Ein weitverbreiteter Irrtum muss vorweg beseitigt werden. Die gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ist nicht neu. Ganz im Gegenteil, sie besteht schon seit Jahren. Und trotzdem hatten in den vergangenen Jahren viele Unternehmen die Zeiterfassung nicht eingeführt oder diese gar abgeschafft.
Das Thema wird auch auf der Arbeitnehmerseite sehr kontrovers diskutiert. Viele Arbeitnehmer empfinden die Arbeitszeiterfassung als Überwachung und Vertrauensmissbrauch des Arbeitgebers. Andere wiederum sind froh, dass sie mit der Arbeitszeiterfassung genau belegen können, wann und wie lange sie arbeiten.
Nur zwei echte Varianten
Dort wo die Arbeitszeit bereits im Detail erfasst wird, braucht es keine Änderung. All jene Unternehmen, die bislang überhaupt keine Arbeitszeitdokumentation besassen oder diese nur rudimentär führten, sollten sich aber in der Tat überlegen, wie sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen können.
Die Tatsache, dass innerbetrieblich vermehrt über die Arbeitszeiterfassung diskutiert wird, hängt nicht nur damit zusammen, dass diese auf Verordnungsebene neu geregelt wurde. Die Motivation zur Umsetzung ist mitunter darauf zurückzuführen, dass die kantonalen Arbeitsinspektorate vermehrt Kontrollen durchführen und die Arbeitszeiterfassung konsequent einfordern.
Der neu vorgesehene Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung kommt für die meisten Betriebe gar nicht infrage. Bekannt ist, dass auf die Arbeitszeiterfassung verzichten kann, wer ein Jahressalär von mindestens 120000 CHF erreicht und wer eine grosse Zeitautonomie hat, also sicher mindestens die Hälfte seiner Arbeitszeit frei einteilen kann. Hinzu kommt, dass neben der individuellen vertraglichen Vereinbarung zwischen dem auf die Arbeitszeiterfassung verzichtenden Mitarbeiter und dem Arbeitgeber zusätzlich eine Vereinbarung auf der Ebene des Gesamtarbeitsvertrag erforderlich ist. Um auf die Arbeitszeiterfassung verzichten zu können, bedarf es also einer speziellen Regelung in einem Gesamtarbeitsvertrag. Damit steht diese Möglichkeit ganz vielen Unternehmen gar nicht offen, da sie nicht in einer Sozialpartnerschaft stehen oder eine solche nicht eingehen wollen.
Zwar ist es möglich, einen Gesamtarbeitsvertrag für ausschliesslich nur diesen Regelungsbereich zu schliessen. Dieser Aufwand wird sich aber nur für Unternehmen lohnen, die mehrheitlich Mitarbeiter beschäftigen, die das Lohn- und das Zeitautonomiekriterium erfüllen. In der KMU-Praxis stellt sich daher primär die Frage, ob die Arbeitszeit detailliert oder aber vereinfacht erfasst werden soll respektive muss. Der Verzicht ist für viele kleine und mittelgrosse Unternehmen keine echte Option. Bei der detaillierten Arbeitszeiterfassung muss jeder Mitarbeitende den Beginn und das Ende seiner täglichen Arbeitszeit sowie alle seine Pausen dokumentieren.
Bei der vereinfachten Arbeitszeiterfassung ist es ausreichend, wenn der Mitarbeitende seine totale tägliche Arbeitszeit in Stunden und Minuten dokumentiert. Hier muss er also nur angeben, wie lange er gesamthaft gearbeitet hat, nicht aber wann und auch nicht, wann er Pausen eingelegt hat.
Standardlösungen taugen nicht
Wie die Arbeitszeiterfassung schliesslich geregelt wird, hängt in erster Linie von der Arbeitsbelastung, der Arbeitszeitgestaltung, der Vertrauenskultur eines Unternehmens und der Betriebsgrösse ab. Diese Parameter geben vor, ob man die detaillierte oder vereinfachte Arbeitszeiterfassung einführen wird.
Generell kann festgestellt werden, dass überall dort, wo tendenziell mehr als die vereinbarte Zeit gearbeitet wird, gerne die vereinfachte Arbeitszeiterfassung gewählt wird. Doch aufgepasst, mit der Einführung der vereinfachten Arbeitszeiterfassung ist noch nicht geregelt, was denn mit den Mehrstunden passieren soll. Und genau das war ja in den vergangenen Jahren oftmals der Grund, weshalb keine Arbeitszeit erfasst wurde. Ohne Dokumentation der Arbeitszeit stellt sich nämlich die Frage erst gar nicht, ob Mehrarbeit geleistet wurde und was denn nun mit diesen Mehrstunden passiere.
Man kommt also nicht umhin, die beiden Themen Arbeitszeiterfassung und Abgeltung der Mehrstunden parallel zu betrachten und eine zum Unternehmen passende Lösung zu finden.