Strategie & Management

Aus- und Weiterbildung 7

Allgemeine rechtliche Aspekte in der Weiterbildung

Weiterbildung berührt ganz verschiedene Rechtsgebiete. Zunächst wird mit dem Weiterbildungsunternehmen ein Vertrag abgeschlossen. Mit den Angestellten sind Vereinbarungen zu treffen über die Reduzierung der Arbeitszeit sowie bei Kostenübernahme Regelungen über Rückzahlung.
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Ein Vertrag über Weiterbildung gilt laut Bundesgericht als gemischter Vertrag, auf welchen hauptsächlich die Regeln des Auftragsrechts (OR Art. 394 ff.) anzuwenden sind. Preise beziehen sich häufig auf bestimmte Kurseinheiten und Folgekurse werden extra berechnet. Preisvergleiche lohnen sich, wobei auch allfällige Reisekosten zu berücksichtigen sind. Für Unternehmer stellt sich die Frage, ob Veranstaltungen am Firmensitz oder auswärts günstiger sind. Wenn mehrere Kurse geplant sind, sollte man die Preise für das ganze Programm vereinbaren, sodass der Weiterbildungsanbieter sie nicht einfach erhöhen kann. Zu überprüfen ist, ob das Kursmaterial im Honorar inbegriffen ist, beziehungsweise extra kostet.

Die Haftung

Nach OR Art. 404 können beide Parteien einen Auftrag jederzeit widerrufen beziehungsweise kündigen, dieses Recht kann auch vertraglich nicht eingeschränkt werden. Wenn ein Teilnehmer die Ausbildung vorzeitig abbricht, muss er mindestens die bezogenen Leistungen vergüten. Nun gibt es aber auch die Bestimmung in OR Art. 404, nach der man einen Vertrag nach Auftragsrecht nicht zur Unzeit auflösen sollte, sonst wird man schadenersatzpflichtig. Bei einer Weiterbildung gilt laut Bundesgericht (4A_141/2011, Urteil vom 6. Juli 2011)  die Auflösung des Auftragsverhältnisses durch den Teilnehmer mitten im Semester grundsätzlich als unzeitig, wenn der Veranstalter keinen Anlass zum Abbruch gegeben hat. Das bezahlte Schulgeld könne man in diesem Fall als wirksame Konventionalstrafe betrachten.

Der Beauftragte, also der Weiterbildungsanbieter, haftet für die gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis (OR Art. 398), also für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes. Immer wieder schlies­sen Anbieter die Haftung aus für eventuelle Fehler in den Informationen sowie für daraus resultierende Schäden und Mängelfolgeschäden aus. Solche Klauseln sind kritisch zu betrachten, denn schliesslich kann man von den Seminarleitern Fachkompetenz erwarten. Völlig unseriös ist es, wenn die Haftung für Vorsatz und Grobfahrlässigkeit abgelehnt wird. Das ist nichtig nach OR Art. 100.

Finanzielle Unterstzützung

Seit Januar 2018 werden Absolvierende von Kursen, die auf eine eidgenössische Prüfung vorbereiten, finanziell unterstützt. Eidgenössische Prüfungen umfassen Berufsprüfungen («mit eidgenössischem Fachausweis») sowie alle höheren Fachprüfungen mit eidgenössischem Diplom oder Meisterprüfungen. Die Bundesbeiträge können für alle vorbereitenden Kurse beantragt werden, die im Jahr des Kursbeginns auf der Liste der vorbereitenden Kurse (Meldeliste) stehen.

  • Kurse, die auf alle Prüfungsteile/Kompetenzbereiche oder alle Module (modulare Prüfung) der eidgenössischen Prüfung vorbereiten
  • Kurse, die auf einzelne Prüfungsteile/Kompetenzbereiche oder Module vorbereiten
  • Kurse für Zulassungszertifikate, sofern diese in der Prüfungsordnung als Zulassungsbedingung vermerkt sind (z. B. Verbandszertifikat).

Über ein Onlineportal können Personen, die sich mit einem oder mehreren Kursen auf eine eidgenössische Prüfung vorbereiten, Bundesbeiträge für die angefallenen Kurskosten beantragen. Kursanbieter können im Portal ihre Kurse melden und ihr Angebot verwalten.

Weiterbildung ohne Lehre

2005 zeigte die Studie Adult Literacy and Lifeskills (ALL), dass in der Schweiz eine beträchtliche Zahl Erwachsener über nur ungenügende Grundkompetenzen verfügten. 800 000 Erwachsene konnten nicht richtig lesen und schreiben, 400 000 hatten Mühe mit einfachen Rechenaufgaben. Betroffen waren Schweizer und Ausländer. Auf der gesellschaftlichen Ebene ergaben sich dadurch erhöhte Kosten bei der Arbeitslosenversicherung, der Invalidenversicherung sowie der Sozialhilfe, allein die Leseschwäche kostete die Arbeitslosenversicherung jährlich eine Milliarde Franken.

