erfreulich entwickelt. Insbesondere haben die Autos mit alternativer Antriebstechnik stark zugelegt. Das sind gute Nachrichten, denn die For­derungen nach CO2-reduziertem Verkehr haben ebenfalls zugenommen. Dabei gehören die gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz zu den schärferen.
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In diesem Jahr ist es europaweit ernst mit der Regel: Neu in Verkehr gesetzte Personenwagen dürfen im Durchschnitt höchstens 95 Gramm Kohlenstoffdioxid (CO2) pro Kilometer (g/km) ausstossen. Für Transporter bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht und leichte Sattelschlepper liegt der Durchschnitt bei 147 g/km. Für jeden Importeur errechnet der Staat am Ende des jeweiligen Jahres entsprechend dem Fahrzeugmix eine individuelle Zielvorgabe und die durchschnittlichen CO2-Emissionen der Neuwagenflotte. Für jedes Gramm CO2/km über der individuellen Zielvorgabe sind zwischen 95 und 152 Franken zu bezahlen.

Eine grosse Hürde für alle

Kommt es so weit, wird wohl auch der Kunde zur Kasse gebeten. Morten Hannesbo, CEO der Amag-Gruppe, formulierte es im Januar so: «Unsere grösste Herausforderung für die Zukunft wird die Reduktion der CO2-Emissionen sein. Der Zielwert von 95 g/km für das Jahr 2020 wird für die Marken der Volkswagen AG (Audi, Seat, Skoda, VW), aber auch für alle anderen Marktteilnehmer eine sehr grosse Hürde. Hier sind die angekün­digten Elektrofahrzeuge ein wichtiger Pfeiler auf dem Weg zum Ziel. Ein Weg, für den sich die 75 Jahre alte Amag fit gemacht hat, damit wir die nächsten 75 Jahre in Angriff nehmen können.» Er zeigte sich zudem überzeugt, dass sein Unternehmen keine Sanktionszahlungen wird bezahlen müssen, weil eine kluge Verkaufsstrategie den Durchschnitt bei 95 g/km einpendeln wird. 

Sanktionsbeiträge

Wer ein Fahrzeug selbst importiert, findet im Internet ein Berechnungstool für Kleinimporteure (www.bfe.admin.ch) mit dem der Sanktionsbetrag für das betreffende Fahrzeug berechnet werden kann. Massgebend dafür sind neben Marke und Modell das Gewicht und der CO2-Ausstoss. Je nach Einstufung des Fahrzeuges kann die Sanktion von 0 bis über 16 000 Franken betragen. Elektro- und Hybridfahrzeuge liegen in der Regel unter 95 g CO2/km. 

Grosse Importeure haben dadurch die Möglichkeit, für jedes verkaufte Elektrofahrzeug ein sportliches Auto mit hohem Ausstoss abzusetzen und die Emissionswerte zu kompensieren. Sonderregelungen gibt es etwa für Sportwagenhersteller, welche ausschliesslich Fahrzeuge mit grossen Motoren anbieten. Weil diese Fahrzeuge meist ohnehin sehr teuer sind, dürfte eine allfällige Sanktion zu Lasten der Kunden keine Auswirkungen auf den Absatz haben.

Fahrzeugmarkt im Umbruch

Mit einer Zunahme von knapp 4 Prozent auf 311 466 Einheiten hat der Automarkt im vergangenen Jahr zünftig zugelegt. Auffallend dabei ist die faktische Verdoppelung der Fahrzeuge mit Alternativantrieb auf 40 714 Stück. Gar um 158 Prozent haben die reinen Elektro-Fahrzeuge (13 165 Einheiten) zugelegt, darunter über 6000 Tesla. Während sich einige  Firmen noch mit den Vorbereitungsarbeiten für das Elektrozeitalter beschäftigen, haben Renault, Nissan und Hyundai bereits mehrere Elektrofahrzeuge im Portfolio. Von den Kunden besonders gut aufgenommen worden sind die zweite Generation des Renault Zoe sowie der Hyundai Kona electric.

