Strategie & Management

Unternehmensführung

Als «Social CEO» in die digitale Zukunft

Soziale Medien haben die Anspruchshaltung an die Kommunikation von Unternehmen und insbesondere deren Führungskräfte grundlegend verändert. Gerade bei Familienunternehmen und KMU sorgt dies für Unsicherheiten. Der Beitrag zeigt, warum «Social Media» anders funktionieren als klassische Kanäle und welche Konsequenzen das für Führungskräfte bringt.
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Soziale Medien haben nicht alles verändert. Die Werte, auf die Familienunternehmen und viele KMU setzen, sind immer noch dieselben. Wie sollte es auch anders sein, denn wer den Erfolg nicht nur im nächsten Quartal, sondern im nächsten Jahrzehnt sichern will, denkt zwangsläufig langfristig und nachhaltig. Das galt vor 10, 50 und 100 Jahren – und gilt auch weiterhin. Neu und stetig wachsend ist dagegen der Anspruch, dass von KMU eine transparente und offene Kommunikation erwartet wird. Und dies mit besonderem Blick auf die oberste Führungsebene: Patrons, Geschäftsführer, CEOs – der Titel spielt hier keine Rolle – müssen heutzutage nicht nur die richtige Balance finden zwischen langfristigen Werten und kurzfristigem Erfolg. Sie sollten das Geschehen auch noch zeitnah, ehrlich und transparent kommunizieren. Und all das in Zeiten, die von technologischer Disruption, wirtschaftlichen Ängsten und generell viel Unsicherheit getrieben sind. 

Soziale Medien gehen anders  

Mit herkömmlichen Arten der Kommunikation wie Newsletter, Medieninterviews oder Werbeaktionen kann ein Unternehmen dieser neuen Anspruchshaltung längst nicht mehr gerecht werden. Sie reichen nicht mehr aus, um als modernes KMU mit starker Unternehmensmarke wahrgenommen zu werden. Grund ist, dass die herkömmlichen Arten der Kommunikation nur eine Richtung kennen: Das Unternehmen – oder auch der Chef höchstpersönlich – spricht, alle anderen hören zu. Soziale Medien, die den öffentlichen Diskurs in Wirtschaft und Alltag immer stärker dominieren, funktionieren anders. Nebst authentischen Aussagen ist vor allem Interaktion gefragt. Interaktion bedingt, dass man zuhört, wenn die anderen etwas zu sagen haben. Was im persönlichen Gespräch schon immer galt, gilt heute auch für Unternehmen. 

Die Rolle des Chefs

Immer wichtiger wird dabei die Rolle des Geschäftsführers, CEO oder Patrons. Sie führen nicht nur das Unternehmen, sondern nehmen als Gesicht und Stimme gegen aussen eine tragende Rolle für die Wahrnehmung ein. Neue Ansprüche bedeuten aber immer auch: neue Profil­anforderungen. Ein hohes Mass an Führungsqualitäten und das Erzielen stabiler Gewinne reichen nicht mehr. Zu den erweiterten Anforderungen zählen nebst Technologiekenntnissen eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit und emotionale Intelligenz. Oder zusammengefasst bezeichnet als «Sociability». «Sociability» zu praktizieren, bedeutet nicht, seine Kompetenzen als Führungskraft und Entscheidungsträger aufzugeben. Es bedeutet lediglich, sich den Kommunikationsanforderungen im Zeitalter der Digitali­sierung zu stellen. Dass sich viele Führungskräfte immer noch von sozialen Medien fernhalten, hat viele Gründe. Zu den meistgenannten zählen: fehlende Zeit, mangelnde Technologiekenntnisse und die Angst vor einem Shitstorm.

«Sociability» ist lernbar

Dass Kommunikation über Social Media einen Zusatzaufwand darstellt, steht ausser Frage. Aber letztlich ist alles eine Frage der Prioritäten. Es gilt, die Social-Media-Präsenz und die interaktive Kommunikation des Chefs mit allen Ziel­gruppen über mehrere Kanäle zu einem integrativen Bestandteil der täglichen Arbeit zu machen. Mangelnde Technologiekenntnisse sollten keine Ausrede sein. Gerade Führungskräfte betonen doch immer wieder, wie wichtig lebenslanges Lernen ist. Dass das auch für sie selbst gilt, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Am ehesten verständlich ist der letzte Grund: die Angst vor negativem Feedback oder gar einem Shitstorm. Und ja, die Gefahr, der eigenen Reputation oder derjenigen des Unternehmens zu schaden, ist bei sozialen Medien tatsächlich vorhanden. Aber nur, weil etwas ein Risiko beinhaltet, unterlässt man es nicht. Das bessere Vorgehen ist, die Welt der sozialen Medien erst zu betreten, nachdem man sich ausreichend vorbereitet hat. Ebenfalls zentral ist, die Social-Media-Aktivitäten auf die Persönlichkeit des Geschäftsführers und die Zielgruppen anzupassen. Das gilt vor allem für die Frage, ob nur berufsbezogene Themen aufgegriffen werden sollen oder auch Privates gezeigt wird. Eine strategische Social-CEO-Kommunikationsplanung ist erforderlich. Gut umgesetzt, wird sie nicht nur Kunden, sondern auch Mitarbeiter begeistern.