Auch heute noch haben rund 20 Prozent aller Personen im erwerbstätigen Alter nach der obligatorischen Schulzeit keine Ausbildung absolviert. Etwa 40 Prozent davon sind Ausländer, meistens aus den europäischen Ländern oder Grenzgänger. Diese Information stammt vom Solothurner CVP-Kantonsrat Josef Maushart, der als CEO der Firma Fraisa Weiterbildung für solche Mitarbeiter erfolgreich praktiziert. Traditionellerweise wurden Leute ohne Ausbildung im Schichtbetrieb beschäftigt. Da aber die meisten Betriebe immer mehr automatisiert werden, benötigt man statt Schichtarbeitern Leute, die die Maschinen bedienen können und sich bei der Software auskennen (siehe dazu auch das Interview mit Josef Maushart im «KMU-Magazin», Ausgabe 1–2/18).

Der Bundesrat hat im November 2017 einen Förderschwerpunkt für die Weiterbildung von Arbeitnehmenden im Bereich der Grundkompetenzen beschlossen. Diese Massnahme basiert auf dem Berufsbildungsgesetz und ist auf drei Jahre befristet, die Aktion wird mit Bundesbeiträgen von 13 Mio. Franken unterstützt. Das GO-Modell fördert die arbeitsplatzbezogene Weiterbildung für unterschiedliche Branchen und steht allen Interessierten zur Ver­fügung. Unterstützt werden Massnahmen zum Erwerb von arbeitsplatzbezogenen Grundkompetenzen, die im Rahmen des Weiterbildungsangebots von Branchenfonds oder von Organisationen der Arbeitswelt geführt werden oder firmen­intern angeboten werden. Der Schweizer­ische Verband für Weiterbildung (SVEB) bietet den Unternehmen Informationsveranstaltungen und fachliche Beratung im Hinblick auf die arbeitsplatzbezogene Weiterbildung an.

Vereinbarung mit Arbeitgeber

Viele Weiterbildungen werden berufsbegleitend durchgeführt. Allenfalls muss man zu diesem Zweck die Arbeitszeit reduzieren und entsprechende Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber beziehungsweise dem Angestellten treffen. Wird die Arbeitszeit reduziert, sollte man beim Lohn zumindest von derselben Basis ausgehen wie bei einer Vollzeitstelle. Weiter ist zu regeln, wie viele Tage innerhalb welcher Zeitspanne der betreffende Angestellte zu Ausbildungszwecken bezahlt oder unbezahlt frei nehmen kann.

OR Art. 327 a ist anzuwenden, wenn der Arbeitgeber eine Weiterbildung anordnet. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer alle für die Ausführung seiner Anordnungen notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen. Dazu gehören  auch die für den Unterhalt erforderlichen Aufwendungen, wenn sich der Angestellte auswärts aufhält. Dies gilt auch, wenn eine Ausbildung gesetzlich vorgeschrieben ist. Nach Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1 Art. 13) zählt die Zeit für die Ausbildung zur Arbeitszeit.

Das Weisungsrecht nach OR 321 d berechtigt den Arbeitgeber, seine Angestellten obligatorisch zur Weiterbildung zu verpflichten, wenn diese direkt mit der Ausübung des Berufs zu tun hat. Wenn der Inhalt der Seminare Persönlichkeitsbildung betrifft, hat das Weisungsrecht des Arbeitgebers Grenzen, man kann niemanden zu unseriösen Aktionen oder körperlichen Mutproben zwingen. Nach OR Art. 328 hat der Arbeitgeber die Persönlichkeit sowie die Gesundheit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen.

Arbeitgeber, die Kosten für eine Weiterbildung übernehmen, sind mit Recht daran interessiert, dass die Angestellten nachher eine bestimmte Zeit in ihrem Unternehmen bleiben. Darüber ist eine schriftliche Regelung zu treffen. Nach Bundesgericht muss die Rückzahlungspflicht in Bezug auf Zeit und Betrag beschränkt sein.

Es ist aber erlaubt, Abstufungen vorzunehmen, zum Beispiel 50 Prozent Rückzahlung nach zwei Jahren, 100 Prozent nach einem Jahr (Urteil vom 21. März 2012, 4A_616/2011). Dabei handelte es sich um einen Fall, in dem die Mitarbeiterin kündigte, aber im Betrieb gleichzeitig eine Umstrukturierung vorgenommen wurde, es ist zu empfehlen, auch für den Fall Vereinbarungen zu treffen. Zu berücksichtigen ist auch die Frage, wie man bei Abbruch der Weiterbildung oder bei einem Misserfolg vorgeht.

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