Mit 34 445 verkauften Modellen war Volkswagen 2019 zum 19. Mal in Folge die beliebteste Marke der Schweiz vor Mercedes-Benz (26 730). Bei den Stuttgartern wurde mit derart harten Ban­dagen um jeden Kunden gekämpft, dass die Marke mit dem Stern mittlerweile zwar nach wie vor solid gebaute Autos abliefert, aber wie BMW eigentlich keinen Anspruch auf «Premium» mehr erheben sollte, da es sich meist um Standard­modelle handelt. Zudem deutet das nicht geschützte Wort «Premium» weder auf besonders edel hin, noch hat es mit besonders sauber zu tun. Im Zuge der massiven Verringerung der Schadstoffe dürften zudem Autos mit den Initialen von Greta Thunberg (GT) früher oder später aus dem Angebot genommen werden. Auffallend war gemäss Eurotax die auffällige Zunahme von Kurzzeitzulassungen (30 954 PW, +31,6 %) im Vorfeld der ab 2020 verschärften CO2-Emissionsvorschriften für neu immatrikulierte Personenwagen. Diese standen jedoch dieses Jahr als junge Gebrauchte zum Verkauf und machten deutlich mehr als die Januar-Immatrikulationen aus.

Zunahme leichter Transporter

Bei den leichten Sachentransportfahrzeugen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht stieg der Markt 2019 auf rekordverdächtige 34 555 Einheiten (+7,2 %). Hier hatten VW-Nutzfahrzeuge und Ford vor Rena­ult und Mercedes-Benz die Nase vorn. In der Sparte der leichten Personentransportfahrzeuge (Kleinbusse inkl. Motorhomes) wurden 5727 Einheiten auf die Strasse gebracht, was einer Zunahme von 14,1 Prozent entspricht. In dieserKategorie spielten Fiat und VW eine dominante Rolle. Den Endspurt um die Krone bei den schweren Lastwagen (total 4291 Einheiten) gewann im vergangenen Jahr Scania (938), die Mercedes-Benz um ein Fahrzeug in die Schranken gewiesen hat.

Leasingflotten werden grösser

Allein bei der Amag sind die Leasing­verträge im vergangenen Jahr um 9 Prozent oder 62 947 auf 161 563 Verträge angestiegen. Da angenommen werden kann, dass sich diese Zahlen ebenfalls über die ganze Branche hinziehen dürften, sind wohl gegen 60 Prozent oder rund 180 000 Fahrzeuge geleast worden. Die meisten davon als Firmenfahrzeuge. Aber auch Private dürften von der günstigen Zinssituation profitiert haben. Dies stellt jedoch die Autogaragen vor neue Herausforderungen, denn sie werden bei der Ersteinlösung von Flotten mehr und mehr übergangen und werden danach nur noch als Dienstleister im Wartungsbereich sowie für Garantie- und Repa­raturarbeiten berücksichtigt. Natürlich können auch Elektrofahrzeuge von den Vorteilen eines passenden Leasings profitieren. Dafür machen sich unter anderem «Swiss E-Mobility» vom Touring Club (TCS) und «Energie Schweiz» stark. Mit «Charge4work» wurde ein Programm gestartet, das durch die beiden Projektpartner finanziert wird und deshalb neutrale, seriöse und für ein KMU-Unternehmen kostenlose Beraterdienste anbietet. 

Importeure rüsten auf

Ausser den unabhängigen Flotten-Dienstleistern sind es vor allem die Importgesellschaften, welche sich das Flottengeschäft nicht entgehen lassen wollen. Da schnüren natürlich die grossen Unternehmen raffinierte Pakete, um Firmenkunden mit ihren Produkten ausstatten zu können. Das schmälert zwar in der Regel die Gewinnmarge etwas, sorgt aber für einen höher gewichteten Marktanteil. 