Kein Hauruck-Manöver

Eine nahbare Chefetage wirkt sich nicht nur positiv auf das Image des Unternehmens aus, sie hilft bei der Rekrutierung von Talenten. Dass Mitarbeiter lieber Vorgesetzte haben, die auch mal zuhören, ist logisch. Dennoch wird die Rolle, die «Social CEOs» bei der Rekrutierung geeigneter Mitarbeiter spielen, noch immer oft unterschätzt. Ein «Social CEO» kann digitale Kommunikation sogar nutzen, um die emotionale Bindung zu den Mitarbeitern aufzubauen – im besten Fall werden aus den Mitarbeitern sogar Markenbotschafter. Das geschieht natürlich nicht von heute auf morgen. Vor allem aber sollte das «heute» umsichtig gewählt werden.

Viele Unternehmen erkennen den Wert sozialer Medien erst dann, wenn der gute Ruf bedroht ist – und somit zu spät. Die Social-Media-Präsenz sollte eingerichtet werden, wenn sich das Unternehmen in ruhigen Gewässern befindet. Damit sie dann, wenn der Sturm auftritt, ihre volle Kraft ausschöpfen kann. Je mehr Vertrauen die Unternehmensmarke schaffen kann, desto grösser ist die Chance, eine Unternehmenskrise effizient und nachhaltig managen zu können. Bei den CEOs der grossen Schweizer Unternehmen dauert dieses Herantasten immer noch an – von ein paar Ausnahmen abgesehen, sind sie nicht auf Social Media aktiv.

Etwas kommunikativer sind dagegen die Chefs jüngerer Unternehmen. Die CEOs der 20 grössten Schweizer Start-ups sind fast alle auf Linkedin vertreten, und fast jeder zweite nutzt Twitter. Wobei es im Einzelfall natürlich immer darum geht, wie die Kanäle genutzt werden. Respektive, ob der Auftritt authentisch oder gekünstelt wirkt.

Natürlich können sich Führungskräfte dabei unterstützen lassen, doch letztlich gilt: Lernen muss es der Chef persönlich. Die Social-Media-Aktivitäten von einer Assistenz oder der Marketing-Abteilung erledigen zu lassen, ist keine gute Idee. Noch schlimmer ist, der Öffentlichkeit den Eindruck zu vermitteln, der Chef schreibe selbst. «Social CEOs» kommen nicht umhin, einen eigenen authentischen Kommunikationsstil zu entwickeln, der für Aussenstehende klar erkennbar ist. 

Brücke zu klassischen Medien

Letztlich bieten die sozialen Medien allen dieselbe Möglichkeit: die ungefilterte Teilnahme am öffentlichen Dialog. Sie können ihre persönliche Vision erklären, Stellung zu gesellschaftspolitischen, sozialen und ethischen Themen beziehen und damit ihre «Thought Leadership» unter Beweis stellen. Wenn sie dabei authentisch und transparent kommunizieren, stärken sie nicht nur ihr persönliches  Profil, sondern auch Reputation und Marke des Unternehmens.Nicht zuletzt kön­nen Social Media eine Brücke zu herkömmlichen Medien schlagen. Gerade bei familiengeführten KMU erfolgt Medienarbeit oft nur reaktiv, im Nachgang eines (nicht selten negativen) Ereignisses. Damit vergeben sie die Chance, zu einem eigens­tändigen und selbstbestimmten Akteur zu werden. Wenn sie jedoch ihre Sicht der Dinge von sich aus in die Öffentlichkeit tragen und ein Profil ent­wickeln, können sie auch für Journalisten interessant werden. Medien sind immer an exklusiven Informationen, spannenden Storys und vor allem charismatischen Unternehmerpersönlichkeiten interessiert.

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