Als Beispiel dafür, welche profunden Fähigkeiten von einem Team für das Fahrzeug-Flottenwesen verlangt werden, sei Hyundai erwähnt. Denn die Flottenkunden von Hyundai Suisse können seit Februar 2020 auf ein Team zählen, das viel Erfahrung im Automobil- und Flottengeschäft mit profunden Kenntnissen aus den Bereichen Finanzen, Consulting und Fleet Management vereint. Mit Beate Martin und Mirko Prosdocimi verstärkt Hyundai Suisse die Betreuung der Flottenkunden und verdoppelt die Schlagkraft auf dem Markt.

Umfassendes Management

Für die Verwaltung eines grossen Fuhrparks gibt es Spezialisten, die von der Beschaffung über die Kontrolle und die Logistik (heute mit grossem Anteil Telematik) sowie die Kosten alles im Griff haben. Wir gehen jedoch nicht von hunderten von Fahrzeugen (etwa Post, Armee, Grossunternehmen) aus, sondern denken an Flotten im Bereich von 10 bis 50 Fahrzeugen. In diesem Fall ist es unter Umständen vorteilhaft, das Fahrzeug­management auszulagern, sodass sich der Betrieb voll auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren kann. Die Angebote auf diesem Gebiet sind so vielfältig wie jenes der Fahrzeugmodelle. Fahrzeuge können gemietet oder geleast werden, je nachdem, ob ein kürzerer oder längerer Zeitraum ins Auge gefasst wird. Bei beiden Arten richtet sich der Preis nach dem gewünschten Paket, das ein weitestgehend sorgenfreies Fahren zulässt. 

Die bereits angesprochene Telematik ist längst weit fortgeschritten. Davon profitieren Logistiker im Transportwesen, indem sie den Standort ihrer Fahrzeuge jederzeit wissen und den Chauffeuren zusätzliche Auf- und Abladeadressen oder neue Aufträge ins Fahrzeug durchgeben können. Aber solche Ortungssysteme, wie Yellowfox (www.yellowfox.ch), können noch viel mehr. Für Unternehmen, welche sogenannte Poolfahrzeuge einsetzen, mit denen jeden Tag verschiedene Fahrer auf unterschiedlichen Routen unterwegs sind, erübrigt sich beispielsweise ein aufwendiges Wartungs- oder Bussenmanagement.

Zudem bietet Yellowfox einen umfassenden Diebstahlschutz, der auch den unter Umständen wertvollen Inhalt des Fahrzeuges deckt. Thomas Hauser von Yellowfox Schweiz: «Überdies wird die Zuverlässigkeit gegenüber Auftraggebern erhöht und der administrative Aufwand im Bü­ro minimiert. Für die Verwaltung eines KMU-Fuhrparks ergeben sich noch zusätzliche Mehrwerte, denn das Handwerk profitiert vom Einsatz einer leistungs­fähigen Telematik auf vielfältige Weise.»  Einerseits gelingt damit eine Effizienzsteigerung in alltäglichen Arbeitsabläufen, da die Tourenplanung besser koordiniert werden kann. Andererseits wird die Kommunikation und Dokumentation von Aufträgen klar vereinfacht. Durch die Digitalisierung und Automatisierung wichtiger administrativer Prozesse wie der Arbeitszeiterfassung oder der Überwachung der Temperatur in Kühlfahrzeugen werden neue Kapazitäten geschaffen.

Ford unterstützt die KMU-Unternehmen ebenfalls mit raffinierten Logistiklösungen. Bei den neuen Transitmodellen ist beispielsweise das Ford-Pass-Modem se­rienmässig an Bord. Es gewährt Firmenkunden den Zugang zu Fuhrpark-Management wie etwa Ford Telematics und Ford Data Service. In allen gängigen Stores ist zudem die App Ford Pass Pro herunterladbar. Diese bietet insbesondere kleineren Firmen und selbstfahrenden Transit-Custom-Besitzern einen hohen Nutzwert.

Schlechte Ladeinfrastruktur

Wer sich beispielsweise grundsätzlich für ein Elektrofahrzeug interessiert, ohne gleich voll zuzuschlagen, kann sich das Wunschmodell mieten und nach gewisser Zeit entscheiden. Aber wer nicht zuerst dafür sorgt, dass der Strom für das Fahrzeug vor Ort verfügbar ist, der wird nach kurzer Zeit aufgeben. Denn nach unserer Erfahrung gibt es noch viel zu wenig frei verfügbare Ladestationen mit Schnelllademöglichkeit. Entweder steht bereits ein Stromer auf dem Ladeplatz oder ein anderes Auto hat den leer stehenden Platz als willkommene Parkmöglichkeit genutzt. Oder das Geschäft, bei dem der Lader steht, hat geschlossen und der Strom ist abgestellt oder das Areal bloss mit einem Schlüssel erreichbar. Bei einem Plug-in-Fahrzeug hatten wir bei der Suche nach einer Lademöglichkeit das Pech, dass der Typ-2-Stecker defekt war und nicht benutzt werden konnte. Auf der anderen Seite lohnt sich eine (private) Ladestation für ein einziges Fahrzeug kaum, weil die Installation relativ teuer ist.

Grundsätzlich eine gute Lösung bietet die Move Mobility AG. Wer sich dort anmeldet, erhält für 60 Franken einen Chip sowie Zugriff auf eine App, welche alle Ladestellen anzeigt. Auch deren Belegung, aber dies kann sich natürlich innert Sekunden ändern. Immerhin ist es so, dass Move den bezogenen Strom Ende Monat verrechnet, was die mühsame Bezahlung mit dem Handy überflüssig macht. Bei www.move.ch kann zudem ein Abonnement gelöst werden, das für KMU stimmige Lösungen bereithält. Logisch, dass bei diesen Dienstleistungen die Elektri­zität relativ teuer zu stehen kommt. Eine dieser Dienstleistungen ist beispielsweise, dass die eigene Ladestation (im Betrieb oder zu Hause) bei Nichtbenutzung an andere E-Mobil-Fahrer vermittelt werden kann, sogenanntes Reselling, das auch im Abonnement funktioniert. 

Vermehrt gehen aktive Betriebe dazu über, ihre gesamte Elektromobil-Flotte mit  E-Rollern und E-Bikes den Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen. Das passt gut zu modernen Office-Systemen, die keine feste Arbeitsplatzzuteilung kennen, weil durch die flexible Arbeitseinteilung immer irgendwo ein Platz frei ist, wo das eigene Laptop angeschlossen und sofort mit der Arbeit begonnen werden kann.

Saubere Fahrzeugneuheiten

In der Bildergalerie zeigen wir mehrheitlich elektrifizierte Fahrzeuge, so wie sie  für die kommenden Generationen alltäglich werden. Dabei ist auffällig, wie bei den Herstellern leichter Nutzfahrzeuge Elektro- und Hybridversionen vorrangig entwickelt werden. Den Ausschlag dazu hat nicht etwa die neuerdings auch in der Schweiz erhältliche chinesische Marke Maxus mit dem vollelektrischen EV80 gegeben, sondern die Kunden. 

Mercedes-Benz ist mit den Modellen eSprinter und eVito schon erfolgreich, Ford zieht beim Transit vorerst mit Hy­bridvarianten, die auch rein elektrisch fahren können, nach. Vom neuen Opel Vivaro wird es bald eine Elektroversion geben; Renault und Nissan haben mit Kangoo Z.E. und dem e-NV200 eine Vorreiterrolle gespielt. Noch in Kleinserien werden VW e-Crafter, der Opel e-Movano und der Renault Master Z.E. gebaut. Allerdings hat Volkswagen Nutzfahrzeuge angekündigt, dass ein Produktionsstandort explizit für den Bau von leichten Elektro-Nutzfahrzeugen eingerichtet wird.

Porträt